Nur eine Auswahl an sozialen Netzwerken. (Foto von Adem AY auf Unsplash)
Wie steht es um die sozialen Netzwerke
So heißt es unter der Headline: „Facebook verwaist, Instagram kopiert TikTok, twitter bröckelt: Im Netz endet eine Ära.“
Laut Bitkom nutzen aber 89% der deutschen Internetnutzer:innen ab 16 Jahren die sozialen Netzwerke – das entspricht rund 54 Mio. Menschen. 80% haben aktiv Beiträge gepostet, Inhalte hochgeladen oder Kommentare geschrieben, 9% haben die Plattformen ausschließlich passiv genutzt, z. B. Beiträge gelesen, Bilder oder Videos angeschaut, ohne jedoch eigene Inhalte zu veröffentlichen.
„Soziale Netzwerke sind ein wesentlicher Bestandteil der Online-Welt, wie wir sie heute kennen. In sozialen Netzwerken begegnet uns eine große Vielfalt an Themen, Personen, Meinungen, Nachrichten. Plattformen bringen verschiedenste Menschen und ihre Interessen überall auf der Welt zusammen,“ ist die Meinung von Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.
Welche Plattformen werden genutzt
68% waren auf Facebook, 54% auf Instagram und 38% auf Pinterest. TikTok wurde von 30% genutzt und Twitter von 27%. Die beruflichen Netzwerke LinkedIn (25%) und Xing (24%) kommen jeweils auf ein Viertel. 22% bewegen sich in lokalen Communities wie nebenan.de. Zu den eher gering genutzten sozialen Netzwerken zählen das noch recht neue BeReal (8%) sowie Mastodon (4%). 41% der Nutzerinnen und Nutzern sozialer Netzwerke können sich ein Leben ohne die Plattformen nicht mehr vorstellen. Bei der Generation U30 sind es 58%.
Am liebsten folgen die Social-Media-Nutzerinnen und -nutzer Freundinnen und Freunden oder Bekannten aus dem realen Leben bzw. Familienangehörigen (71%). 46% folgen Profilen zu ihren privaten Interessen, etwa zu den Themen Mode, Garten, Reisen, Gaming und anderen. 30% folgen Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzten.
Eine große Rolle spielt auch der Zugang zu Nachrichten, Politik und Weltgeschehen: 36% folgen regionalen Medien in sozialen Netzwerken und 27% überregionalen Medien. 16% folgen auch Politikerinnen und Politikern bzw. Parteien und ein Zehntel internationalen Medien (12%) sowie Journalistinnen und Journalisten (11%). Unternehmen bzw. Marken (26%), Promis & VIPs (24%, Sportlerinnen und Sportler (23%) folgen jeweils rund ein Viertel.
Endet eine Ära?
Im SZ-Beitrag wird angeführt, dass sich viele wieder mehr auf kleine Kreise konzentrieren. Es ein Zurück in „Cliquen“ und „Communities“ gibt. Gerade bei den sogenannten Communities kann Social Media vielleicht doch noch relevant sein — auch im Bereich Gesundheit.
Endet also wirklich eine Ära oder verschiebt sich einfach nur etwas — und wenn ja, wohin? Der PM—Report hat bei Expert:innen nachgefragt, was sie davon halten.
- Leif Ullmann, Geschäftsführer der Content Marketing Agentur nwtn
Wir im Content Marketing glauben an die Co-Existenz von Kanälen und Plattformen und damit auch von Zielgruppen. Es gilt immer noch das Rieplsche Gesetz: neue Medien werden alte Medien nie komplett verdrängen oder ersetzen, sondern verändern und ergänzen – und genau das passiert gerade mal wieder. Facebook und Instagram sind inzwischen das Establishment – Tik Tok der Innovationstreiber, dem sich Instagram als das agilste Meta-Outlet über Reels anzupassen versucht. Jede Plattform hat dabei ihre Kern-Ziel- und Nutzungsgruppe.
