Website des OLG Frankfurt am Main
Probepackungen von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln dürfen Pharma-Vertreter verschenken. Das heißt sie dürfen, wie im konkreten Fall, beispielsweise ein Schmerzgel zu Demonstrationszwecken an Apotheker:innen verteilen. Damit verstoßen Außendienstmitarbeiter eines Arzneimittelherstellers weder gegen das Arzneimittelgesetz noch das Heilmittelwerbegesetz. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main. Es liege eine geringwertige Zugabe vor, die auch nicht geeignet sei, den Apotheker unsachlich zu beeinflussen.
Gratismuster sind rechtlich zulässig
Das Landesgericht (LG) Frankfurt am Main hatte zunächst anders (LG Frankfurt a.M., Urteil v. 30.7.2015, Az.: 2-03 O 473/14) entschieden, wie das Magazin der LHR Rechtsanwälte berichtet. Die höchsten Gerichte auf Bundes- und Europaebene (EuGH) interpretierten § 47 Abs. 3 AMG jetzt jedoch folgendermaßen: Der EuGH entschied, die Norm stünde der Abgabe von Gratismustern nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheken nicht entgegen (EuGH, Urteil v. 11.6.2020, Az.: C-786/18).
Nach diesem Urteil korrigierte das OLG Frankfurt am Main den früheren Beschluss des Landesgerichts: Die Abgabe der Schmerzgeltube zu Demonstrationszwecken verstieß nicht gegen § 47 Abs. 3 AMG (OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 10.2.2022, Az.: 6 U 161/15).
Entscheidend sind zwei Faktoren
Auch gegen den § 7 Abs. 1 S. 1 HWG verstoße die geschenkte Schmerzgelprobe nicht, stellte das OLG in seinem Urteil fest. Maßgebend sei dabei grundsätzlich, schreibt die Ordentliche Gerichtsbarkeit Hessen, dass es sich bei der kostenlos abgegebenen Probe um „Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt“. Sprich, sie müssen deutlich erkennbar als Werbe- oder Demo-Produkte gekennzeichnet sein. Dadurch können sie nicht mit anderen Packungen verwechselt werden und von Apotheker:innen nicht weiterverkauft werden. Apotheker:innen hätten gewöhnlich kein nennenswertes Interesse, nur einem einzelnen Kunden ein Probeexemplar überlassen zu können. „Eine für den Betrieb wirtschaftlich interessante Kundenbindung lässt sich so nicht aufbauen“, stellt das OLG fest. Der einzige erkennbare Sinn des Exemplars mit dem Aufdruck „Zu Demonstrationszwecken“ habe in der Eigenerprobung bestanden. Nämlich, dass Apotheker:innen und Personal die Qualität des Produkts testen und dessen Eigenschaften kennenlernen können.
Fazit: Solange diese beiden Faktoren im Fokus stehen, dürfen Pharma-Vertreter geringwertige Probeexemplare verschenken.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Eine Revision kann noch zugelassen werden. Die Entscheidung ist in Kürze unter www.rv.hessenrecht.hessen.de abrufbar.
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