WIdO-Daten: Neuer Ausgabenrekord für Arzneimittel


Laut des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) gab es in 2022 einen „neuen Rekordwert“ bei den Arzneimitteln. Im Zehn-Jahres-Vergleich sind die Nettokosten um 88% angestiegen. 

Die Anzahl der Verordnungen hat sich in 2022 um 12,6% erhöht. (Foto von Melany @ tuinfosalud.com auf Unsplash)

 

Im letzten Jahr lagen die Nettoausgaben für Arzneimittel zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung bei 52,9 Mrd. Euro. Für das Institut ein „neuer Rekordwert“. Die Kosten für patentgeschützte Arzneimittel haben sich in diesem Zeitraum verdoppelt: Sie lagen 2022 bei 27,8 Mrd. Euro, während es 2013 13,9 Mrd. Euro waren. Bei den Arzneimittel-Ausgaben 2022 entfiel mehr als jeder zweite Euro auf patentgeschützte Arzneimittel (52,6%).

Eine Auswertung der verordneten Tagesdosen zeigt: Davon machen 6,8% die patentgeschützten Arzneimittel bei der Versorgung aus. Im Jahr 2013 lag dieser Wert bei 12,2%; er ist damit in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 30 Prozent gesunken.

Andere Ergebnisse in der kurzen Übersicht:

  • Die Anzahl der Verordnungen hat sich um 12,6% erhöht – bei einer Zunahme der GKV-Versicherten um 5,5%.
  • Ursachen des Anstiegs der Arzneimittel-Ausgaben sind neben einem generellen Anstieg der Verordnungsmenge auch die jährlich wachsenden Arzneimittelpackungs-Preise.
  • Im Jahr 2022 ist der Wert je Verordnung erneut um 0,2% gestiegen, die Anzahl der Verordnungen nahm um 4,9% im Vergleich zum Vorjahr zu.
  • Im Dezember 2022 betrug der durchschnittliche Preis für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel 1.763,32 Euro, im Vorjahresmonat waren es noch 1.260,99 Euro (+ 39,8%).
  • Patentgeschützte Arzneimittel wiesen im Dezember 2022 im Durchschnitt einen Preis von 20.631,41 Euro pro Packung auf. Dieser Wert liegt um 44,4% über dem Preis für patentgeschützte Arzneimittel des Vorjahresmonats (durchschnittlich 14.289,81 Euro).

 

Krebserkrankungen verbuchen ein Drittel der patentgeschützten Arzneimittel

Das umsatzstärkste Arzneimittel des Jahres 2022 ist Keytruda (Pembrolizumab, eingesetzt bei Krebserkrankungen) mit 1.308 Mio. Euro Nettokosten (+ 16% im Vergleich zum Vorjahr, 471 Tsd. Verordnungen), gefolgt von Eliquis (Apixaban, bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen) mit 1.257 Mio. Euro Nettokosten (+ 12%, 5,5 Mio. Verordnungen) und Xarelto (Rivaroxaban, bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen) mit 861,6 Mio. Euro Nettokosten (+ 4%, 3,1 Mio. Verordnungen). Alle drei Arzneimittel stehen unter Patenschutz.

Insgesamt wurden im Patentmarkt ca. 8,1 Mrd. Euro bei 3,2 Mio. Verordnungen für Krebserkrankungen ausgegeben. Dies ergibt einen Wert von etwa 2.500 Euro je Verordnung. Damit entfallen 15,2% aller Arzneimittelkosten auf patentgeschützte Krebstherapien, die einen Verordnungsanteil von 0,4 Prozent aller Verordnungen ausmachen. 

Patentfreie Mittel gegen Krebserkrankungen wiesen Nettokosten von 2,4 Mrd. Euro bei 5,3 Mio. Verordnungen auf. Dies ergibt einen Wert je Verordnung von ca. 450 Euro – knapp ein Fünftel des Preises der patentgeschützten Mittel gegen Krebserkrankungen. Dies ist dadurch begründet, dass nach Patentablauf die Preise der Arzneimittel aufgrund des Wettbewerbs mit den Generika-Anbietern meist stark absinken.

Helmut Schröder, WIdO-Geschäftsführer, zieht folgendes Fazit:

„Der langjährige Trend, dass patentierte Arzneimittel immer mehr kosten, jedoch gleichzeitig immer weniger zur Versorgung beitragen, hat sich auch im vergangenen Jahr fortgesetzt. Die 2011 mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz eingeführten gesetzlichen Regelungen zur frühen Nutzenbewertung und zu nachgelagerten Preisverhandlungen haben ganz offensichtlich nur begrenzten Einfluss auf die Preisgestaltung der Hersteller patentierter Arzneimittel.“

Die Pharmaverbände haben bisher nicht auf die Auswertung reagiert, sondern haben stattdessen folgendes veröffentlicht:

Für Vertragsverhandlungen für Arzneimittelstudien steht seit heute (7.11.23) eine weiterentwickelte Fassung der „Mustervertragsklauseln für klinische Prüfungen mit Arzneimitteln unter Verantwortung eines pharmazeutischen Unternehmens“ zur Verfügung. Veröffentlicht wurde sie von der Deutschen Hochschulmedizin, dem KKS-Netzwerk, den Pharmaverbänden vfa und BPI sowie dem BVMA (für die Auftragsforschungs-Unternehmen). Die Beteiligten möchten damit dazu beitragen, die Vertragsverhandlungen zur Durchführung einer klinischen Studie zu beschleunigen. Dieser gemeinsame Ansatz kann den Forschungsstandort Deutschland attraktiver machen.“

Grafik: WIdO 2023

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