Grafik: Roland Berger
Auswirkungen machen sich bemerkbar
Die Situation bisher war, dass die Medizintechnikbranche Anleger mit hohen Renditen verwöhnt und andere Industrien klar hinter sich gelassen hat. Doch hohe Energiekosten, steigende Inflation und Lieferkettenprobleme zeigen erste Auswirkungen in diesem Segment. Thilo Kaltenbach, Partner bei Roland Berger, prognostiziert, dass “zu den kurzfristigen Herausforderungen strukturelle Themen wie die Digitalisierung, Abrechnungsmodelle kommen, die sich auf den medizinischen Nutzen fokussieren und der Wandel zu einer personalisierten Medizin. Wollen die Firmen ihre heute noch robusten Geschäftsmodelle in die Zukunft überführen, müssen sie diese Bereiche umgehend angehen.“
Regionale Unterschiede
Die Analyse offenbart regionale Unterschiede: Nordamerikanische Unternehmen haben beim Umsatz im untersuchten Zeitraum mit 21,5% deutlich am stärksten zugelegt. Danach folgen europäische Firmen (8,6%) sowie Organisationen aus der Region Asien-Pazifik (0,1%), die vor allem unter der Pandemie und den Corona-Maßnahmen gelitten haben. Bei der Profitabilität liegt Europa hinter den anderen beiden Regionen auf dem dritten Platz.
Kaltenbach ordnet das ein: “Die Gewinne europäischer Unternehmen sind in den letzten drei Jahren unter den langfristigen Durchschnittswert gefallen. Das lässt sich vor allem mit Kosten im Zuge regulatorischer Anforderungen erklären. Das drückt vielerorts auch Budgets für Forschung und Entwicklung.”
Erfolgsfaktor Labor und Diagnose
Nicht nur regional, sondern auch nach Produkt und Service segmentiert, zeigen sich Unterschiede bei der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Firmen, die auf die Bereiche Labor und Diagnostik spezialisiert sind, waren in 2021 mit einer Marge von 31,4% mit Abstand am erfolgreichsten. Außerdem konnten sie im Zeitraum von 2019 bis 2021 auch im Durchschnitt am stärksten beim Umsatz zulegen (plus 23,4%).
Auch Firmen mit einem diversifizierten Portfolio liefern im Vergleich sehr starke Zahlen und können mit Spezialanbietern mithalten. Am schwächsten schneiden Unternehmen ab, die Verbrauchsmaterial und Einwegartikel vertreiben.
Transformationsprozess
Sechs zentrale Transformationsprozesse, denen sich die Branche stellen muss:
- Von klassischen, papierbasierten hin zu vernetzten, digitalen Prozessen
- Personalisierte Behandlung und erfolgsbasierte Abrechnung anstatt einer servicebasierten
- Prävention und ambulante Versorgung rücken stärker in den Fokus
- Wirtschaftlicher Mehrwert von medizintechnischen Lösungen gewinnt an Bedeutung
- Omnichannel-Vertrieb und zunehmende Konsolidierung hin zu Krankenhausnetzwerken, die Einkäufe im Verbund tätigen
- Konzentration in Forschung und Entwicklung auf echte Innovationssprünge für neue Technologien, anstatt auf inkrementelle Fortschritte, die das bestehende Portfolio geringfügig verbessern.
Marco Bühren, Principal bei Roland Berger, betont, dass “angesichts der volatilen Zeiten es wichtiger denn je ist, die richtigen strategischen Maßnahmen zu ergreifen. Gerade Firmen, die in den letzten Jahrzehnten stark in Innovation investiert haben, zeigen sich heute wirtschaftlich am leistungsstärksten. Daher sollten Unternehmen auch in Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs sehr genau evaluieren, ob sie hier den Rotstift ansetzen wollen. Budgets für Forschung und Entwicklung müssen mehr denn je echter Innovation zugutekommen.”
Die vollständige Studie (auf Englisch) können Sie hier herunterladen.
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