Peili Vision: Gaming-Technologie für Bildungs- und Gesundheitszwecke


Peili Vision ist spezialisiert auf die Entwicklung neurokognitiver Bewertungstools. Wie funktioniert und was bringt das? 

Durch Gamingtools werden Daten generiert, um so die Unterstützung individuell auf die spezifischen Bedürfnisse des Einzelnen abzustimmen. (Foto von Javier Martínez auf Unsplash)

Was macht Peili Vision?

Peili Vision ist ein 2015 gegründetes Softwareunternehmen mit Sitz in Oulu, Finnland, das sich selber auf die Fahnen schreibt, „enge internationale Kooperationen mit führenden Universitäten auf diesem Gebiet. Unsere Produktentwicklung basiert auf gut recherchiertem und von Experten überprüftem Wissen.”

Das Bildungs- und Gesundheitssystem sieht das Unternehmen vor ähnlichen Herausforderungen stehen: „Die exekutiven Funktionen beziehen sich auf die eingeschränkte Fähigkeit einer Person, ihre eigenen Handlungen zu planen, aufrechtzuerhalten und zu regulieren. Diese Herausforderungen äußern sich bei jedem Menschen unterschiedlich, wobei einige deutlicher ausgeprägt sind als andere. EFSim liefert objektive Informationen über exekutive Funktionskompetenzen und bietet eine Lösung zur frühzeitigen Erkennung selbst versteckter Defizite.”

Zum Beispiel neurologische Entwicklungsstörungen wie ADHS gehen häufig mit Störungen der Exekutivfunktionen einher. Der Schweregrad der Herausforderungen bei der Exekutivfunktion variiert jedoch, und nicht alle Herausforderungen sind auf diagnostizierbare Störungen zurückzuführen. Die durch die Software generierten Daten helfen dabei, das Ausmaß der Herausforderungen in Führungsfunktionen zu ermitteln und die Unterstützung individuell auf die spezifischen Bedürfnisse des Einzelnen abzustimmen.

Exekutivfähigkeiten sind im täglichen Leben unerlässlich, insbesondere in Situationen, die eigenständiges Handeln erfordern. Das frühzeitige Erkennen und die Bereitstellung angemessener Unterstützung haben erhebliche Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden einer Person.

Durch objektive Daten individuell unterstützen

Darüber, was Peili Vision in Deutschland macht, haben wir mit Partner Manager Nils Kantola gesprochen. 

PM—Report: Herr Kantola, Peili Vision gibt es seit 2015, Fokus sind neurologische Defizite wie ADHS. Was genau macht Peili Vision in dieser Indikation?

Kantola: Peilivision entwickelt und fördert neurokognitive Bewertungstools, die Gaming-Technologie für Bildungs- und Gesundheitszwecke nutzen. Die Tests werden in einer simulierten realen Umgebung durchgeführt und verwenden entweder Computer oder VR-Headsets, die über das Internet mit Backend-Servern verbunden sind. Testberichte stehen praktisch sofort zur Analyse zur Verfügung.

PM—Report: Digitale Tools, um Krankheiten zu erkennen, gerade schon sehr frühzeitig, das kann z. B. im Schulbereich einiges bewegen. Können Sie Beispiele nennen?

Kantola: Unser pädagogisches Spiel für Schulen „EFSim Check“ hat nicht nur die Aufgabe, die Fähigkeiten von Führungskräften auf persönlicher Ebene zu beurteilen, sondern auch Informationen über die Fähigkeiten von Führungskräften im Allgemeinen auf Klassen- und Schulebene bereitzustellen. Dies wird in der Regel von Lehrern genutzt, um Lernaktivitäten für Kinder zu fokussieren, die zusätzliche Unterstützung benötigen. Auf Schul- und Stadtebene besteht der Vorteil darin, eine klare und objektive Sicht zu erhalten, die es ermöglicht, Unterstützungsmaßnahmen dort zu organisieren, wo sie wirklich benötigt werden, in bestimmten Schulen und Klassenräumen.