Für die Zukunft gilt: Innovation schlägt Imitation. Die „etablierten“ Plattformen müssen die eigenen Stärken weiterentwickeln, statt andere schlecht zu kopieren. Insta Reels als Zweitverwertung für TikTok Content wird auf Dauer nicht klappen. Wichtiger werden wieder geschützte/teilprivate Plattformen und Funktionen wie etwa die App BeReal sie bietet. Hier trifft man sich im Inner Circle, auch geschützt vor zu viel Marketing-Einfluss. Die etablierten Plattformen und Funktionen werden wiederum mehr als Infoquelle und Entertainment genutzt. Der Schlüssel zum Überleben liegt hier im passgenauen Content: One Content fits all funktioniert nicht. Influencer, Creator, aber auch Marken müssen die einzelnen Plattformen individuell und nativ bespielen.
- Heiko Pröger, Geschäftsführer [Managing Director] SPIRIT LINK
Soziale Netzwerke haben auf jeden Fall noch eine Zukunft. Obwohl es in der Vergangenheit kritische Stimmen zu ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft und den Einzelnen gab, bleiben sie ein zentraler Bestandteil des täglichen Lebens vieler Menschen. Es ist unwahrscheinlich, dass sie in absehbarer Zeit verschwinden werden, aber es ist durchaus möglich, dass sich ihre Funktionen und die Art und Weise, wie wir sie nutzen, im Laufe der Zeit verändern werden. Klar ist: es wird immer neue Netzwerke geben, die durch ihre Funktionen und Medienformate eine bestimmte Zielgruppe eher ansprechen und diese dann in besonderer Art und Weise anziehen. Jüngstes Beispiel ist Tiktok, das durch seinen Fokus auf Musik, Tanz und Kurzvideos viel eher eine junge Zielgruppe anspricht, als dies Facebook tut.
- Ihno Fokken, Gründer / Geschäftsführer Friesische Freiheit
Nachrufe auf Social Media Plattformen haben eine lange Tradition im klassischen Medienbusiness und erscheinen reflexartig, wenn neue Nutzungsdaten Anlass genug bieten, den Abgesang auf die eine oder andere Plattform anzustimmen. Dabei attestiert z. B. die Webanalyse von We are Social und Hootsuite für Deutschland von 2021 auf 2022 eine 10% größere Social Media Nutzung. Aktuell treibt TikTok in die Nutzungsdauer nach oben und führt dazu, dass Inhalte in immer geringeren Zeitspannen konsumiert werden. Daher verändern sich die Nutzungsgewohnheiten analog mit spezifischen Formaten, die in der Kombination mit trafficgenerierenden Algorithmen über den Erfolg einer Plattform bestimmen.
- Gerrit Grunert, Managing Director CRISPY CONTENT GMBH
Facebook verwaist, Instagram kopiert TikTok, twitter bröckelt – endet im Netz eine Ära? Ja und nein: Ja, weil die genannten Netzwerke in ihrer derzeitigen Erscheinungsform prägend für ganze Generationen waren. Nein, weil sich mit neuen technischen Möglichkeiten neue Nutzungsszenarien entwickeln lassen. So liegt es an den Betreibern dranzubleiben und den Nutzern attraktive neue Angebote zu machen und nicht, wie MySpace und StudiVZ, die Arbeit einzustellen und das Gewesene bis auf die letzte Ad Impression auszupressen.
- Tim A. Bohlen, Geschäftsführender Gesellschafter MINDACT Consulting
Unser Leitmotto für 2023 ist ‚Back to Owned!‘. Zurück zu den Medien, über die Unternehmen die Kontrolle haben wie beispielsweise die eigene Webseite, ein Blog oder ein Podcast. Wir raten dazu, das eigene kommunikative Ökosystem zu fokussieren, um die Hoheit über Dramaturgie, Orchestrierung und Daten zu erlangen – und damit auch über die Wertschöpfung.
