Patientengruppen im Bereich der seltenen Erkrankungen wünschen sich eine engere Zusammenarbeit mit Pharmaunternehmen. (Foto von Priscilla Du Preez 🇨🇦 auf Unsplassh
Dieser Bericht enthält die Ergebnisse einer Umfrage von November 2023 bis Ende Februar 2024, die von 533 Patientengruppen mit seltenen Krankheiten beantwortet worden ist. Die teilnehmenden Patientengruppen gaben an, dass sie gemeinsam und weltweit im Jahr 2023/24 2,8 Millionen Patient:innen mit einer seltenen Krankheit aktiv unterstützt und betreut haben. 31 Pharmaunternehmen sind in die Analyse seltener Krankheiten 2023 einbezogen worden.
Herausforderung der seltenen Erkrankungen
Obwohl weniger als 1 von 2.000 Menschen an einer seltenen Krankheit leidet, beträgt die Zahl der Menschen, die mit einer seltenen Krankheit leben, laut dem Lancet Global Health-Bericht „The Landscape for Rare Diseases in 2024“ weltweit rund 300 Millionen. Eine so hohe Zahl stellt eine erhebliche Herausforderung für die nationalen Gesundheitssysteme weltweit dar.
Die Arzneimittelinnovation im Bereich seltener Krankheiten hat in den letzten vier Jahrzehnten zugenommen – auch aufgrund von Fortschritten im wissenschaftlichen Verständnis vieler seltener Erkrankungen. Ein anderer Punkt ist der, dass Regierungen finanziellen Anreize geschaffen haben, um die sehr teure Aufgabe der Erforschung von Behandlungen für sehr kleine Patientengruppen mit einer seltenen Krankheit abzumildern.
Dennoch gibt es für fast 95% der seltenen Krankheiten noch immer keine zugelassenen Behandlungen. Selbst wenn Behandlungen für seltene Krankheiten verfügbar sind, haben Patient:innen mit einer seltenen Krankheit möglicherweise keinen Zugang zu einer rechtzeitigen Diagnose – der Prozess kann laut einer Studie der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2022 bis zu vier oder fünf Jahre dauern. Dieselbe Studie der EU-Kommission schätzt auch, dass die Hälfte der 30 Millionen Menschen in Europa, die mit einer seltenen Krankheit leben, noch keine Diagnose erhalten hat.
Die Rolle von Patientengruppen
Patientengruppen spielen mittlerweile eine wichtige Rolle im Leben von Menschen mit einer seltenen Krankheit. PatientView schätzt, dass sich weltweit bis zu 21% der Patientenorganisationen (seien es kleine nationale Patientengruppen oder globale Allianzen von Patientengruppen) in irgendeiner Weise auf seltene Krankheiten konzentrieren.
Eine der Stärken von Patientengruppe ist ihre Fähigkeit zur Vernetzung. Patientengruppen für seltene Krankheiten haben den Ruf, besonders gut darin zu sein, Netzwerke aufzubauen. Es überrascht nicht, dass die Pharmaindustrie die Bedeutung der Zusammenarbeit mit NGOs für seltene Krankheiten erkennt. Laut PatientView ist die Zahl der Pharmaunternehmen (aus einer Stichprobe von 50), die mit zehn oder mehr Patientengruppen für seltene Krankheiten zusammenarbeiten, zwischen 2016 und 2024 um 25% gestiegen.
Die Patientensicht auf die Pharmaindustrie
56% der Patientengruppen für seltene Krankheiten, die an der Umfrage „Corporate Reputation of Pharma“ von 2023 teilnahmen, bewerteten den Ruf der Pharmaindustrie als „ausgezeichnet“ oder „gut“, verglichen mit 57%, die dies im Jahr 2022 sagten.
Allerdings waren die Befragten von 2023 auch der Ansicht, dass Biotechnologieunternehmen im Jahr 2023 von neun Gesundheitssektoren den besten Ruf genießen (knapp vor der Pharmaindustrie), wobei 61% der Patientengruppen für seltene Krankheiten den Ruf der Biotechnologieunternehmen als „ausgezeichnet“ oder „gut“ beurteilten. Dieses Ergebnis spiegelt die Fortschritte wider, die die Biotechnologie in der Frühphase der Forschung und Entwicklung im Bereich seltener Krankheiten gemacht hat (wobei sich die Pharmaindustrie auf die Entwicklung in späteren Phasen konzentriert).
Was sich Patientengruppen von Pharma wünschen
Trotz der aktuellen Bemühungen bei Pharmaunternehmen, patientenorientierter zu handeln, ergab sich aus den Zitaten der befragten Patientengruppen für seltene Krankheiten eine dringende Botschaft: Die Industrie könnte noch enger mit Patientengruppen für seltene Krankheiten zusammenarbeiten.
Die Pharmaindustrie sollte sich auch mehr anstrengen, ein tieferes Verständnis der Patientengruppen selbst (und der mit diesen Organisationen verbundenen Patienten) zu erlangen. Die Industrie, so die befragten Patientengruppen, muss auch transparenter werden – sowohl bei ihrer Preisgestaltung als auch bei ihrer Finanzierung der Akteure im Gesundheitswesen. Während die Gesetzgebung die Offenlegung der Finanzierung durch die Industrie vorschreibt, sind die veröffentlichten Informationen nach Ansicht von Patientengruppen für seltene Krankheiten möglicherweise nicht ausreichend sichtbar.
Dennoch schätzen und begrüßen die im Jahr 2023 befragten Patientengruppen für seltene Krankheiten offensichtlich die Zusammenarbeit mit der Pharmaindustrie und haben einen echten Wunsch nach einer engeren Zusammenarbeit.
Grafik: PatientView
Grafik: PatientView
Grafik: PatientView
Die 31 Unternehmen, die in den Ergebnissen zu seltenen Krankheiten der Umfrage „Corporate Reputation of Pharma“ 2023 enthalten sind, wurden nach den Kriterien der Umsatzgröße oder auf Anfrage von Unternehmen oder Patientengruppen ausgewählt. Dazu gehören: • AbbVie • Amgen (einschließlich Horizon Therapeutics) • Astellas Pharma • AstraZeneca • Bayer • Biogen • BioMarin • Boehringer Ingelheim • Bristol Myers Squibb • Chiesi Farmaceutici (einschließlich Amyrt Pharma) • CSL Behring • Eli Lilly • Gilead Sciences • Grifols • GSK • Ipsen • Janssen (ab Ende 2023 als Johnson & Johnson Innovative Medicine bekannt) • Lundbeck • Merck & Co / MSD • Merck KGaA / EMD Serono • Novartis • Novo Nordisk • Octapharma • Pfizer • PTC Therapeutics • Roche / Genentech / Chugai • Sanofi • Sarepta Therapeutics • Servier • Takeda • UCB • Vertex.
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