EHDS: Fokus gesund­heit­li­che Mehr­werte 


Im Mai 2022 hat die EU Kommission den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) ausgerufen — ein „ambitioniertes Großprojekt“, wie die DSV findet. Doch nur ambitioniert alleine reicht nicht.

EHDS: Vernetzung von Gesundheitsdaten in ganze Europa (Foto von Compare Fibre auf Unsplash)

Der EHDS

In dem Verordnungsvorschlag heißt es: „Der europäische Raum für Gesundheitsdaten (European Health Data Space, im Folgenden „EHDS“) ist der erste Vorschlag für einen solchen bereichsspezifischen gemeinsamen europäischen Datenraum. Er wird dazu dienen, gesundheitsbezogene Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Zugang zu elektronischen Gesundheitsdaten und ihrem Austausch anzugehen, ist eine der Prioritäten der Europäischen Kommission im Gesundheitsbereich und wird ein integraler Aspekt beim Aufbau einer europäischen Gesundheitsunion sein. Mit dem EHDS wird ein gemeinsamer Raum geschaffen, in dem natürliche Personen ihre elektronischen Gesundheitsdaten leicht kontrollieren können. Außerdem wird es Akteuren aus Forschung und Innovation sowie politischen Entscheidungsträgern ermöglicht, diese elektronischen Gesundheitsdaten auf vertrauenswürdige und sichere Weise unter Wahrung der Privatsphäre zu nutzen.“

So weit, so gut — oder? Zwar finden die Spitzenorganisationen der Deutschen Sozialversicherung (DSV) den EDHS allgemein gut, haben aber einige Einwände. In einer Stellungnahme finden sich u.a. diese Punkte:

Chancen für Patientinnen und Patienten und Sozialversicherungssysteme

Der EHDS bie­tet die Chance auf einen Mehr­wert für Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten und die Sozi­al­ver­si­che­rungs­sys­teme, nicht nur durch den digi­ta­len, grenz­über­schrei­ten­den Zugriff auf Gesund­heits­da­ten für die medi­zi­ni­sche Behand­lung, son­dern auch durch deren sinnvolle Zusam­men­füh­rung für For­schung und Poli­tik­ge­stal­tung. 

Aller­dings muss der Ver­ord­nungs­ent­wurf nach­ge­schärft wer­den, u.a. hinsicht­lich des vor­ge­se­he­nen Zeit- und Regu­lie­rungs­rah­mens, der Mit­spra­che der Mit­glied­staa­ten, der Ein­hal­tung von Daten­schutzstan­dards und der sinn­vol­len Har­mo­ni­sie­rung der Infra­struk­tu­ren für die Pri­mär- und Sekun­där­da­ten­nut­zung.

Harmonisierung bestehender nationaler Strukturen

Die Mit­glied­staa­ten tra­gen die Ver­ant­wor­tung für die Aus­ge­stal­tung der sozia­len Siche­rungs­sys­teme. Der Auf­bau eines EHDS sollte daher mit Umsicht und dem Anspruch erfol­gen, die vor­han­de­nen und bewähr­ten natio­na­len Struk­tu­ren zu inte­grie­ren. Nur wenn mit den Mit­glied­staa­ten und den für die Umset­zung zustän­di­gen Insti­tu­tio­nen auf natio­na­ler Ebene gemein­sam trag­fä­hige und pra­xis­gerechte Lösun­gen erar­bei­tet wer­den, kann ein funk­ti­ons­fä­hi­ger EHDS ent­ste­hen. 

Den Mit­glied­staa­ten soll­ten zum Bei­spiel beim Erlass der Durch­füh­rungs­rechts­akte und dele­gier­ten Rechts­akte ein hin­rei­chen­des Maß an Kon­troll- und Mit­spra­che­mög­lich­keiten ein­ge­räumt wer­den. Die Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger in Deutsch­land sind im beson­de­ren Maße von den Rege­lungs­in­hal­ten des EHDS betrof­fen und müs­sen umfas­send ein­ge­bun­den wer­den.

Datennutzung am Gemeinwohl ausrichten

Die Gesund­heits­da­ten­nut­zung im Rah­men des EHDS sollte immer im öffent­li­chen Inter­esse erfol­gen und dem Gemein­wohl die­nen. Aus Sicht der DSV soll­ten Inno­va­tio­nen begüns­tigt wer­den, die zur Gesund­heit oder sozia­len Sicher­heit bei­tra­gen. Die Nut­zung von Gesund­heits­da­ten für For­schung und Poli­tik­ge­stal­tung muss vor­ran­gig den Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten sowie den Sozial- und Gesund­heits­sys­te­men zugu­te­kom­men. Die DSV regt zudem an, die beab­sich­tig­ten Zugriffs­rechte der Indus­trie und die Ver­wen­dung von Gesund­heits­da­ten für kom­mer­zi­elle Zwe­cke kri­tisch zu über­prü­fen. Auch die Bekämp­fung von Fehl­ver­hal­ten im Gesund­heits­we­sen sollte als zusätz­li­cher Zweck in die Ver­ord­nung auf­ge­nom­men wer­den. Zudem müs­sen die von der Soli­dar­ge­mein­schaft zur Ver­fü­gung gestell­ten und von Drit­ten genutz­ten Daten zu adäqua­ten Gegen­leis­tun­gen füh­ren, zum Bei­spiel durch finan­zi­elle Kom­pen­sa­tion.

Hohe Datenqualität in elektronischer Patientenakte sichern

Die DSV warnt vor einer Auf­nahme von Daten aus Well­ness-Anwen­dun­gen in die elek­tro­ni­sche Pati­en­ten­akte (EHR), solange diese keine aus­rei­chen­den Qua­li­täts­stan­dards auf­wei­sen. Die von der Euro­päi­schen Kom­mis­sion ange­strebte frei­wil­lige Kenn­zeich­nung von Well­ness-Anwen­dun­gen zielt aus­schließ­lich auf deren Inter­ope­ra­bi­li­tät ab, ohne jedoch Qua­li­täts­an­for­de­run­gen zu defi­nie­ren. 

Wenig aus­sa­ge­kräf­tige Daten aus Well­ness-Anwen­dun­gen könn­ten die Daten­qua­li­tät in der EHR ins­ge­samt ver­schlech­tern. Des­we­gen soll­ten nur die qua­li­täts­ge­si­cher­ten Daten von als Medi­zin­pro­dukt zer­ti­fi­zier­ten Anwen­dun­gen in die EHR auf­ge­nom­men wer­den kön­nen.

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