Die Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) "erobern" den europäischen Markt, zumindest gibt es immer mehr. Allerdings sind sie nicht alle erstattungsfähig. Da dürfen wir hierzulande echt mal staunen: In Deutschland gibt es mittlerweile 31 DiGA auf Rezept, da zieht Belgien mit einer Gesundheitsapp nach, die es nun auch in den belgischen Leistungskatalog der Krankenversicherung geschafft hat. Nachgefragt bei Martin Blaschka, Leiter ZING! – Zentrum für Innovation und Netzwerk im Gesundheitswesen, betont er: "Seit erfolgreicher Listung der ersten Digitalen Gesundheitsanwendungen im Herbst 2020 gilt Deutschland als internationales Vorbild in Sachen Innovation und Digitalisierung im Gesundheitssystem."
Die belgische Gesetzliche Krankenversicherung (Institut national d'assurance maladie-invalidité – Inami) übernimmt nun die Kosten für diese App: moveUP soll die Rehabilitation von Menschen mit einem künstlichen Knie- oder Hüftgelenk unterstützen. Digitale Gesundheitsanwendung durchlaufen einen dreistufigen Zulassungsprozess über das eHealthBelgium-System. Je höher die Stufe, desto strengere Bedingungen müssen erfüllt sein. So müssen die Hersteller in jeder Stufe nachweisen, ob die DiGA die notwendigen Voraussetzungen in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit erfüllt. Um eine staatliche Finanzierung zu erhalten, muss eine App die höchste Zulassungsstufe erreichen.Der gesetzliche Rahmen für die Finanzierung von medizinischen Apps wurde 2016 entwickelt und in Januar 2021 fertiggestellt. Somit sind wir in Deutschland bei manchen sogar mal schneller.
Das bedeutet für Belgien ein Durchbruch - und macht gleich weiter, denn es befinden sich zwei weitere Apps auf der Zielgeraden zur höchsten Zulassungsstufe und damit zur Erstattungsfähigkeit. In anderen Ländern wie Frankreich, Niederlande und Schweden ist das deutsche DiGA-Zulassungssystem ein Vorbild und soll in Zusammenarbeit mit der Krankenversicherung eingeführt werden.
Martin Blaschka, Leiter ZING! – Zentrum für Innovation und Netzwerk im Gesundheitswesen, ordnet das ein: "Der regulatorische Weg für „Apps auf Rezept" in den deutschen GKV-Leistungskatalog, die Regelversorgung, ist bereitet. Mehr als 30 Anwendungen haben ihn bereits erfolgreich am BfArM durchschritten. Doch nach der Pflicht muss die Kür folgen: Wie die aktuellen Verordnungszahlen zeigen, sind die formal zugelassenen DiGA noch längst nicht in der Breite in der realen Versorgung - also bei den Patient:innen - angekommen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Kostenbedenken der Krankenkassen, Skepsis und Konkurrenzängste der Verordner:innen und geringe digitale Gesundheitskompetenz der Patient:innen sind nur einige davon. Daraus können und sollten Länder, die das deutsche DiGA-Fast-Track-Verfahren übernehmen, lernen - und Angebote schaffen, die die Mehrwerte der digitalen Gesundheitshelfer über die reine Zulassung hinaus in den Markt kommunizieren."
Foto: Screenshot Institut national d'assurance maladie-invalidité – Inami; PM09 19.05.2022