Digitalisierung des Gesundheitswesens: Mehr Tempo


Laut Bitkom halten 89% die Digitalisierung im Gesundheitswesen grundsätzlich für richtig und 71% wünschen sich mehr Tempo.

Bitkom-Vizepräsidentin Raab findet: „Die jahrelange Stagnation im Gesundheitswesen ist überwunden. Wenn Deutschland die Potenziale der Digitalisierung noch besser nutzt, kann unser Gesundheitssystem trotz aller Herausforderungen leistungsfähig und bezahlbar bleiben.“ (Foto von Bermix Studio auf Unsplash) 

Allgemeine Ergebnisse

Einer repräsentativen Befragung unter 1.140 Personen in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom zeigt auch noch: 83% finden, dass ihre Ärzt:innen dem Thema Digitalisierung insgesamt aufgeschlossen gegenüberstehen. 98% kennen das E-Rezept. 95% können mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) etwas anfangen sowie 93% mit der elektronischen Patientenakte (ePA). 90% wissen über die Video-Sprechstunde Bescheid. 71%  haben von Gesundheits-Apps auf Rezept, den DiGA, gehört. Und 51% wissen, dass es einen elektronischen Medikationsplan gibt.

Doch das ist nur eine Seite der Medaille: Fast jeder und jede Zweite (48%) fühlt sich von der Digitalisierung im Gesundheitswesen auch überfordert. 53% der über 50-Jährigen haben mit Blick auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens ein solches Gefühl und 42% der Menschen zwischen 16 und 49 Jahren.

Für Bitkom-Vizepräsidentin Christina Raab bedeutet das deswegen: „… Ob elektronische Patientenakte, E-Rezept oder KI in der Medizin: Wir müssen die Kompetenzen zum Umgang mit digitalen Gesundheitstechnologien und -Anwendungen stärken.“

Andere Ergebnisse in der Übersicht:

  • Gesundheits-Apps auf dem Smartphone

69% nutzen aktuell mindestens eine Gesundheits-App. Besonders beliebt sind dabei Anwendungen aus dem Bereich Sport und Bewegung: 45% tracken ihre Schritte mit einer Schrittzähler-App, 39% nutzen Sport-Apps, die etwa Laufen, Radfahren oder Schwimmen aufzeichnen. 37% nutzen Sport-Apps mit Fitnessübungen und 17% Apps mit speziellen, beispielsweise physiotherapeutischen Übungen.

Ein Viertel der Smartphone-Nutzerinnen und -Nutzer verwendet Apps zum Thema psychische Gesundheit, etwa Achtsamkeits- oder Anti-Stress-Apps. 23% tracken Gewicht und Ernährung per App und 17% messen Körper- und Vitaldaten, beispielsweise die Herzfrequenz oder das Schlafverhalten.

  • Elektronische Patientenakte (ePA)

In der ePA sollen u.a. medizinische Daten, Befunde und Untersuchungsergebnisse gespeichert werden, sodass diese für den bzw. die jeweils betroffene Patientin bzw. Patienten jederzeit einsehbar sind und auf Wunsch auch mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten geteilt werden können.

Zwar gibt es die ePA bereits seit Januar 2021, der Durchbruch bei der tatsächlichen Nutzung wird allerdings erst für 2025 erwartet. Ab dann gilt das politisch bereits beschlossene sogenannte „Opt-out“: Alle Versicherten erhalten automatisch eine elektronische Patientenakte – es sei denn, sie widersprechen aktiv.

Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nutzt bisherl rund 1% der Versicherten eine elektronische Patientenakte. 71% wollen dies laut Bitkom-Studie künftig tun. 26% schließen die Nutzung eher (18%) bzw. in jedem Fall (8%) aus. Zum Vergleich: In 2023 waren es noch 37% der Befragten, die die ePA ablehnten.

