Neue Übergangsfristen für die MDR


Medizinprodukte sollen für Patient:innen sicher sein. Das regelt die Medical Device Regulation, kurz MDR. Sie wurde 2022 verschärft. Es gab große Debatten. Nun hat das Europäische Parlament einer Änderung der MDR zugestimmt und verlängerte Fristen eingeräumt.

TÜV SÜD begrüßt neue Übergangsfristen der MDR (Fotocredit: TÜV SÜD AG)

Engpässe in der Versorgung sollten vermieden werden – trotz Verschärfung der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR). Daher ist jetzt eine Änderung auf den Weg gebracht. Die Europäische Kommission veröffentlichte ihren Vorschlag hierzu am 6. Januar 2023. Am 16. Februar 2023 hat das Europäische Parlament mit großer Mehrheit positiv über den Entwurf abgestimmt. Da der Rat bereits Ende Januar zugestimmt hat, ist die Änderung de facto angenommen.

Nun bekommen die Hersteller mehr Zeit eingeräumt, um Bestandsprodukte in die MDR zu überführen. Die Gültigkeit der MDD-Zertifikate verlängert sich je nach Risikoklasse bis in das Jahr 2027 beziehungsweise 2028. Diese Fristverlängerung bringt für die Zeitpläne der Hersteller und der Benannten Stellen eine wichtige Entlastung.

Die Benannte Stelle „TÜV SÜD begrüßt die Verabschiedung der Änderung ausdrücklich. Die neuen Fristen werden sicherstellen, dass Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe weiterhin über sichere Medizinprodukte verfügen“, sagt Dr. Royth von Hahn, Global Senior Vice President Medical & Health Services bei TÜV SÜD hierzu.

Das regelt das MDR

Die Medical Device Regulation, kurz MDR, ist die EU-Medizinprodukteverordnung. Im Mai 2017 trat die europäische Medizinprodukteverordnung (Verordnung 2017/745; MDR) in Kraft und hatte im Mai 2021 ihren Geltungsbeginn. Sie ersetzt die beiden europäischen Medizinprodukterichtlinien (Richtlinie 93/42/EG; MDD und Richtlinie 90/385/EWG; AIMDD).

Die MDR erfordert eine vollumfängliche Neuzertifizierung aller Produkte (Legacy Produkte), die teils schon seit Jahren auf dem Markt sind. Das soll sicherstellen, dass sie die erhöhten regulatorischen Anforderungen dieser neuen Verordnung erfüllen. Um einen funktionierenden Übergang zwischen den Gesetzgebungen zu gewährleisten, wurde in der MDR eine Übergangsfrist bis Mai 2024 definiert (Art. 120). Das galt 2022.

Die Übergangsfristen gab es, damit die EU-Behörden, die Benannten Stellen und die herstellenden Unternehmen die verschärfte Verordnung umsetzen konnten. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und Fachgesellschaften kritisieren damals mögliche Versorgungsprobleme bei Medizinprodukten als Folge. Denn die Umsetzung der MDR gestaltete sich insbesondere wegen der knappen Kapazitäten der Benannten Stellen schwierig.

Das sind Benannte Stellen

Der GKV-Spitzenverband in Deutschland erklärt es folgendermaßen: Medizinprodukte werden nicht von einer Behörde zugelassen. Stattdessen müssen sich die herstellenden Unternehmen abhängig von der Risikoklasse ihrer Produkte von einer sogenannten Benannten Stelle bestimmte Zertifikate ausstellen lassen. Sie können diese Stellen europaweit frei wählen. Die Benannten Stellen sind ihrerseits Unternehmen (z. B. TÜV, DEKRA), welche von EU-Mitgliedsstaaten zu diesem Zweck benannt wurden. Sie bieten die notwendigen Zertifizierungsprozesse kommerziell an.

Die wichtigsten Änderungen der MDR

Die Benannte Stelle TÜV SÜD Product Service GmbH begrüßt die Änderung im Interesse der Patientensicherheit und ruft die Hersteller gleichzeitig zum zeitnahen Handeln auf. In einer Pressemitteilung fasst das Prüfunternehmen die wichtigsten Änderungen der MDR auf:

Für Medizinprodukte mit einem Zertifikat oder einer Konformitätserklärung, die vor dem 26. Mai 2021 ausgestellt wurde, wird die Übergangsfrist zu den neuen Regeln wie folgt verlängert:

• Für maßgefertigte implantierbare Produkte der Klasse III: bis zum 26. Mai 2026.

• Für Produkte mit höherem Risiko: bis 31. Dezember 2027. Dazu zählen Produkte der Klasse III und implantierbare Produkte der Klasse IIb, ausgenommen Nahtmaterial, Klammern, Zahnfüllungen, Zahnspangen, Zahnkronen, Schrauben, Keile, Platten, Drähte, Stifte, Clips und Verbindungsstücke.

• Für Produkte mit mittlerem und geringerem Risiko: bis zum 31. Dezember 2028. Dazu zählen andere Produkte der Klasse IIb, Produkte der Klasse IIa und Produkte der Klassen ls, lm, lr.

Die Verlängerung sei an bestimmte Bedingungen geknüpft. Das bedeute, mehr Zeit werde nur für Produkte gewährt, die sicher sind und für die die Hersteller bereits Schritte zur Umstellung auf die MDR unternommen haben: Der Antrag müsse bis spätestens 26. Mai 2024 eingereicht und die vertragliche Vereinbarung mit den Benannten Stellen bis spätestens 26. September 2024 abgeschlossen werden.

Änderungen auch in der Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IVDR)

TÜV SÜD erläutert weiter, dass die bisher in der Medizinprodukteverordnung (MDR Art. 120(4)) und der Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IVDR) Art. 110(4) festgelegte Verkaufsfrist für bestehende Produkte abgeschafft worden sei, um die Bereitstellung bereits in Verkehr gebrachter Medizinprodukte über das Enddatum Mai 2025 hinaus zu ermöglichen.

Als nächster offizieller Schritt für die Änderung der MDR/IVDR steht die Unterzeichnung und anschließende Veröffentlichung im Amtsblatt an. Dann tritt der Verordnungsentwurf in Kraft.

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