Gerade bei älteren Patientinnen und Patienten ein Problem: die Wechsel- und Nebenwirkungen bei der Polymedikation. (Foto von Nappy auf Unsplash)
Ergebnisse der Auswertung für 2022
- 8,3 Millionen ältere Menschen in Deutschland haben 2022 mindestens einmal ein potenziell inadäquates Medikament (PIM) verordnet bekommen, das zu unerwünschten Wechsel- oder Nebenwirkungen führen kann. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
- Damit war mehr als jeder zweite Mensch ab 65 Jahren (50,3%) davon betroffen. Grundlage der Auswertung sind die an die 16,4 Millionen älteren GKV-Versicherten verordneten Arzneimittel, die auf der PRICUS-2.0-Liste verzeichnet sind.
- Die Anzahl der gleichzeitig verordneten Arzneimittel nimmt mit steigendem Alter deutlich zu: Insgesamt entfielen im Jahr 2022 auf die gesetzlich Krankenversicherten (GKV) ab 65 Jahre 56% des gesamten GKV-Verordnungsvolumens nach Tagesdosen.
- 43% der Versicherten über 65 Jahre wurden mit mehr als fünf verschiedenen Wirkstoffen gleichzeitig behandelt. Ältere Patientinnen und Patienten seien damit besonders gefährdet, unerwünschte Arzneimittelereignisse zu erleiden.
- Der Verordnungsanteil der potenziell inadäquaten Medikation ist aber in den vergangenen zehn Jahren zurückgegangen: Hatte der Verordnungsanteil dieser Arzneimittel bei älteren Menschen im Jahr 2013 noch bei 14,6% gelegen, so lag er 2022 bei 12,3%.
Regionale Auswertung
Eine Auswertung nach Regionen zeigt allerdings deutliche Unterschiede in den Verordnungsraten von PIM-Arzneimitteln: Die geringsten PIM-Anteile werden mit 48,2% bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen erreicht. Mehr dazu sehen Sie in der Grafik unten.
Um den Wissenstransfer in die Praxis zu fördern, hat das WIdO eine kompakte Zusammenfassung der PRISCUS-2.0-Wirkstoffe als Arbeitshilfe für Ärztinnen und Ärzte erstellt.
WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder möchte, dass die Medikation bei den Älteren optimiert wird: „Wir haben bei diesem Thema kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Durch Arbeitshilfen für die ärztliche Praxis, Patienteninformationen und auch die kostenfreie Bereitstellung der PRISCUS-2.0-Liste kann der Transfer in die Praxis unterstützt werden.“
Projekt PRISCUS 2.0
Das Projekt PRISCUS 2.0 hat zum Ziel, die Arzneimitteltherapie bei älteren Menschen zu optimieren und unerwünschte Arzneimittelereignisse zu reduzieren. PRISCUS 2.0 baut auf der im Jahr 2010 in Deutschland erstellten ersten Fassung der PRISCUS-Liste auf.
Ein interdisziplinäres Team aus Wissenschaft und Praxis hat 2022 diese Liste auf den aktuellen Erkenntnisstand erweitert. Mehr als die Hälfte der Verordnungen potenziell unangemessener Medikamente bezieht sich auf Magenschutzpräparate, die sogenannten Protonenpumpeninhibitoren.
In die Analyse wurden nur PIM einbezogen, bei denen in den Verordnungsdaten eine Dauertherapie von mehr als acht Wochen erkennbar war. Eine Behandlung mit Gerinnungshemmern wird in der Regel dauerhaft durchgeführt, sodass auch eine längere Einnahme von Protonenpumpenhemmern gerechtfertigt sein kann. Nichtsdestotrotz ist die langfristige Einnahme dieser Medikamente vor allem bei älteren Menschen mit einem erhöhten Risiko für Osteoporose, Knochenbrüche und bestimmte Infektionen verbunden. Protonenpumpenhemmer sind diejenigen Medikamente, die am häufigsten nach kritischer Indikationsstellung abgesetzt werden können.
Verordnungen nach KVen pro Region. (Grafik: PRISCUS)
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