Das E-Rezept wird nicht mehr nur angekündigt, sondern ist seit dem 1. Januar 2024 da. (Foto: ABDA)
Wie ist das E-Rezept gestartet?
Laut der änd-Umfrage kam es teilweise zu langen Diskussionen mit den Patient:innen und technischen Pannen. Nur rund ein Viertel der Praxen hatten keine technischen Probleme. 42% sprechen von kleineren technischen Schwierigkeiten, 32% hatten gar mit großen Problemen zu kämpfen.
Die Ursachen dafür sind unterschiedlich: Oft wurden die Probleme bei der Telematikinfrastruktur verortet (50%). Probleme gab es aber auch mit der eigenen Praxissoftware (29%). 21% der Ärztinnen und Ärzte hatten verschiedenste andere Probleme mit den eigenen Systemen (z. B. Fehler bei Kartenlesegeräten, Schwierigkeiten durch Bedienfehler).
Uninformiertheit der Patient:innen
Die Umfrage zeigt, dass der Erklärungsbedarf in den Praxen in der ersten Januarwoche groß war: 53% mussten feststellen, dass extrem viele Patientinnen und Patienten in ihrer Praxis nicht über die Umstellung informiert gewesen sind - und das Praxisteam viel Zeit für Erklärungen investieren musste.
Von einer Mischung aus informierten und unaufgeklärten Patienten berichteten 39%. Dass die Mehrheit über die Umstellung auf das E-Rezept informiert gewesen sei, gaben 8% der Ärztinnen und Ärzte an.
So lautet das Fazit eines befragten Arztes im Rahmen der Umfrage: „Es fehlt an einer Aufklärung der Bevölkerung durch die Kassen und das BMG im Vorwege.“
Immer noch Rezept auf Papier gewünscht
27% informierten darüber, dass die Mehrheit der Patientinnen und Patienten nach der Verschreibung um einen Papierausdruck gebeten habe. 15% sagten, dass sich Papierausdrucke und die alternativen Ausgabemöglichkeiten die Waage gehalten hätten. 58% mussten hingegen nur selten den Drucker bemühen.
Probleme bei der Medikamentenausgabe in den Apotheken gaben 44% der Befragten an.
Die Einschätzung der gematik
Die gematik sieht es etwas anders und verkündete am 10.1., dass „das E-Rezept in der Regelversorgung angekommen ist ... In den ersten Januartagen wurden bereits 7 Millionen E-Rezepte erfolgreich eingelöst, die Gesamtzahl liegt derzeit bei 25,7 Millionen (Stand: 10.01.2024).“
Die Behörde nimmt an, dass diese Zahl in den kommenden Tagen noch ansteigen wird. Weil: „In den ersten beiden Tagen der neuen Woche (08.01./09.01.2024) wurden jeweils fast 2,5 Millionen E-Rezepte ausgestellt. Erfahrungsgemäß spiegeln sich die Zahlen der ausgestellten E-Rezepte in den darauffolgenden Tagen bei der Anzahl an eingelösten E-Rezepten wider. Darüber hinaus hat bundesweit fast jede Apotheke E-Rezepte in den ersten Januartagen verarbeitet. Seit Jahresstart haben zudem 73.000 medizinische Einrichtungen mindestens ein E-Rezept ausgestellt (Stand: 10.01.2024).“
Das Einlösen von E-Rezepten mittels der Gesundheitskarte ist aktuell der meist genutzte Weg, gefolgt vom Ausdruck und der E-Rezept-App. Die App ist bisher mehr als 1 Million Mal heruntergeladen worden.
Die Gesundbergs: So einfach ist das E-Rezept mit DocMorris
So wirbt DocMorris mit einem Spot für das E-Rezept.
Gezeigt werden soll, „wie unkompliziert es ist, ein E-Rezept einzulösen oder rezeptfreie Produkte (OTC) bei DocMorris zu bestellen.“ Der ausgedruckte E-Rezept-Token kann mit der DocMorris-App gescannt werden.
Marie Pietzcker, Director Brand and Content Marketing bei DocMorris, ist davon überzeugt, dass Digitalisierung zunehmend zum „entscheidenden Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb“ wird. Denn „die Digitalisierung im Gesundheitswesen kann das Leben bereichern und vereinfachen“, betont die Versandapotheke in einer Pressemitteilung.
Für die Deutsche Apotheker Zeitung ist die Ähnlichkeit zum ABDA-Video zur Aufklärung beim E-Rezept ziemlich auffällig.
DAV: Retaxfreiheit für E-Rezepte bis Ende 2024
Zwei Allgemeine Ortskrankenkassen (AOKn) haben darauf verzichtet, E-Rezepte, bei denen die Berufsbezeichnung fehlt oder unkorrekt angegeben ist, zu retaxieren, den Apotheken also die Vergütung dafür zu streichen.
Anke Rüdinger, Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), fände es „sehr hilfreich, wenn sich das gesamte Krankenkassenlager dem anschließt und in der Startphase des E-Rezeptes gänzlich auf Retaxationen verzichtet. Eine solche Friedenspflicht sollte mindestens bis Ende 2024 andauern und verlängert werden, wenn sich die Fehleranzahl bis zum Ende des Jahres nicht deutlich verringert hat.“
Zwar ist „der Anteil der E-Rezepte, die auf dem Verordnungsweg oder im Abgabeprozess komplett hängenbleiben, minimal. Trotzdem gibt es noch zu oft Schwierigkeiten, die die Arbeit der Apothekenteams in Zeiten der Lieferengpass-Krise zusätzlich erschweren und die Versorgung der Patientinnen und Patienten verlangsamen“, erklärt Rüdinger.
Probleme entstehen u.a. dadurch, wenn bei der Signatur der Verordnungen beispielsweise die sogenannte Stapelsignatur verwendet wird, dann können die E-Rezepte teils erst mehrere Stunden nach dem Arztbesuch in der Apotheke abgerufen werden. Oder bei der Eintragung der ärztlichen Berufsbezeichnung kann es häufig zu Fehlern in den Datensätzen der Verordnungen kommen, die gegebenenfalls eine Neuausstellung erforderlich machen.
„Bei digitalen Neuerungen im Gesundheitssystem müssen alle Menschen mitgenommen werden.“
Das ist die Forderung des Sozialverbands VdK. Denn „vier Wochen nach der verpflichtenden Einführung des E-Rezepts berichten uns viele Mitglieder von Problemen. Besonders ältere Menschen verstehen die komplexe Anmeldung in der App nicht und scheitern daher an der Authentifizierung. Andere beschweren sich über Praxen, die sich weigern, das E-Rezept auszudrucken, obwohl sie dazu verpflichtet sind. Andere Patientinnen und Patienten haben das Gefühl, übergangen zu werden. Sie können durch das E-Rezept nicht mehr einsehen, was ihnen verschrieben worden ist“, berichtet VdK-Präsidentin Verena Bentele.
Sie ermahnt „außerdem Praxen und Apotheken, alle Wege der Rezeptausstellung und -einlösung anzubieten: elektronisch auf der Gesundheitskarte, in der App und als Ausdruck. Gerade im Gesundheitssystem müssen bei Neuerungen alle Menschen mitgenommen werden. Wir erwarten daher bei allen Digitalisierungsschritten, die jetzt und in Zukunft anstehen, dass Barrierefreiheit mitgedacht wird – so zum Beispiel auch bei der elektronischen Patientenakte, die 2025 kommen soll.“
An der änd-Umfrage vom 3. bis zum 4. Januar 2024 beteiligten sich insgesamt 913 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte aus dem gesamten Bundesgebiet.
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