Im Gesundheitssystem des Jahres 2035 hat die datenbasierte Medizintechnik ein neues Level zielgerichteter und unmittelbarer Versorgung geschaffen und geholfen, Fachkräfte dort einzusetzen, wo sie am meisten gebraucht werden. Diese Vision eines datengetriebenen Versorgungskosmos 2035 ist das Ergebnis eines Projekts des BVMed-Arbeitskreises Digitalisierung. (Foto: Screenshot Website / PM—Report)
Ergebnisse der BVMed-Herbstumfrage 2024
Die Herbstumfrage des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) zeigt für 2024 eine deutliche Abschwächung des Umsatzwachstums in der Medizintechnikbranche. Erwartet wird ein Anstieg von nur noch 1,2% in Deutschland, was einen signifikanten Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 4,8% darstellt. Auf globaler Ebene wird ein Umsatzplus von 3,5% prognostiziert, was die vergleichsweise schwache Entwicklung am heimischen Markt unterstreicht.
Ein zentrales Problem für die Branche sind die drastisch gestiegenen Kosten in Deutschland, die sich negativ auf die Investitionsbereitschaft auswirken. 30% der Unternehmen senken ihre Investitionen in Deutschland, während ein Drittel Investitionen ins Ausland verlagert, hauptsächlich in die USA und die EU.
BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll betont die Herausforderungen: „Der Medizintechnik-Standort Deutschland verliert weiterhin deutlich an Attraktivität. Ein Grund sind die stark steigenden Kosten am Standort Deutschland – beispielsweise durch hohe Energiepreise und Personalkosten, aber vor allem auch durch überbordende Bürokratie und Regulatorik.“ Besonders die Anforderungen der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) belasten die Unternehmen stark. 83% der Unternehmen fordern einen Bürokratieabbau, 65% erwarten klarere Fristen und berechenbare Kosten.
Digitale Vision 2035
Der BVMed hat eine Vision für das Jahr 2035, in der digitale Medizintechnik eine zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung einnimmt. Ziel der „Vision des digitalen datenbasierten Versorgungskosmos“ ist es, Patienten auf Grundlage digital erhobener Daten gezielt in die passende Versorgungsebene zu steuern – sei es stationär, ambulant oder digital. Dorothee Stamm, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des BVMed, erklärt dazu: „Die gezielte datenbasierte Steuerung könnte einen echten Qualitätssprung bedeuten und Fachkräfte dort einsetzen, wo sie gebraucht werden.“
Dabei umfasst die Vision den gesamten Versorgungskreislauf – von Prävention über Diagnostik bis hin zu Interventionen. Beispiele wie KI-gestützte Bildanalysen, DiGA und Closed-Loop-Systeme für die Diabetesversorgung zeigen bereits heute das Potenzial solcher Technologien. Stamm betont jedoch, dass die Rahmenbedingungen für den Einsatz dieser Lösungen verbessert werden müssen. „Um die Innovationskraft der Medizintechnik-Branche zu entfalten, müssen auch das Erheben, Bewerten und Steuern von und mit Daten als Leistung im Gesundheitswesen anerkannt und finanziert werden.“
Die datenbasierte Medizintechnik könnte nicht nur die Versorgung effizienter gestalten, sondern auch Routineaufgaben automatisieren, sodass Fachkräfte sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Der BVMed sieht die Einführung eines umfassenden, datenbasierten Systems als Chance, den Gesundheitssektor auf ein neues Level zu heben. Gleichzeitig fordert er einen Dialog mit allen beteiligten Akteuren, um die erforderlichen Reformen voranzutreiben. Für Stamm ist diese Frage ausschlaggebend: „Welchen Weg wollen wir in die Zukunft des Gesundheitswesens gehen und wie kommen wir gemeinsam dorthin?“
Beispiele für Ansätze eines datenbasierten Versorgungskosmos sind u.a.:
- DiGA und DiPA – und damit ein Marktzugang für Software als Medizinprodukt, allerdings sehr eng gefasst und mit hohen Hürden;
- Closed-Loop-Systeme für Insulinversorgung mit kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) und Insulinpumpe, die jedoch nur wenige Menschen mit Diabetes erstattet bekommen;
- Robotisch assistierte Operationen mit digitaler OP-Planung sowie KI-basierter Lernplattform mit Beispieleingriffen, die einfachere Bedingungen für anonymisierte Datenflüsse benötigen;
- KI-Bildanalyse mit automatischer Detektion von Auffälligkeiten und Hinweisen zum möglichen Grund der Auffälligkeit, die die Qualität der Diagnose erhöhen, aber nicht honoriert werden;
- Test-at-home-Kits sowie mobile und sendefähige Geräte für Untersuchungen am Point-of-Care, die sich aufgrund der Vergütungslogik momentan nicht durchsetzen können.
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