‚Tech-Giganten im Gesundheitswesen’


So lautet der Titel einer Studie, die Ethikerin Prof. Christiane Woopen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung erarbeitet hat. In der Studie ist das Angebot an medizinischen Produkten und Dienstleistungen von 16 der weltgrößten Digitalunternehmen analysiert worden.

Cover der Studie "Tech-Giganten im Gesundheitswesen"

Tech-Giganten können unterstützen 

13 davon waren Ende 2021 in der Rangliste der 100 wertvollsten Konzerne nach Börsenwert vertreten. Woppen findet, dass "Tech-Giganten durch ihre Produkte, Services und Know-how dazu beitragen können, die Prävention von Erkrankungen zu fördern, die digitale Gesundheitsversorgung sektorenübergreifend und patientenzentriert weiterzuentwickeln und den Aufbau eines lernenden Gesundheitssystems zu unterstützen. Dieses Potenzial sollte genutzt werden. Gleichzeitig sollten ethische Standards gewahrt werden, die es durch eine risikoadäquate Regulierung teils noch abzusichern gilt."

Mittlerweile ist jedes der betrachteten Unternehmen über Partnerschaften, Investitionen oder Akquisitionen mit dem Gesundheitssektor verbunden, lautet ein Fazit in der Studie. Die Studienautor:innen sind davon überzeugt, dass die Tech-Konzerne ihre Aktivitäten kontinuierlich ausweiten werden. In der Folge könnte das zum Aufbau von Parallelstrukturen zum bestehenden Gesundheitssystem führen. Um das zu verhindern, müssen Politik und Gesellschaft sich darauf verständigen, wie sich Digitalkonzerne am besten in die bestehenden Gesundheitsstrukturen einbinden lassen. 

Umgang ist eine Gratwanderung

"Der Umgang mit den Tech-Giganten ist für die Gesundheitspolitik zweifellos eine Gratwanderung. Ohne ihre Beteiligung droht ein kaum einholbarer Rückstand bei der digitalen Transformation. Doch dabei dürfen die Eckpfeiler unseres Gesundheitssystems, wie das Solidarprinzip und das Selbstbestimmungsrecht der Patientinnen und Patienten, nicht ins Wanken geraten", betont Dr. Thomas Kostera, Senior Expert Gesundheitssysteme bei der Bertelsmann Stiftung.

Dem Umgang mit Daten wird eine Schlüsselrolle zugesprochen - und ist seit ein paar Jahren schon ein signifikanter Diskussionspunkt und manchmal auch ein Totschlagargument. In der Studie wird gemahnt, dass es von zentraler Bedeutung ist, eine monopolartige Nutzung durch einzelne Akteure zu verhindern. Das geplante Gesundheitsdatennutzungsgesetz sollte für alle Datenhalter, einschließlich der Tech-Konzerne, klare Vorschriften für die Sammlung und Weitergabe von Daten enthalten. Das sollte auch im geplanten Europäischen Gesundheitsdatenraum berücksichtigt werden. Zudem muss der Missbrauch von gesundheitsbezogenen Daten und daraus entstehenden Risikoprofilen, etwa bei der Arbeitsplatzsuche oder beim Abschluss von Lebensversicherungen, gesetzlich verhindert werden.

Die Expert:innen empfehlen auch, dass sowohl Verantwortliche im Gesundheitssystem als auch in Ministerien und Behörden ihre Digitalkompetenz ausbauen, um ein besseres Verständnis neuer Technologien wie KI, Robotik und Virtual/Augmented Reality zu entwickeln.

Die Studie kann kostenlos heruntergeladen werden.

 

Info:

Prof. Dr. med. Christiane Woopen ist Heinrich-Hertz-Professorin für Life Ethics im transdisziplinären Forschungsbereich “Individuen, Institutionen und Gesellschaften” der Universität Bonn und Direktorin des neu gegründeten Center for Life Ethics. Zuvor war sie Geschäftsführende Direktorin des Cologne Center for Ethics, Rights, Economics, and Social Sciences of Health (ceres) der Universität zu Köln. 

Erhalten Sie jetzt uneingeschränkten Zugriff auf alle interessanten Artikel.
  • Online-Zugriff auf das PM-Report Heftarchiv
  • Aktuelle News zu Gesundheitspolitik, Pharmamarketing und alle relevanten Themen
  • 11 Ausgaben des PM-Report pro Jahr inkl. Specials
Mehr erfahren