Halbjahresbilanz 2023: Deutlich weniger Arzneimittel in der EU zugelassen


Im 1. Halbjahr 2023 hat die Europäische Kommission 21 neue Arzneimittel für den Europäischen Wirtschaftsraum (EU plus Island, Liechtenstein und Norwegen) zugelassen und damit 41% weniger als in der gleichen Vorjahreszeit (36).

Im ersten Halbjahr 2023 sind in der EU weniger Arzneimittel zugelassen worden. (Foto von Alexander Grey auf Unsplash)

 

Das ergibt eine Auswertung der nach dem zentralisierten EU-Verfahren erteilten Erstzulassungen für Arzneimittel in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2023. Erfasst wurden auch Biosimilars, nicht jedoch Generika. Auch für das Gesamtjahr ist mit einer schwächeren Zulassungsbilanz als 2022 zu rechnen.

Die Top 3 Indikationen

Das Gros der Zulassungen (15 von 21) im Berichtshalbjahr verteilt sich auf fünf Indikationsgruppen:

  • An der Spitze standen Arzneimittel für Krebspatienten (antineoplastische Substanzen) sowie Immunsuppressiva mit jeweils vier Zulassungen.
  • Den zweiten Platz belegen mit drei Zulassungen Arzneimittel für das Indikationsgebiet Alimentäres System und Stoffwechsel.
  • Platz 3 teilen sich Dermatologika und Arzneimittel zur Anwendung bei Hämatologischen Erkrankungen mit jeweils zwei Zulassungen.
  • Weitere sechs Indikationen sind nur mit jeweils einer Zulassung in der Halbjahresbilanz vertreten. Das gilt auch für das Anwendungsgebiet COVID-19, für das diesmal nur die proteinbasierte Booster-Vakzine Bimervax von Hipra zugelassen wurde.

 

Zwei Drittel weniger Orphan Drugs

Nur drei der im 1. Halbjahr 2023 erstmalig zugelassenen Arzneimittel hatten zum Zeitpunkt der Zulassung Orphan-Drug-Status: Tibsovo (Ivosidenib) von Servier zur Anwendung bei AML und beim Cholangiokarzinom, Hyftor (Sirolimus) von Nobelpharma (Plusultra) zur Behandlung von Patienten mit fazialen Angiofibromen, die mit tuberöser Sklerose assoziiert sind sowie Hemgenix (Etranacogen dezaparvovec) von CSL Behring, die erste Gentherapie für Patienten mit Hämophilie B. 

Damit liegt der Neuzugang an Orphan-Drugs um zwei Drittel unter dem Ergebnis der gleichen Vorjahreszeit (10 Zulassungen).

16 Monate von der Einreichung bis zur Zulassung

Aus den Angaben der Europäischen Kommission zum Zulassungsdatum und dem in den EPARs genannten Einreichungsdatum konnte für die 21 Neuzulassungen des 1. Halbjahres 2023 jeweils die Verfahrensdauer errechnet werden:

  • Das kürzeste Verfahren gab es mit 9 Tagen für die COVID-19-Vakzine Bimervax, allerdings nach vorangegangener Rolling Review, die schon 12 Monate vor der Einreichung begonnen hatte.
  • Am anderen Ende der Zeitskala steht Pedmarqsi (Natriumthiosulfat) von Fennec zur Vorbeugung einer durch Cisplatin-Chemotherapie induzierten Ototoxizität bei Kindern und Jugendlichen. Von der Einreichung des Antrags bis zur Zulassung von Pedmarqsi vergingen 1205 Tage.
  • Ohne Berücksichtigung des kürzesten (Bimervax) und des längsten Verfahrens (Pedmarqsi) errechnet sich eine durchschnittliche Verfahrensdauer von 485 Tagen oder rund 16 Monaten.

 

Erste RSV-Vakzine und erste Hämophilie-B-Gentherapie

Zu den neu zugelassenen Arzneimittel-Innovationen, denen die EMA ergänzend zu den „Meeting Highlights“ der monatlichen CHMP-Sitzungen besondere News-Artikel auf ihrer Website widmete, gehörte im 1. Halbjahr außer der neuen COVID-19-Auffrischungsvakzine Bimervax und der Hämophilie-B-Gentherapie Hemgenix auch Arexvy von GSK, laut EMA der erste Impfstoff zum Schutz älterer Erwachsener vor Infektion mit dem Atemwegs-Virus RSV.

Wie geht es weiter?

Mit Beginn des 3. Quartals hat sich das Zulassungsgeschehen wieder etwas belebt. Noch im Juli (Stand 26.07.23) wurden vier weitere Arzneimittel zugelassen, zwei davon haben Orphan-Drug-Status. Zudem registrierten wir Ende Juli dieses Jahres 15 Positive Opinions, die noch auf die Entscheidung durch die EU-Kommission warteten. 

Da die Brüsseler Behörde den CHMP-Empfehlungen nahezu immer folgt, kann man Stand Ende Juli ein Potenzial von 40 Zulassungen für 2023 in die Bücher schreiben (25 bereits erfolgte Zulassungen plus 15 CHMP-Empfehlungen). Dieser „Vorschuss“ auf die Jahresbilanz betrug allerdings vor einem Jahr 56 Arzneimittel.

Der CHMP tagt nach der Pause im August noch viermal in diesem Jahr, und zumindest die Ergebnisse der September- und der Oktobersitzung dürften von der Kommission noch 2023 bearbeitet werden. Es sieht jedoch derzeit nicht danach aus, dass EMA und EU-Kommission den Abstand zum Vorjahr vollständig aufholen und an das Rekordergebnis des Gesamtjahres 2022 (75 Zulassungen) in diesem Jahr werden anknüpfen können.

   

Die Halbjahresbilanz wurde für Sie zusammengestellt von Bertold Schmitt-Feuerbach und basiert auf diesen Quellen: 

Union Register of Medicinal Products (Europäische Kommission), EPARs (EMA-Website, Rubrik Medicine), CHMP Meeting Highlights (EMA-Website, Rubrik Committees).

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