Was sich bei der elektronischen Patientenakte ändern muss


Deutschlands Gesundheitswesen soll digitaler werden. Ein Baustein davon ist die elektronische Patientenakte (ePA). Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) kritisiert, dass sie wenig praxistauglich ist – und liefert konkrete Verbesserungsvorschläge.

Welche Verbesserungen konkret nötig sind, haben wir als DEGAM zusammengefasst, twittert Präsident Martin Scherer. (Fotocredit: Screenshot Twitter)

„Die ePA wird zum Erfolgsmodell, wenn alle profitieren: Patient:innen, Medizin & Forschung. Für die Hausarztpraxis wird die ePA in Zeiten der zunehmenden Spezialisierung ein zentrales Tool zur Übersicht über alle Behandlungsschritte. Das Versprechen muss eingelöst werden“, bringt es Prof. Martin Scherer auf Twitter auf den Punkt. Der Allgemeinmediziner ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Denn die DEGAM bringt sich in die Debatte um die elektronische Patientenakte mit einem neuen Positionspapier ein.

„Wenig praxistauglich“ sei das derzeitige Konzept, das es seit 2021 gibt. Damit gelingt im deutschen Gesundheitswesen kein Übergang ins digitale Zeitalter. Dafür muss sich nach Ansicht der DEGAM noch einiges ändern. „Nutzerfreundlich, gut strukturiert, bestmöglicher Datenschutz und für wissenschaftliche Nutzung geeignet – so sollte die elektronische Patientenakte (ePA) konzipiert sein“, heißt es in der Pressemitteilung zum Positionspapier.

Was fehlt bei der ePA?

Seit zwei Jahren können alle gesetzlich Versicherten in Deutschland von ihrer Krankenkasse eine ePA nutzen. Derzeit nehmen dieses Angebot aber nur knapp 600.000 Versicherte und damit nicht einmal 1% aller GKV-Versicherten an. Allein die Zahlen zeigen: Es fehlen noch einige Schritte für die breite praktische Umsetzung.

Unter anderem seien das Scherer zufolge strukturierte Datenübertragungen, zum Beispiel für Übertragung von Daten in die Praxissoftware; außerdem Filter-, Sortier- und Suchmöglichkeiten sowie ein einheitlicher Startbildschirm für die wichtigsten Infos auf einen Blick.

Was die ePA braucht

Zwei Punkte unterstreicht Scherer als Notwendigkeiten: „Um unbefugte Zugriffe auf die ePA zu verhindern, braucht es bei Datenschutz und -sicherheit höchstmögliche Schutzkonzepte, klare Haftungsregeln und Sanktionen für Datenmissbrauch.“ Klar sei auch: Das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Patient:innen müsse gewahrt sein.

Außerdem brauche es rechtsverbindliche und praktikable Regeln zur wissenschaftlichen Auswertung der Daten auf der ePA. „Sonst wird es keine verlässliche Forschung mit den ePA-Daten geben“, schreibt der DEGAM-Präsident. Gleichzeitig sollte die Nutzung der ePA unbedingt wissenschaftlich begleitet werden.

Vorteile für Behandelnde und Patient:innen

Wenn die ePA mit vollständigen Daten gefüttert ist, könnte sie sowohl dem medizinischen Fachpersonal als auch den Patient:innen nützen. Von unbekannten Patient:innen im kassenärztlichen Notdienst, in der Notaufnahme oder in der Praxisvertretung ließen sich Allergien, Unverträglichkeiten, Substanzabhängigkeiten oder auch Ko-Medikation und Vorerkrankungen abfragen, bevor eine Verordnung erstellt wird.

Auch bestünde die Möglichkeit zur Überprüfung von Vorbefunden, beispielsweise ob ein Linksschenkelblock oder eine Parese schon zuvor bestanden. All das erleichtert die weitere Diagnostik und könnte für die Therapie entscheidend sein. Es ließen sich im Idealfall Zeit und Personal sparen – zum Wohle der Betroffenen.

Scherer fasst daher zusammen: „Wenn die ePA mit aktuellen, verlässlichen und umfassenden Daten gefüllt ist, ist das auch ein guter Schutz vor Über-, Unter- und Fehlversorgung. Wir brauchen solche ressourcenschonenden Konzepte, um unnötige medizinische Maßnahmen zu vermeiden.“

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