MDR: Es hapert an der praktischen Umsetzung


Die europäische Verordnung für Medizinprodukte, die Medical Device Regulation (MDR) ist nicht praktikabel genug, findet die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF).

MDR: Prüfung und Zulassung sind überlastet lautet die Kritik der AWMF. (Photo: thisisengineering-raeng on unsplash)

Die Kritikpunkte

So kritisiert die AWMF, „die aktuellen Regelungen führen dazu, dass das System von Prüfung und Zulassung überlastet ist und Medizinprodukte aufgrund aufwändiger Re-Zertifizierungsprozesse vom Markt genommen werden könnten.“

Hürden gäbe es zudem für die Entwicklung neuer Medizinprodukte, die wiederum die Innovationskraft des Wissenschaftsstandorts Deutschland bedrohen.  
Eigentliches Ziel der MDR ist es, die Patientensicherheit durch höhere Anforderungen bei der Marktzulassung von Medizinprodukten wie etwa Herzschrittmachern, Implantaten oder Prothesen zu erhöhen. 

Doch es gibt auch sehr widersprüchliche Neuregelungen in der MDR: Bereits bewährte Medizinprodukte müssen eine komplette Re-Zertifizierung durchlaufen. Zuständig dafür sind sogenannte Benannte Stellen. 

„Die Re-Zertifizierung betrifft circa 24.000 Produkte und führt damit zu einer Überlastung der Benannten Stellen sowie zu erheblichem Aufwand für die Medizinproduktehersteller“, fasst sich Prof. Dr. med. Ernst Klar, Vorsitzender der Ad-hoc-Kommission Bewertung von Medizinprodukten der AWMF, an den Kopf. Denn „diese haben bereits Produkte vom Markt genommen, von denen einige jedoch für bestimmte Operationen notwendig sind. Hier drohen Versorgungslücken.“

Um potenzielle Ausfälle von Medizinprodukten mit resultierenden Versorgungslücken aufzudecken und belastbare Daten zu liefern, hat die AWMF ein Melderegister eingeführt.

Problem mit klinischen Daten

Häufig fehlt es auch an klinischen Daten, die für die Re-Zertifizierung von bereits verfügbaren Medizinprodukten nötig sind. Die AWMF schlägt vor, verstärkt vorliegende Registerdaten für eine niederschwellige Re-Zertifizierung zu nutzen. „Anhand von Registerdaten lässt sich häufig problemlos aufzeigen, dass es in der Vergangenheit keine Sicherheitsprobleme mit dem Produkt gab“, erklärt Klar. Ddie Registerdaten ermöglichen es, zusätzliche klinische Daten durch ein Rolling Review im Sinne einer Zulassung unter Auflagen zu generieren. „Aufgrund des großen Potentials, das in Registerdaten steckt, muss deren Finanzierung strukturiert aufgesetzt werden. Hierzu braucht es entsprechende Förderprogramme“, fordert Klar.

Hohe Kosten bei der Zulassung

Hohe Kosten der Zulassungsprozesse ist ein großer Faktor, findet die AWMF. So ist eine Re-Zertifizierung eines auf dem Markt befindlichen Bestandsproduktes in Europa unter MDR-Bedingungen deutlich teurer als in den USA oder Kanada. Auch fehlen den europäischen Medizinprodukteherstellern, bei denen es sich in mehr als 90% der Fälle um kleine oder mittlere Unternehmen handelt, häufig die finanziellen Mittel, um Erstzulassungen durchführen zu lassen.

Der AWMF erwartet, dass Zulassungsstudien für innovative Produkte zukünftig primär außerhalb Europas durchgeführt werden und diese Produkte erst spät für die Krankenversorgung in Europa zur Verfügung stehen. 

„Die Regularien für Zulassungsstudien müssen auf ein leistbares Maß reduziert werden – etwa durch nach Unternehmensgröße gestaffelte Gebührenordnungen“, schlägt Prof. Dr. Andreas Markewitz, Stellvertretender Vorsitzender der Ad-hoc-Kommission Bewertung von Medizinprodukten der AWMF, vor.    


Das ausführliche Positionspapier der AWMF finden Sie hier zum Nachlesen.

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