KI kann Gesundheitsfachkräften helfen


Fachkräfte fehlen im Gesundheitswesen an allen Ecken. Überlastung ist für viele an der Tagesordnung. Künstliche Intelligenz könnte hier mit spezifischen Anwendungen unterstützen. Gesundheitsfachkräfte offen sind dafür, wie eine aktuelle Umfrage zeigt.

Die Grafik zeigt die Themenfelder, die für Gesundheitsfachkräfte beim KI-Einsatz wichtig sind. (Fotocredit: Screenshot, Whitepaper „KI für Gesundheitsfachkräfte. Chancen und Herausforderungen von medizinischen und pflegerischen Anwendungen“)

Entlastung von zeitintensiven Routinetätigkeiten, mehr Zeit für die Betreuung der Menschen – das könnte Künstliche Intelligenz (KI) in vielen Bereichen des Gesundheitswesens ermöglichen. Die Patientenversorgung ließe sich verbessern. Medizinische und pflegerische Fachkräfte stehen dem Einsatz der Technologie grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Sie fordern allerdings technische wie organisatorische Veränderungen im Arbeitsalltag, damit Patientinnen und Patienten sowie Fachpersonal von den KI-Systemen profitieren können. Dies ist das Ergebnis einer qualitativen Befragung von Gesundheitsfachkräften, die die Plattform Lernende Systeme durchgeführt hat und auf der Gesundheitsmesse DMEA in Berlin vorstellte.

Im Bericht „KI für Gesundheitsfachkräfte. Chancen und Herausforderungen von medizinischen und pflegerischen Anwendungen“ werden die umfassenden Möglichkeiten aufgezeigt: „Ob in der Diagnostik, der Verbesserung der Versorgungsqualität oder dem Einsatz intelligenter Rollatoren – Künstliche Intelligenz (KI) kann Patientinnen und Patienten, Pflegebedürftige sowie medizinische und pflegerische Fachkräfte vielfältig unterstützen. Gerade für Fachkräfte bieten KI-Systeme vielversprechende Chancen, Diagnosen präziser zu fassen, Behandlungsmethoden individuell anzupassen und administrative Prozesse effizienter zu gestalten.“

Die Fachkräfte könnten ihre Tätigkeiten selbstbestimmter gestalten. Aktuell seien viele von ihnen unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen, was mit einer Verschärfung des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen verknüpft sei. Große Erwartungen würden insgesamt in KI-Systeme im Bereich stark strukturierter, sich wiederholender Aufgaben gesetzt.

Über das Whitepaper

Das Whitepaper „KI für Gesundheitsfachkräfte. Chancen und Herausforderungen von medizinischen und pflegerischen KI-Anwendungen“ wurde von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Gesundheit, Medizintechnik, Pflege der Plattform Lernende Systeme verfasst. Ausgangspunkt war ein Workshop zum Thema „Was bringt KI für Gesundheitsfachkräfte?“ am 29. März 2022, bei dem 50 Fachkräfte aus dem medizinischen und pflegerischen Bereich über Chancen und Herausforderungen des KI-Einsatzes im Gesundheitswesen diskutierten. Das Whitepaper ist zum kostenfreien Download verfügbar.

Gesundheitsfachkräfte sehen KI positiv

Eben diese Punkte fallen in der Befragung positiv ins Gewicht. Die Teilnehmenden zeigten sich mehrheitlich aufgeschlossen für KI. Sie verbinden mit der Technologie die Hoffnung, dass sie dank ihr den Patient:innen mehr Zeit widmen können. Denn Gesundheitsfachkräfte können mithilfe von KI entlastet werden, etwa indem Verwaltungsprozesse und Dokumentationsaufgaben automatisiert werden.

Zur Verbesserung der Patientenversorgung tragen nach Ansicht der befragten Fachkräfte insbesondere KI-Anwendungen für die Radiologie bei. Weitere Einsatzbeispiele, seien die Unterstützung bei Diagnose- und Therapieentscheidungen, intelligente Rollatoren für Reha-Patientinnen und -Patienten oder Vorhersagen zur möglichen Abstoßung von Nierentransplantaten, schreiben die Autor:innen des Whitepapers. Sie erwarten, dass KI medizinische Diagnosen präzisieren, Behandlungsmethoden individualisieren und die pflegerische Betreuung verbessern kann.

