Das Risiko für das Auftreten des Diabetes Typ 2 bei Frauen im Zusammenhang mit der Körpergröße. (Fotocredit: IQVIA Disease Analyzer™)
Kardiovaskuläre Erkrankungen und Krebs sind nach wie vor die Krankheiten, an denen die meisten Menschen in Deutschland sterben. Diabetes Typ 2 ist Krankheit ebenso wie Risikofaktor für viele weitere.
Menschen mit erhöhtem Risiko zu identifizieren noch bevor klinische Symptome auftreten, spielt daher für den Einzelnen wie das Gesundheitssystem eine wichtige Rolle. Prof. Dr. Karel Kostev, wissenschaftlicher Leiter der epidemiologischen Forschung bei IQVIA Deutschland, und sein Team zeigen jetzt Assoziationen zwischen Körpergröße und Erkrankungsrisiko für verschiedene Krankheitsbilder. In ihren Ergebnissen sehen die Wissenschaftler:innen große Chancen, etablierte Risiko-Scores für die Krankheiten verbessern. Ob groß oder klein ist demnach für manches Risiko von Vorteil, für anderes von Nachteil. Allerdings geben die Forschenden nicht an, wo „klein“ oder „groß“ beginnt.
Körpergröße und Risiko für Typ-2-Diabetes
Kostev fand zusammen mit einem Internisten-Team der Universitätsklinik Düsseldorf heraus, dass die Körpergröße invers mit dem Risiko für Typ-2-Diabetes assoziiert ist. Vereinfacht gesagt: Je größer ein Mensch ist, umso geringer ist sein Risiko. Sowohl bei Frauen als auch bei Männern in allen Altersgruppen nahm den Analysen zufolge die Inzidenz von Typ-2-Diabetes mit zunehmender Körpergröße ab.
- Konkret bedeutet das für jeweils zehn Zentimeter weniger:
Bei Frauen stieg das Risiko für einen neu auftretenden Typ-2-Diabetes um 15% und bei Männern um 10%.
Das Risiko für das Auftreten des Diabetes Typ 2 bei Männern im Zusammenhang mit der Körpergröße. (Fotocredit: IQVIA Disease Analyzer™)
Signifikante Zusammenhänge zwischen der Körpergröße und der Entwicklung von Typ-1-Diabetes gab es nicht. „Unsere Daten liefern deutliche Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Körpergröße von Erwachsenen und Typ-2-Diabetes“, sagt Kostev. Seiner Einschätzung nach könnten sie dazu beitragen, die Körpergröße in bestehende Instrumente zur Diabetes-Risikostratifizierung zu integrieren, um die Morbidität und Mortalität weiter zu verringern.
Körpergröße und Risiken für Herz-Kreislauf-Leiden
Die Körpergröße hängt außerdem mit dem Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen zusammen, wie die Analyse von Kostev und Team ergab. Das fällt jedoch abhängig vom Krankheitsbild unterschiedlich aus.
Kleine Frauen oder Männer hatten ein höheres Risiko für koronare Herzerkrankung (KHK), Bluthochdruck, Herzinsuffizienz und ischämischem Schlaganfall als größere Menschen.
- Konkret für KHK: Risikoreduktion von 9% bei Frauen und 13% bei Männern pro zehn Zentimeter Zunahme der Körpergröße
Bei Vorhofflimmern oder Thromboembolien hatten größere Frauen oder Männer ein höheres Risiko als die kleineren Studienteilnehmer:innen.
- Konkret: Vorhofflimmern (25% bei Frauen und Männern) sowie venösen Thromboembolien (23% bei Frauen und 24% bei Männern) pro zehn Zentimeter Zunahme der Körpergröße
Auch bezüglich der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität sieht Kostev hier Chancen, diese zu verringern, wenn die Körpergröße als ein Faktor berücksichtigt werde.
Körpergröße und Risiken für Krebserkrankungen
In Sachen Krebs scheint eine kleine Statur von Vorteil. Die Gesamtinzidenz erhöhte sich den Daten nach bei beiden Geschlechtern mit zunehmender Körpergröße.
Konkret: Die Risikoerhöhung für Krebs lag bei Frauen bei +11% pro zehn Zentimeter Zunahme der Körpergröße und bei Männern bei +6%.
Zudem stellten die Forschenden einen signifikanten Zusammenhang zwischen Körpergröße und Krebshäufigkeit für bestimmte Krebsarten fest. Beim malignen Melanom beispielsweise, das bei Frauen mit einer Risikoerhöhung von 21% auftrat sowie bei Männern mit +29%.
Trotz der deutlichen Hinweise zum positiven Zusammenhang zwischen der Körpergröße und dem Gesamtrisiko für verschiedene Krebsarten betont Kostev, dass die Forschung hier noch in den Kinderschuhen stecke. Gleichzeitig sei es schwer die klinische Relevanz dieser Ergebnisse zu beurteilen. Denn die Anzahl der Faktoren, die zu Krebs führen können, sei sehr hoch ist und zudem gebe es noch unbekannte und nicht vollständig verstandene Krebsrisikofaktoren.
Generell jedoch unterstreicht der Epidemiologe die Bedeutung von Datenstudien. In den Daten aus dem Versorgungsalltag stecke sehr viel Potenzial, um einerseits die Gesundheitsversorgung von Patienten im stationären und ambulanten Gesundheitsstrukturen weiter zu optimieren. Andererseits lasse sich Prävention neu denken und dadurch die Krankheitslast senken.
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