KI: Unterstützung bei der Arztbrief-Erstellung


Im KI.NRW-Flagship-Projekt wird getestet, inwieweit das sogenannte Natural Language Processing (NLP) für den medizinischen Bereich angewendet werden kann, auch bei den Arztbriefen.

Lieber mehr Zeit für Patienten anstatt zu viel Zeit für Arztbriefe zu verwenden. (Foto von Christin Hume auf Unsplash)

KI.NRW-Flagship-Projekt

Rund 150 Millionen Arztbriefe werden pro Jahr in Deutschland geschrieben. Um den Ärzt:innen das in Zukunft abzunehmen bzw. sie dabei zu unterstützen, könnte der „Arztbriefgenerator“ helfen. Ein Prototyp soll im kommenden Jahr an der Universitätsmedizin Essen im Rahmen des KI.NRW-Flagship-Projekts SmartHospital.NRW getestet werden. Welche Möglichkeiten sich insgesamt durch das sogenannte Natural Language Processing für den medizinischen Bereich ergeben, haben Wissenschaftler:innen des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS in einem Whitepaper zusammengefasst.

Vor allem zwei Bereiche sind für neuartige Methoden des Maschinellen Lernens (ML) geeignet:

  • Moderne Algorithmen können nach einer Trainingsphase selbstständig Informationen aus Volltexten extrahieren und in strukturierter Form zur Verfügung stellen. Damit sind nachgelagerte Prozesse wie Qualitätssicherung, Erstellung von Statistiken, klinische Entscheidungsunterstützung und die Abrechnung sehr viel einfacher möglich.
  • Neuartige KI-Methoden können aus strukturierten Daten wieder Volltext erzeugen und so beispielsweise aus den Daten eines Krankenhausaufenthalts einen vollständigen Entlassbrief erzeugen. Dieser muss dann nur noch vom behandelnden klinischen Personal gegengelesen, bei Bedarf angepasst und abgezeichnet werden. Die verwendeten Formulierungen klingen durch die KI, die sich mit natürlicher Sprache beschäftigt, so als habe ein Mensch sie geschrieben.

 

Prototyp eines Arztbriefgenerators

Aktuell wird gemeinsam mit mehreren Universitätskliniken an den Lösungen gefeilt. Bis Ende 2024 soll dann ein Prototyp des Arztbriefgenerators in der Uniklinik Essen erprobt werden, der die Erstellung von Entlassbriefen vereinfacht. Dafür wertet die KI alle vorliegenden Dokumente sowie strukturierte Daten aus und erstellt einen natürlich klingenden Text, der zusätzlich leicht verständliche Erklärungen für die Patient:innen enthält.

Nach einer Kontrolle und möglichen Ergänzung oder Änderung durch die Mediziner:innen wird der Entlassbrief sozusagen per Knopfdruck erstellt, und das in einem Bruchteil der Zeit, die eine rein manuelle Erstellung gekostet hätte. Patient:innen, die am Tag ihrer Entlassung häufig länger auf dieses Dokument warten müssen, können das Krankenhaus auch früher verlassen.  

Flut von Gesundheitsdaten

Das Gesundheitswesen steht vor zahlreichen Herausforderungen wie Personalmangel, Kostendruck und einem „Informations-Overload“, der durch die stetig wachsende Menge an Daten entsteht. „Diese Daten auszuwerten, zu analysieren und daraus Schlüsse zu ziehen kostet an vielen unterschiedlichen Stellen wertvolle Zeit, die im stressigen Krankenhausalltag einfach fehlt. Im schlimmsten Fall gehen wichtige Informationen verloren, was die Behandlung erschweren, teure Doppeluntersuchungen oder unvollständige Abrechnungen nach sich ziehen kann“, fasst das Dario Antweiler, Teamleiter Healthcare Analytics am Fraunhofer IAIS, zusammen.


Weitere Vorteile von Clinical NLP: Die Arbeitsbelastung des medizinischen Personals verringert sich, da die KI wichtige Informationen aus Krankendaten eines Patienten automatisiert zusammenfassen, und allen Behandlern übersichtlich strukturiert zu Verfügung stellen kann. Durch NLP im Krankenhaus werden Prozesse also vereinfacht, da Informationen in kürzester Zeit greifbar sind, umgehend weiterverarbeitet und dem medizinischen Personal vollumfänglich zur Verfügung gestellt werden können.

Antweiler ist von den Vorteilen überzeugt: „In den meisten Krankenhäusern werden jeden Tag Unmengen an Texten händisch ausgewertet, was sich – in unterschiedlichen Abteilungen oder nach der Entlassung beim Haus- und Facharzt – wiederholt. Diese Prozesse könnten mit unseren Anwendungen flächendeckend automatisiert, schnell, präzise und – in Hinblick auf den Datenschutz – auch sicher umgesetzt werden. Davon würden das Gesundheitswesen, und insbesondere das Personal und die Patient:innen profitieren.“

 

Im Paper widmen sich die Expert:innen auch Large Language Models (LLM), die in den vergangenen Monaten eine rasante Entwicklung vollzogen haben und dadurch verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind. Das derzeit vermutlich bekannteste Beispiel eines LLM ist ChatGPT, ein Chatbot, mit dem man sich sozusagen unterhalten kann, und der natürlich klingende Texte erstellt. »In naher Zukunft werden diese Modelle in der Lage sein, multimodal zu arbeiten, also auch Bilder oder tabellarische Daten, und nicht nur wie bisher Texte und gesprochene Sprache zu verarbeiten«, erklärt Antweiler. Dadurch ergäben sich auch im medizinischen Bereich wiederum neue Möglichkeiten, mit denen man das Personal entlasten, und Behandlungsprozesse – stets unter Berücksichtigung des Datenschutzes – im Sinne der Patient*innen weiter verbessern könne.

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