- Kristina Kull, Digital Communications Becklyn GmbH
Kennen Sie noch StudiVZ, Kwick und ICQ? Das allgemeine Online-Nutzerverhalten hat sich seit damals stark verändert und tut es auch weiterhin noch. Algorithmen zeigen uns die mächtige Flut an Content schon nach unseren persönlichen Interessen und Vorlieben vorgefiltert – egal ob auf Google, TikTok oder auch LinkedIn. Content wird für immer höhere Budgets stärker für bestimmte Ziele konstruiert, Inhalte in noch größerer Menge eher passiv konsumiert. Social Media passt sich eben immer an die Nutzer an und umgekehrt. Und mit der Zeit löst die eine Plattform die andere ab, ohne dass das gleich das Ende einer kompletten Social Media Ära bedeuten muss.
- Jens-Christian Jensen, Chief Strategy Officer bei Digitas Pixelpark
Die Nutzung von Social Media wächst trotz aller Unkenrufe seit Jahren stetig. Das heißt aber nicht, dass sich die Nutzung nicht verändert. Wir erleben ein gewisses Maß an Dezentralisierung bei den großen Plattformen und eine Ausrichtung auf andere Plattformen wie TikTok, Twitch oder Reddit. Nicht zuletzt ist bei der Betrachtung der Use Case entscheidend: Als beliebteste Plattform der Nutzer:innen gilt WhatsApp. Wir beobachten deshalb mit Spannung, wie sich der Markt entwickelt, immer mit dem Blick darauf, wo wir unseren Kunden den frühzeitigen Einstieg oder den zur Marke passendsten Auftritt empfehlen können.
- Laura Geisreiter, Geschäftsführerin antwerpes health share
Neigt sich eine Ära wirklich dem Ende – oder ist das Saeculum Aureum der Social Media Welt einfach nur im Wandel? Plattformen kommen und gehen, das war schon immer so. Doch die Daseinsberechtigung insbesondere im Healthcare-Breich – begründet durch die Vernetzung von Patient:innen, dem Aufbau von Communities und der Erzeugung von Awareness für relevante medizinische Themen – bleibt bestehen und kann weiterhin von den Social-Media-Flagschiffen eingefordert werden. Unsere digitale Welt braucht nun mal auch das digitale Miteinander – und wie dieses Miteinander zukünftig aussehen, auf welchem Forum gesprochen und welchen Namen eine Plattform tragen wird, ändert an dieser Tatsache nichts.
- Eileen Dillenburg, Geschäftsführerin fischerAppelt
Sämtliche Massenmedien haben sich in ihrer Rolle und Relevanz, in ihrer Reichweite und Nutzung permanent gewandelt. Und ja, das ein oder andere Medium ist dann auch mal in die Bedeutungslosigkeit verschwunden. Was anderes ist seit Beginn des Social Media Zeitalters sicherlich die Exponentialität, mit der sich die Rolle und die Relevanz von Plattformen verändern - als Beispiele seien hier z. B. Myspace, StudiVZ, Clubhouse gemannt - und eventuell auch bald Twitter.
Werden die großen Plattformen sterben? Nein, sicherlich nicht! WENN sie es schaffen, die veränderten Bedürfnisse ihrer Nutzer:innen zu verstehen und umzusetzen. Dazu gehört natürlich auch, relevante Funktionalitäten junger, frischer Plattformen permanent im Blick zu haben – und auch zu kopieren, wenn es zum eigenen Überleben beiträgt. Genau das ist doch “digitale Popkultur”.
Welche (gewandelten) Bedürfnisse gibt es grad auf Seiten der Nutzer:innen? 1. Der Wunsch nach Austausch in Echtzeit – und zwar in kleineren, privateren Communities – steigt wieder. Plattformen wie BeReal befeuern diesen Trend. Und Facebook und Instagram greifen diesen Wunsch in neuen Funktionalitäten auf (beispielsweise kommt bei Facebook den Gruppen eine immer größere Bedeutung zu). Und 2. Der Wunsch nach (Daten-) Sicherheit: Nutzer:innen konsumieren bewusster – weil sie verstanden haben, welchen Wert ihre Nutzerdaten für die Social Networks haben. Auch hier haben die großen Networks nachgezogen und gehen auf User Wünsche ein.
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