Wer die ePA schon nutzt oder künftig nutzen will, sieht den Vorteil, dass sich die eigenen Gesundheitsdaten, Befunde, Diagnosen und weiteres auf diese Weise unmittelbar mit allen behandelnden Ärztinnen und Ärzten teilen lassen (89%). 77% versprechen sich mehr Sicherheit, etwa durch hinterlegte Arzneimittel-Verschreibungen, um Wechselwirkungen zu vermeiden. 74% sehen darin die Möglichkeit, selbst jederzeit auf ihre Gesundheitsdaten und ihre Krankengeschichte zuzugreifen und 53% sich mithilfe der ePA aktiver um ihre Gesundheit kümmern. 46% wollen eigene Daten beispielsweise aus einer Sportuhr oder Smartwatch in die ePA hochladen.

Wer die elektronische Patientenakte ablehnt, tut dies vor allem aus Sorge um die eigenen Gesundheitsdaten und fürchtet, diese könnten in falsche Hände geraten (59%). Die Hälfte fühlt sich über die ePA nicht ausreichend informiert und 41% erscheint sie insgesamt zu kompliziert.

61% aller Befragten möchten aber besser über die ePA informiert werden. „Jetzt kommt es darauf an, den Patienten und Patientinnen die Vorteile der ePA verständlich zu erklären, um Vorbehalte und Sorgen abzubauen. Hier müssen alle Beteiligten mitwirken und für Informiertheit und Transparenz sorgen“, betont Raab.

  • E-Rezept

Gesetzlich Versicherte erhalten verschreibungspflichtige Arzneimittel nur noch per E-Rezept und können dieses mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte, per App oder mittels Ausdruck einlösen. 54% stecken am liebsten ihre Gesundheitskarte in der Apotheke ein, 20% bevorzugen die E-Rezept-App auf ihrem Smartphone oder Tablet und 8% wollen das E-Rezept am liebsten gleich in einer Online-Apotheke einlösen. 14% bevorzugen den Ausdruck auf Papier, vor einem Jahr waren es noch 24%. 

  • Video-Sprechstunde

27% haben bereits einmal oder mehrfach per Video-Sprechstunde mit einer Ärztin bzw. einem Arzt oder einer Therapeutin bzw. einem Therapeuten kommuniziert. 2023 waren es 22% und 2022 15%. 84% der Nutzerinnen und Nutzer berichten, dass die Video-Sprechstunden reibungslos verlaufen sind. 81% waren zufrieden, weil der Arzt oder die Ärztin sich ausreichend Zeit für sie genommen haben. 

 

Grafik: Bitkom

Raab findet, dass „es ... wichtig ist, dass die Koordinierung der einzelnen digitalen Maßnahmen und die Stärkung der Interoperabilität zentral durch die geplante Digitalagentur für Gesundheit gesteuert werden. Die Weiterentwicklung der Gematik ist im Kern richtig. Kritisch bewertet Bitkom allerdings die im aktuellen Gesetzentwurf festgehaltene Absicht, dass die Gematik selbst bestimmte Anwendungen entwickelt oder ausschreiben soll. Digitale Lösungen müssen im Wettbewerb entstehen und entwickelt werden, der Wettbewerb ist der beste Treiber von Innovationen zum Wohle der Patientinnen und Patienten.“ 

Die geplante Apothekenreform sieht Bitkom als große Chance zur Stärkung der Digitalisierung im Gesundheitssystem. Im Entwurf führt das BMG erstmalig den rechtlichen Begriff der Tele-Pharmazie ein. Insbesondere in Zeiten einer sinkenden Apothekendichte und in ländlichen Regionen könnte somit eine Versorgungslücke geschlossen werden. Auch im geplanten „Gesundes-Herz-Gesetz“ sollte die Tele-Pharmazie aus Bitkom-Sicht ausdrücklich berücksichtigt werden. Die geplante Ausweitung von pharmazeutischen Dienstleistungen zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, speziell solche, die reine Beratungsservices beinhalten, erfordern nicht zwangsläufig die physische Anwesenheit der Patientinnen und Patienten. 

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