Continentale-Studie 2022: Kernthema Digitalisierung


Kaum eine Studie kommt noch ohne das Thema Digitalisierung aus. So auch nicht die Continental-Studie. Eine Frage darin: Sind die Menschen offen oder skeptisch bei diesem Thema?

Keine Studie kommt mehr ohne den Aspekt der Digitalisierung aus. (Photo by National Cancer Institute on Unsplash)

 

Im Gesundheitswesen gibt es mittlerweile zahlreiche telemedizinische Services, die elektronische Patientenakte oder spezielle Gesundheits-Apps — vorangetrieben während der Corona-Zeit.

Im Vorwort wird betont, dass „diese Entwicklungen viele Chancen bieten. Doch Diskussionen über Risiken und Probleme beeinflussen die öffentliche Meinung und die Umsetzung. So sorgen Datenschutzbedenken und Probleme mit der Telematik-Infrastruktur aktuell zum Beispiel beim E-Rezept für Debatten.

Auch bei den Nutzerzahlen für die elektronische Patientenakte – kurz ePA – gibt es noch deutlich Luft nach oben. Aktuell wird diese nur von rund 0,7% der GKV-Versicherten genutzt. Laut der Digitalstrategie der Regierung, zu deren Herzstück die ePA gehört, soll nun das bisherige Opt-in-Verfahren in eine Opt-out-Regelung überführt werden, was die Nutzerzahlen sicher deutlich erhöhen würde.

Beide Fälle zeigen: Nur weil es ein Angebot gibt oder eins gemacht werden soll, muss es noch lange nicht automatisch überall auf fruchtbaren Boden fallen. Was aber hält die Bevölkerung von digitalen Dienstleistungen in der Medizin; auch im Vergleich zur Zeit vor Ausbruch der Pandemie? Würde sie diese nutzen? Sind die Menschen durch die Erfahrungen der vergangenen Jahre und ersten Berührungen mit solchen Services offener geworden? Oder hat dies zu mehr Skepsis geführt?“

Differenziert eingeschätzt: Gesundheits-Apps

Die Beurteilung medizinischer Vorteile durch Gesundheits-Apps, die zum Beispiel chronisch Kranke an die regelmäßige Einnahme ihrer Medikamente erinnern, hat sich in der Pandemie nicht verändert.

Die Bevölkerung ist sich nach wie vor uneinig, ob die medizinischen Vor- oder Nachteile solcher Anwendungen überwiegen: 52% sehen hier eine Chance, Folgeerkrankungen zu vermeiden. 44% meinen dagegen, dass die Gefahr von Paranoia durch eventuelle Fehlalarme schwerer wiegt. Dass solche Apps den Alltag erkrankter Personen insgesamt eher erleichtern, glauben heute weniger Menschen als noch vor drei Jahren.

51% der Befragten finden, dass Apps für Entlastung im täglichen Leben sorgen können. Das sind 11 Prozentpunkte weniger als 2019. Dass solche Applikationen der Krankheit mehr Raum im Alltag geben, denken 40%. Dies entspricht dem Wert aus 2019. Insgesamt gilt: Je höher das Einkommen und je besser die Bildung, desto vorteilhafter werden solche Gesundheits-Apps wahrgenommen.

