AMNOG: Spätere Wirkung bei Orphan Drugs


Das IQWiG hat ausgewertet, welche Auswirkung die Privilegierung der Orphan Drugs auf die Preise der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat. 

Orphan Drugs: Mit einer positiven Bewertung ist auch eine Preissteigerung möglich. (Foto von Diana Polekhina auf Unsplash) 

 

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kommt zum Ergebnis: Die reguläre Nutzenbewertung nach Überschreiten der Umsatzgrenze im Rahmen des AMNOG-Verfahrens führt in den meisten Fällen zu einer spürbaren weiteren Preissenkung für die Versichertengemeinschaft. Aber die Hersteller profitieren vereinzelt auch von höheren Preisen, wenn IQWiG und G-BA den neuen Wirkstoff in der regulären Nutzenbewertung positiv bewerten.

Untersuchung von 23 Wirkstoffen

Die aktuelle Analyse des IQWiG bezieht sich auf insgesamt 23 Orphan-Drug-Wirkstoffe. Diese sind seit 2011 bis Mitte 2022 sowohl einer eingeschränkten Bewertung als auch regulären Nutzenbewertung unterzogen wurden. Da einige dieser Wirkstoffe für mehrere Anwendungsgebiete zugelassen sind, resultierten daraus zunächst 28 eingeschränkte Bewertungen durch den G-BA.

Ergebnisse der Untersuchung:

  • Aus den Preisverhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und Herstellern im Anschluss an diese eingeschränkten Bewertungen ergab sich hier in 27 Fällen eine Preissenkung gegenüber dem Markteintrittspreis, einmal blieb der Preis konstant.
  • Da für einige dieser Orphan Drugs nach Überschreiten der Umsatzschwelle mehrere zeitgleiche reguläre Nutzenbewertungen zu verschiedenen Anwendungsgebieten durchgeführt wurden, reduzierte sich die Zahl der möglichen Preisänderungen nach den regulären Nutzenbewertungen auf 23.
  • Hieraus ergab sich die folgende Verteilung im Rahmen der GKV-Preisverhandlungen: In 18 Fällen sank der Preis, 2-mal blieb er konstant und 3-mal stieg der Preis.
  • Die Preisreduktion im Nachgang zur eingeschränkten Orphan-Bewertung bei Marktzugang lag im Mittel bei 14,7 Prozent im Vergleich zum Einstiegspreis in den deutschen Markt.
  • Nach der regulären Nutzenbewertung konnte der GKV-Spitzenverband im Mittel einen weiteren Preisabschlag in Höhe von 12,6 Prozent aushandeln.
  • Der höchste Preisabschlag im Nachgang zur regulären Nutzenbewertung betrug 40,3 Prozent.
  • Preisaufschläge (maximal 14,2 Prozent) zeigten sich ausschließlich nach regulären Nutzenbewertungen.
  • Die Betrachtung der Jahrestherapiekosten verdeutlicht die durchschnittliche Preisabsenkung der eingeschlossenen Orphan Drugs im Zeitverlauf: Die absolute Höhe der Jahrestherapiekosten sinkt durchschnittlich um ca. 30.000 Euro nach der eingeschränkten Bewertung und nach der nachgelagerten regulären Nutzenbewertung nochmalig um ca. 12.000 Euro.

 

Für IQWiG-Leiter Thomas Kaiser zeigt sich durch die Analyse, dass „dass auch Orphan Drugs eine reguläre Nutzenbewertung durchlaufen können und sollten – und zwar alle.“ Er weist noch darauf hin, „dass Auswertungen wie diese nicht mehr möglich wären, falls die Hersteller künftig tatsächlich vertrauliche Erstattungsbeiträge bei Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen vereinbaren können, so wie es der aktuelle Referentenentwurf für das Medizinforschungsgesetz vorsieht.“

 

Hintergrund: Um die Entwicklung von Arzneimitteln gegen seltene Leiden (Orphan Drugs) trotz wirtschaftlicher Risiken zu fördern, werden diese in Deutschland bevorzugt behandelt: Neue Orphan Drugs müssen erst dann einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nachweisen, wenn sie die 30-Millionen-Euro-Jahresumsatzgrenze (bis November 2022: 50 Millionen Euro) überschreiten. Vorher gilt ihr Zusatznutzen als belegt, der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) quantifiziert dann lediglich anhand der (Zulassungs-)Unterlagen das Ausmaß des Zusatznutzens. Ist im Rahmen dieser „eingeschränkten Bewertung“ keine Einordnung in die Kategorien „gering“, „beträchtlich“ oder „erheblich“ möglich, so muss der G-BA dem Wirkstoff immer noch einen „nicht quantifizierbaren“ Zusatznutzen attestieren.

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