Nachhaltigkeit in der Pharmaindustrie: Zwischen Verantwortung, Regulierung und unternehmerischer Chance


Nachhaltigkeit ist im Pharmasektor längst mehr als ein PR-Thema. Zwei Experten zeigen, warum ökologische Verantwortung strategisch gedacht werden muss.

Auf dem Foto ist ein Mädchen von hinten zu sehen, das sich auf einer Waldlichtung befindet und von Sonnenstrahlen angeschienen wird.

 Nachhaltigkeit darf kein „oktroyiertes Add-on“ mehr sein, sondern muss von innen heraus wirken: als strategischer Bestandteil von Forschung, Produktion, Logistik und Kommunikation. (Foto von Melissa Askew auf Unsplash)

 

Ob CO₂-Ziele, ESG-Ratings oder neue Berichtspflichten: Die Anforderungen an pharmazeutische Unternehmen steigen. Nachhaltigkeit wird zur zentralen Herausforderung – nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch, politisch und gesellschaftlich. Doch wie steht die Branche wirklich da? Und wie lässt sich nachhaltiges Handeln in komplexen Lieferketten und hochregulierten Märkten umsetzen?

Dr. Dennis Stern von Pharma Deutschland e.V. und Dr. Jan Dirk Kemming, Nachhaltigkeitsexperte bei Weber Shandwick, geben in der Sommerausgabe des PM—Report Antworten – aus ganz unterschiedlichen Perspektiven.

Regulierung, Klimaziele, ESG-Ratings – der Druck auf Pharmaunternehmen wächst. Doch was passiert konkret?

Dr. Dennis Stern gibt einen Einblick in Strategien, Maßnahmen und echte Fortschritte beim Umbau der Branche.


Er analysiert die aktuelle Nachhaltigkeitslage der Pharmaindustrie entlang regulatorischer Entwicklungen, wissenschaftlicher Erkenntnisse und konkreter Praxisbeispiele. Er verweist auf den wachsenden Einfluss von Klimawandel und Biodiversitätsverlust auf die Arzneimittelversorgung und betont die Bedeutung der EU-Klimaziele für die Transformation des Sektors.

Mit Blick auf Emissionsdaten wird deutlich: Der Gesundheitsbereich trägt global rund 4,4% zur CO₂-Belastung bei – allein in Deutschland sind es über 35 Mio. Tonnen jährlich. Ein Schwerpunkt liegt auf Initiativen wie EMAS, ISO 14001 und dem AMR Industry Standard zur Reduktion umweltbelastender Wirkstoffrückstände. Große Konzerne wie Bayer, GSK oder AstraZeneca setzen auf Netto-Null-Strategien und investieren massiv in Dekarbonisierung und nachhaltige Inhalatortechnologien.

Zugleich zeigen auch mittelständische Unternehmen wie PEKANA oder Salus, dass klimafreundliches Wirtschaften möglich ist – oft mit Vorbildcharakter.

Sein Fazit: 

Die Branche ist in Bewegung, aber ein einheitlicher Standard fehlt. Für eine nachhaltige Gesundheitsversorgung braucht es klare politische Rahmenbedingungen und gezielte Förderanreize – nicht mehr Bürokratie.

Sustainability reloaded: Warum Nachhaltigkeit in der Permakrise strategischer wird
 

Von außen verordnet oder von innen gewollt? Dr. Jan Dirk Kemming plädiert für eine neue Nachhaltigkeitslogik im Pharmabereich – jenseits von CSR-Floskeln, mitten im Kerngeschäft.


In seinem Kommentar setzt er das Thema Nachhaltigkeit in den Kontext einer „Permakrise“ – einer Welt multipler Dauerkrisen. Angesichts ideologischer Polarisierung, regulatorischer Unsicherheit und geopolitischer Brüche argumentiert er, dass Unternehmen ihre ESG-Strategien neu denken müssen: weniger als „Pflicht“, mehr als wirtschaftliche Chance.

Für die Pharmaindustrie heißt das konkret: Nachhaltigkeit wird zur Innovations- und Reputationsfrage – entlang von Lieferketten, Wirkstoffentwicklung, Logistik und Investorenerwartungen. Besonders wichtig sei eine Transformation von innen („Inside-Out“) statt von außen oktroyiert. Erfolgreich seien nur Unternehmen, die Nachhaltigkeit systematisch ins Kerngeschäft integrieren – über Abteilungen hinweg, strategisch vernetzt und mit Mitarbeiter:innen als aktive Treiber des Wandels.

Sein Fazit: 

ESG ist längst kein „Nice to have“ mehr, sondern ein zentraler Prüfstein für Zukunftsfähigkeit. Wer glaubwürdig handelt, kann neue Märkte erschließen, Risiken reduzieren – und langfristig Gesundheit sichern.

Die Pharmaindustrie steht am Beginn einer neuen Nachhaltigkeitslogik. Weg von freiwilliger CSR, hin zu strategisch verankerter Verantwortung. Die gute Nachricht: Viele Unternehmen sind bereits unterwegs – manche leise, andere sichtbar. Entscheidend wird sein, ob sich Nachhaltigkeit dauerhaft im Kerngeschäft etabliert – und damit zur echten Zukunftsressource für Gesundheit und Gesellschaft wird.

Die gesamten Beiträge können Sie in der Sommerausgabe (PM 6-7/25) lesen.

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