Andere Ergebnisse in der Studie

Telemedizin

  • Telemedizinische Leistungen wie die Video-Sprechstunde haben während Corona einen Aufschwung erlebt. Doch trotz des gestiegenen Angebotes ist der Großteil der Bevölkerung nach wie vor zurückhaltend: 56% würden nicht zugunsten einer Video-Sprechstunde auf einen physischen Besuch beim Arzt verzichten. Im Vergleich zu 2019 ist die Gruppe der Skeptiker allerdings kleiner geworden: Damals waren es 12 Prozentpunkte mehr.
  • „43% der Befragten können sich heute vorstellen, sich vom Arzt telemedizinisch statt vor Ort in der Praxis beraten zu lassen. Das sind 12 Prozentpunkte mehr als vor 3 Jahren. Insgesamt ist die Nutzungsbereitschaft in dieser Zeit also gestiegen.
  • „Vor allem junge Befragte zeigen sich offen: 55% der Menschen im Alter zwischen 18 und 39 Jahren können sich vorstellen, die Video-Sprechstunde zu nutzen. Das sind 20 Prozentpunkte mehr als bei den älteren Befragten.
  • Berufstätige sind für das Angebot deutlich offener als Nicht-Berufstätige (47 beziehungsweise 34%). Ein Grund dafür könnte die potenziell knapp bemessene Zeit der Erwerbstätigen sein. Zudem zeigt sich ein Einkommenseffekt: Menschen, die sich selbst als besser verdienend bezeichnen, zeigen sich besonders aufgeschlossen (60%). Zum Vergleich: Bei den Befragten, die sich selbst als Geringverdiener einschätzen, geben nur 34% an, die Video-Sprechstunde dem Arztbesuch vor- zuziehen. Das sind 26 Prozentpunkte weniger.

 

Elektronische Patientenakte

  • Seit dem vergangenen Jahr müssen die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte zur Verfügung stellen. Auch erste private Versicherer möchten ihren Kunden ein solches Angebot machen. Damit können Versicherte zum Beispiel Ärzten, Kliniken oder Apotheken Zugriff auf ihre Daten erlauben. Der Vorteil: Der vollständige Austausch von Informationen zu Diagnosen, Behandlungen und Medikationsplänen wird einfach sichergestellt.
  • „Eine elektronische Patientenakte würden 64% der Bevölkerung nutzen. Das entspricht den bei der Abfrage im Jahr 2019 erhobenen Werten (62%). Allerdings ist die Zahl der Menschen, die dieses digitale Werkzeug bestimmt nutzen würden, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 41% der Befragten machen aktuell diese Angabe. Das sind 10 Prozentpunkte mehr als noch vor drei Jahren.
  • „Jüngere Befragte sind einer solchen Möglichkeit besonders zugeneigt. So würden 78% der Befragten im Alter zwischen 18 und 29 Jahren die Patientenakte in Anspruch nehmen, 48% sogar bestimmt.
  • Aber auch Ältere sind interessiert: In der Gruppe der über 60-Jährigen würden insgesamt 49% so ein Angebot nutzen, 31% bestimmt. Menschen, die sich selbst als Besserverdiener bezeichnen, geben sich ebenfalls offen: 81% würden das Angebot nutzen. Bei Befragten, die ihren Verdienst als gering einschätzen, sind es dagegen nur 55%.

 

Dr. Helmut Hofmeier, Vorstand bei der Continentale, zieht dieses Fazit: „Die Menschen sehen jetzt deutlicher die Vorteile der Digitalisierung. Zudem wurden Hürden abgebaut. Dennoch bleibt der direkte persönliche Kontakt wichtig."

Und zu den Gesundheitsbehörden-Apps meint er: "Die Bevölkerung ist sich nach wie vor uneinig, ob die medizinischen Vor- oder Nachteile solcher Anwendungen überwiegen. Auch wenn, wie andere aktuelle Studien herausstellen, Ärzte diese mittlerweile häufiger verschreiben."

Eine wichtige Erkenntnis der Studie: „Um ausreichend vorzusorgen, ist die Hälfte der Bevölkerung bereit, sich bei Konsum und Urlaub einzuschränken. Doch bei der Frage, welche Vorsorgeformen geeignet sind, zeigt sich die Bevölkerung weiter unsicher. Dies weist auf einen großen Beratungsbedarf hin.“

Hintergrund

Die Continentale-Studie erscheint seit dem Jahr 2000 jährlich. Für den diesjährigen Hauptteil wurden in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Kantar bundesweit repräsentativ 1.359 Personen im Alter ab 18 Jahren befragt. Die aktuelle Studie (22 Seiten) finden Sie hier.

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