Wie Lieferengpässe die Apotheken belasten


Immer wieder sind Medikamente nicht lieferbar. Mit diesem Problem kämpfen Apotheker:innen regelmäßig – in den vergangenen Monaten jedoch ganz verstärkt. Oft werden sogar Versorgungsengpässe daraus. Im aktuellen APOkix sieht die Apothekerschaft daher die Politik in der Pflicht.

Das sind die Top 10 der betroffenen Medikamentengruppen; Credit: APOkix November 2022, IFH Köln

Wenn Medikamente knapp werden, sind Apotheker:innen besonders gefordert: Sie suchen Alternativen, beraten die Patientenschaft und setzen sich mit den aufwändigen Abrechnungsmodalitäten auseinander. Verschärft hat sich die Situation in diesem Jahr so sehr, dass sich aus Lieferengpässen aktuell auch Versorgungsengpässe entwickeln – insbesondere bei Schmerzmitteln und Fiebersäften, Antibiotika, Magensäureblockern und Cholesterinsenkern.

Die November-Umfrage des Apothekenkonjunkturindex APOkix untersuchte die Auswirkungen von Lieferengpässen auf das Apothekengeschäft genauer. Zentrale Erkenntnis: Alle erfassten Apotheken waren in den vergangenen drei Monaten von Lieferengpässen betroffen und sind es weiter: Zeitliche Mehraufwände, Umsatzeinbußen, Verunsicherung und Unzufriedenheit auf Patienten- und Mitarbeiterseite stellen nur einen Teil der Herausforderungen dar. Trotz eigener Versuche, Abhilfe zu schaffen, ist sich die Apothekerschaft einig: Die Politik steht unter Zugzwang.

Welche Medikamentenengpässe Apotheken besonders belasten

Die anhaltenden Lieferengpässe betreffen sowohl verschreibungspflichtige (96%) als auch nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel (89%): Alle befragten Apothekeninhaber:innen gaben an, im letzten Quartal in beiden Bereichen von Lieferengpässen (stark) betroffen gewesen zu sein.

Besonders auffällig waren die Lieferverzögerungen bei Schmerzmitteln und Fiebersäften. Dort ließen sich in 83% der Apotheken Lieferengpässe auch nicht ausgleichen und Versorgungsengpässe nicht vermeiden. Bei Antibiotika lag die Quote bei 48%, bei Magensäureblockern bei 33%, bei Cholesterinsenkern bei 27%.

Produkte aus dem apothekenüblichen Ergänzungssortiment (wie Hilfs- und Hygienemittel, Nahrungsergänzungsmittel, Sonnenschutz) treffen Lieferengpässe deutlich seltener, sie sind aber auch dort ein Thema.

Mit Blick auf die Patientenversorgung beklagen Apotheken neben den Liefer- und Versorgungsengpässen vor allem:

  • einen erhöhten Zeit- und Beratungsaufwand (98%),
  • einen erhöhten Abstimmungsbedarf mit behandelnden Ärzt:innen (98%) und
  • eine zunehmende Verunsicherung auf Patientenseite (95%).

Aus Apothekensicht führen die Lieferengpässe insbesondere zu

  • Mehrarbeit (98%),
  • Umsatzeinbußen (79%) sowie
  • Unzufriedenheit auf Kunden- und Mitarbeiterseite (61 bzw. 87%).

Was die Apothekerschaft gegen Lieferengpässe tun kann

Viele Apothekerinnen und Apotheker fühlen sich angesichts dieser Herausforderungen machtlos, da sie von den Herstellern abhängig sind (93%). Mehr als drei Viertel der Befragten (77%) befürchten, dass es durch die Lieferengpässe und dem damit verbundenen Ausweichen auf Ersatzmedikamente, vermehrt zu Retaxationen kommen wird.

Sie suchen daher alternative Lösungswege: Durch die Bestellung von Ware bei verschiedenen Lieferanten, versuchen 97% der Befragten Lieferengpässe zu umgehen. Weniger in Frage kommt für die meisten die Herstellung von Medikamenten als Rezepturen/Defekturen – lediglich ein Viertel stimmt dem zu. Denn auf die Frage „Können Sie sich vorstellen bei anhaltenden Lieferengpässen Medikamente häufiger selbst als Rezeptur/Defektur herzustellen?“ ergänzen 63% der Befragten: „eher unwahrscheinlich“ oder „bestimmt nicht“. Sehr einig ist sich die Apothekerschaft hingegen in einem Punkt: 98% sehen die Politik in der Verantwortung dem Problem nachhaltig entgegenzuwirken.

Konjunkturindizes setzen Abwärtstrend fort

Seit Juni 2022 geht die Kurve kontinuierlich nach unten. Mit 77 Punkten fällt der Konjunkturindex zur aktuellen Geschäftslage im November um weitere 3,6 Punkte im Vergleich zum Oktober. Der Abwärtstrend setzt sich auch für den Indexwert für die zukünftig erwartete Geschäftsentwicklung fort: Dieser sinkt von 45,2 Punkten im Oktober auf 41,6 Punkte im November. Zur selben Zeit im letzten Jahr betrug dieser Indexwert noch 74,9 Punkte.

Über den APOkix

Der Apothekenkonjunkturindex APOkix des IFH KÖLN ist das Stimmungsbarometer im deutschen Apothekenmarkt. In den monatlichen Onlinebefragungen werden Apothekeninhaber:innen zur Einschätzung ihrer aktuellen und erwarteten Umsatzlage befragt. In monatlich wechselnden Zusatzfragen werden zudem aktuelle Marktthemen beleuchtet. Für den APOkix im November wurden im Zeitraum vom 07.11.2022 bis zum 21.11.2022 insgesamt 161 Apothekeninhaber:innen online befragt. Die APOkix-Teilnehmer:innen stammen aus dem gesamten Bundesgebiet und repräsentieren sowohl größere als auch kleinere Apotheken, wie auch Apotheken in städtischen und ländlichen Gebieten. Die Zusatzfrage in diesem Monat beschäftigte sich mit der Ausprägung von Lieferengpässen bei Medikamenten. Der APOkix wird unterstützt von der phaNOWEDA eG Apothekergenossenschaft und dem Deutschen Apotheker Verlag.

Die aktuellen APOkix-Ergebnisse können im IFH Shop kostenfrei heruntergeladen werden.

Erhalten Sie jetzt uneingeschränkten Zugriff auf alle interessanten Artikel.
  • Online-Zugriff auf das PM-Report Heftarchiv
  • Aktuelle News zu Gesundheitspolitik, Pharmamarketing und alle relevanten Themen
  • 11 Ausgaben des PM-Report pro Jahr inkl. Specials
Mehr erfahren