Zentralisierte und gezielte Unterstützungsmaßnahmen sparen Kosten und ebnen, was noch wichtiger ist, den Weg für Kinder, die in ihrem täglichen Kampf zusätzliche Unterstützung benötigen. Beispielsweise hat eine Stadt in Finnland, Hyvinkää, alle Grundschulkinder der dritten Klasse getestet und die Ergebnisse sind dafür verwendet worden, um zentralisierte Unterstützungsressourcen einer bestimmten Schule und darüber hinaus einer bestimmten Klasse auf der Grundlage objektiver digitaler Messungen zuzuweisen.

PM—Report: Wie muss man sich den Einsatz von Peili Vision konkret vorstellen, was passiert da genau?

Kantola: Für Schulen gibt es Spielsitzungen durch ein ferngesteuertes Spiel. Wir schulen das Schulpersonal darin, Spielsitzungen gemäß unseren Richtlinien zu verwalten und stellen zusätzliche Mittel bereit, einschließlich Informationsschreiben für Eltern und Vorschläge für unterstützende Maßnahmen bei bestimmten Befunden. Beispielsweise braucht ein Kind, das spezielle Probleme mit dem prospektiven Gedächtnis hat, andere Übungsmaßnahmen als ein Kind mit Indikativen Aufmerksamkeitsproblemen.

Für das Gesundheitswesen haben wir ein objektives Messinstrument zur Diagnoseunterstützung, um sich so für die richtige Behandlung fundiert entscheiden zu können. Unsere Spielsimulation ermöglicht eine Fernmessung der Behandlungswirksamkeit. So können für das Gesundheitswesen Vorteile in Bezug auf Kosteneinsparungen und schnellere Diagnose erwartet werden, die wiederum mit den bestehenden Behandlungspraktiken und -prozessen verknüpft sind.

PM—Report: Sie arbeiten mit Wissenschaftler:innen, Ärzt:innen und Therapeut:innen zusammen. Das bedeutet, nach der Feststellung einer ADHS bei einer Schülerin/einem Schüler wird diese:r nahtlos behandelt und betreut?

Kantola: Wir unterstützen bei Diagnose- und Behandlungsentscheidungen sowie bei der Messung der Behandlungswirksamkeit, alle Behandlungsentscheidungen werden jedoch von den behandelnden Ärzten getroffen. Peili stellt lediglich die objektiven Werkzeuge für die jeweiligen Prozesse bereit, die heute noch stark auf subjektiven Messungen basieren.

PM—Report: Bisher ist Peili Vision vor allem in Finnland aktiv, andere Märkte wie Deutschland sollen folgen. Ist es schwer, in Deutschland Fuß zu fassen?

Kantola: Wir bearbeiten momentan z. B. Märkte wie Großbritannien, Deutschland und Benelux mit zwei Produkten: EFSimCheck für Schulen und EFSimTest für Healthcare.

In Deutschland arbeiten wir parallel mit beiden Produkten. Wir planen, unsere Pilotprojekte in der ersten Jahreshälfte 2024 durchzuführen. Unser Test wird parallel zu den konventionellen Testverfahren durchgeführt, um präzisere Daten zur Diagnosenstellung zu generieren. Das beschleunigt einerseits die Diagnosenstellung und reduziert andererseits die Kosten.

Es ist sehr zeitintensiv und aufwändig, ein neuartiges Verfahren zu verifizieren und dessen Akzeptanz zu etablieren, auch und vielleicht besonders in Deutschland. Aber wir verfügen über sehr gute Referenzen und empirische Daten aus der Praxis in Finnland und glauben, dass sich dieses neue Verfahren/Tool auch in Deutschland durchsetzen wird.

Es hat sich gezeigt, dass insbesondere im ambulanten Bereich ein Produkt/Verfahren gesucht wird, das zusätzlich zum konventionellen Verfahren eingesetzt werden kann, um mit präzisen Daten die Diagnosenstellung zu unterstützen.

PM—Report: Glauben Sie, dass die Tools von Peili Vision aber auch bald in Deutschland in Schulen eingesetzt werden?

Kantola: Wir werden Anfang nächsten Jahres erste Pilotprojekte an Schulen in Deutschland starten.

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