Wo KI im Gesundheitswesen schon zum Einsatz kommt

KI-Systeme werden schon heute in verschiedenen Bereichen erfolgreich genutzt, wie der Bericht aufschlüsselt, und bringen deutliche Vorteile. Beispielsweise könnten daten- und KI-basierte Systeme bei einer Sepsis (Blutvergiftung oder Blutstrominfektion) in bestimmten Anwendungssituationen zuverlässigere Behandlungsvorschläge erbringen können als Ärzt:innen. 

Auch bei der Befundung und Diagnose von Erkrankungen (z.B. in der Radiologie) können KI-Systeme zumeist schneller und genauer als der Mensch Bilder (z.B. Röntgenaufnahmen) interpretieren und evidenzbasierte Diagnosevorschläge ableiten. Auf deren Grundlage wiederum können die Fachkräfte qualifizierte und abgesicherte Entscheidungen treffen.

Weiteres konkretes Fallbeispiel: 
Entscheidungsunterstützung für die Hämatologie

KI-Anwendung

KAIT – KI-Assistenz zur Therapieentscheidungsfindung in der Hämato-Onkologie
• Datenbasierte, nachvollziehbare und expertenkuratierte Entscheidungsunterstützung für mögliche therapeutische Optionen inkl. Simulation und Einschätzung von Erfolgsaussichten Nutzen für Gesundheitsfachkräfte und Betroffene
• Betrachtung und Verknüpfung von wissenschaftlichen Erkenntnissen aus verschiedenen Quellen; dadurch Entlastung von Gesundheitsfachkräften sowie präzise und aussagekräftige Diagnoseeinschätzung für Patientinnen und Patienten
• Effizientere, vollständigere und sicherere Evaluation klinischer Fälle durch Validierungen, Simulationen, stetige Datenaktualisierung und individuelle Betrachtung von Patientinnen und Patienten

Herausforderungen für Patient:innen

• Paradigmenwechsel der klinischen Dokumentation hin zu granular-strukturierter Datenerfassung
• Aktuell noch hohes Maß an manueller, monotoner Arbeit zur Konsolidierung der Datengrundlage
• Aufbau von Vertrauen in Qualität, Sicherheit und Evaluationen des KI-Systems bei Gesundheitsfachkräften sowie Patientinnen und Patienten

Voraussetzungen für einen gesteigerten Nutzen der KI-Anwendung

• Etablierung von aktualisierbaren und adaptierbaren klinischen Datenbanken
• Prozesse zum effizienten Umgang mit regulatorischen Anforderungen schaffen
• Flächendeckende Ausschöpfung der Potenziale der elektronischen Patientenakte (ePA)

Aktuelle Herausforderungen an KI-Anwendungen

Die Befragten sehen allerdings durchaus Herausforderungen für den Arbeitsalltag, vor allem in

  • mangelnden KI-Kompetenzen,
  • fehlenden digitale Infrastrukturen im stationären und ambulanten Bereich sowie
  • den schwierigen Zugang zu hochwertigen Daten.
     

Sie fordern leicht bedienbare Systeme und entsprechende Qualifikationsmöglichkeiten für das Personal, die auch Fragen des Datenschutzes und einen kritischen Umgang mit den KI-Systemen behandeln.

Kritisch bewerteten die Befragten zudem eine mögliche Verdichtung ihrer Arbeit: Durch die Datenpflege dürfe keine Mehrbelastung für die Beschäftigten entstehen und zeitliche sowie personelle Ressourcen, die durch den KI-Einsatz frei werden, müssten im Sinne von Patient:innen und Fachkräften genutzt werden. 

Die Autor:innen des Berichts betonen, dass durch die erwarteten Veränderungen die KI keine Fachkräfte ersetzen sollen – vielmehr soll KI sie unterstützen und in bestehende Arbeitsabläufe integriert werden, unter Einbezug der anwendenden Fachkräfte, ihrer praktischen Erfahrung und ihres umfangreichen Wissens.

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