Auch in 2024 kam Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (lieber) nicht persönlich zum Deutschen Apothekertag. (Foto: ABDA/Wagenzik)
Viele Apothekerstimmen lauteten, dass man durchaus selbstbewusster gegenüber der Politik, aber auch den Krankenkassen entgegentreten könne, dass man sich einfach mehr trauen solle. Schulterschluss kam von Pharma: Han Steuel, Vorstandsvorsitzender des vfa, stellte die Frage:
„Sieht die Regierung Apotheken nur als Orte, an denen Medikamente ausgegeben werden? Oder erkennt sie, dass Sie mehr sind? Sie sind die Grundpfeiler der präventiven Gesundheitsversorgung, Berater und Unterstützer in unserer Gemeinschaft. In einer Zeit des Wandels bieten Sie Stabilität. Und das ist von unschätzbarem Wert.“
Auch Oliver Kirst, BPI-Vorsitzender, betonte in einem Grußwort bei der Eröffnung, dass „die gute Zusammenarbeit zwischen Apothekerinnen und Apothekern und der pharmazeutischen Industrie das beste Beispiel für eine erfolgreiche Kooperation in der Gesundheitsversorgung ist.“ Der Verband lud zu einer Diskussionsrunde ein, wie die Rolle der Apotheken in Deutschland gestärkt werden kann.
Mit dem Fazit: „Wir brauchen starke Apotheken, eine gute Beratung und wir wollen als pharmazeutische Industrie, dass unsere Arzneimittel auch weiterhin in guten Händen sind – angefangen beim Transport der sensiblen Produkte in die Apotheke bis hin zur Schnittstelle zum Patienten, also den Apothekerinnen und Apothekern. Nur durch eine gute Zusammenarbeit aller kann erfolgreiche Versorgung gelingen,“ resümierte BPI-Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen.
Resolution „Mehr Apotheke wagen“
Hat der DAT deswegen die Resolution mit dem Titel „Mehr Apotheke wagen“ verabschiedet. Zumindest kommt kein Fragezeichen dahinter, sondern der Atmosphäre auf dem DAT zu urteilen, eher ein oder sogar zwei Ausrufezeichen. Denn im Grußwort betonte Lauterbach, dass er an seinem Apothekenreformgesetz mit „Apotheken ohne Apotheker“ festhalten möchte.
Die Reaktion darauf:
„Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die Bundesregierung auf, das von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach vorgelegte Apothekenreformgesetz abzulehnen. Stattdessen brauchen die Patientinnen und Patienten eine Reform, die die wohnortnahe, sichere Arzneimittelversorgung durch die heilberuflich geführten Apotheken vor Ort nachhaltig stärkt und zukunftsfähig macht.
Die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gefährden die bewährte Versorgung der Bevölkerung massiv. Sie führen zur faktischen Abschaffung der Apothekerinnen und Apotheker in den Apotheken vor Ort und damit zu einem erheblichen Qualitätsverlust in der Patientenversorgung.
Ohne das Fachwissen und die unabhängige Beratung durch Apothekerinnen und Apotheker ist eine sichere und verlässliche Versorgung der Menschen nicht mehr gewährleistet. Für die Patientinnen und Patienten entstehen zudem Leistungskürzungen, weil viele Leistungen der voll versorgenden Apotheken ohne anwesende Apothekerinnen und Apotheker nicht mehr erbracht werden können.
Die Apotheke vor Ort als niedrigschwellige und heilberuflich geführte Einrichtung würde zu einer reinen Abgabestelle degradiert. Dieser Rückschritt wäre verheerend für die Gesundheitsversorgung in Deutschland. Statt Apotheken zu schwächen, müssen ihre Kompetenzen gestärkt und ausgebaut werden.
Zudem fordern die Hauptversammlung die Bundesregierung auf, umgehend finanzielle Soforthilfen für Apotheken bereitzustellen, um die akute Schließungswelle zu stoppen.“
Andere Beschlüsse:
- Lieferengpässe: Mehr Handlungsspielraum für Apotheken
Einstimmig ohne Enthaltung wurde ein Antrag des Apothekerverbandes Nordrhein unterstützt, in dem der Gesetzgeber aufgefordert wird, „die öffentlichen Apotheken so zu stärken, dass eine schnellere und effizientere Versorgung von Patientinnen und Patienten gewährleistet wird und so Therapieverzögerungen vermieden werden.“ Um die verordnenden Ärztinnen und Ärzte von bürokratischem und zeitlichem Aufwand zu entlasteten, sollten die „Apothekerinnen und Apothekern mehr Handlungsspielraum beim Austausch von verordneten Arzneimitteln bekommen.“
- Prävention interprofessionell verantworten
Damit die gesundheitliche Prävention den Menschen zugutekommen kann, sollten Apothekerinnen und Apotheker eng mit Ärztinnen und Ärzten kooperieren. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening befürwortete, dass die Aufgaben der Apotheken in der Prävention zu pharmazeutischen Dienstleistungen werden, die von den Krankenkassen vergütet werden.
Der Kardiologe Prof. Dr. Heribert Schunkert, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung e.V., informierte darüber, warum die interprofessionelle Zusammenarbeit in der Prävention und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinnvoll ist. Vor allem die Senkung erhöhter Cholesterinwerte und die Tabakentwöhnung bei Rauchern hätten das Potenzial, die Lebenserwartung noch weiter zu steigern.
Der niedergelassene Allgemeinmediziner Prof. Dr. Jörg Schelling sprach sich ebenfalls für die Zusammenarbeit in der Prävention aus. Prävention sei ein langer und herausfordernder Weg, der persönliche Ansprache brauche. Das Zusammenführen der verschiedenen Risikofaktoren und die Steuerung der Therapie verortete Schelling beim Hausarzt oder der Hausärztin.
Positionspapier: Künstliche Intelligenz
Gleich im Anschluss an den DAT hat die ABDA ein Positionspapier „Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Pharmazie“ vorgelegt.
Denn „Künstliche Intelligenz kann Apotheken bei der Beurteilung komplexer heilberuflicher Sachverhalte unterstützen... Die Rolle der KI sollte darin bestehen, Empfehlungen zu geben und Informationen bereitzustellen, welche die Apothekerinnen und Apotheker in die fachliche Bewertung einbeziehen können. Das persönliche Vertrauensverhältnis von Mensch zu Mensch in der Apotheke ist jedoch die Essenz des Heilberufs und kann nicht durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden“, betont Anke Rüdinger, Leiterin des „Digital Hub“ der ABDA und Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), und schränkt aber auch gleich die Ausmaße von KI ein.
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