Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wird „mit dem Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz wird die Aufholjagd in der Digitalisierung fortgesetzt.“ (Foto von Indira Tjokorda auf Unsplash)
So ist Lauterbach davon überzeugt, dass durch Gesetze „die Runderneuerung des Gesundheitssystems“ fortgeführt wird. Nicht jeder ist so begeistert wie er. Kritisch wird gesehen, dass die beteiligten Vertragsärzte bei der Reform der Notfallversorgung personell überfordert werden können. Von den Kassen hagelte es Unmut, da sie befürchten, dass die Beitragszahler zunehmend belastet werden.
Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, meint: „Für das Erfüllen neuer Aufgaben braucht es bekanntlich Geld – entsprechende Kostensteigerungen sind im bisherigen Gesetzentwurf aber in keiner Weise berücksichtigt. Fest steht: Die - steigenden - Ausgaben der neuen Digitalagentur werden weiterhin zu 93 Prozent von den Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung aufgebracht werden müssen ... Angesichts der geplanten Regelung, dass das Bundesgesundheitsministerium zukünftig weitere neue Aufgaben jederzeit per Rechtsverordnung an die Digitalagentur Gesundheit übertragen können soll, verschärft sich diese Problematik noch.“
Und sie fordert, die unfaire Finanzierung zu beenden:
„Das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz reiht sich insofern ein in eine Vielzahl von Gesetzesplänen der letzten Zeit, mit denen die Beitragszahlenden der GKV einseitig belastet werden. Das ist zum einen vor dem Hintergrund einer immer dringlicher werdenden nachhaltigen Finanzierungsreform der GKV nicht nachvollziehbar. Zum anderen ist die Digitalisierung des Gesundheitswesens eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und müsste als solche aus Steuermitteln finanziert werden. Sollte der Gesetzgeber weiterhin an dieser unfairen Finanzierung festhalten, fordern wir, dass bei allen kostenrelevanten Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung der Digitalagentur Gesundheit zumindest mit der GKV das Einvernehmen hergestellt werden muss.“
Die Reformvorhaben kurz in der Übersicht:
- Reform der Notfallversorgung
Ziel ist es, Hilfesuchende im Akut- und Notfall schneller in die passende Behandlung zu vermitteln und Notfalleinrichtungen effizienter zu nutzen. Die „Akutleitstellen“ werden etabliert, in denen Ärztinnen und Ärzte telefonisch oder per Video beraten, sowie Integrierte Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern, in denen Notdienstpraxen und Notaufnahmen eng zusammenarbeiten und künftig auch mit niedergelassenen Praxen kooperieren.
- Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG)
Die gematik wird zur Digitalagentur ausgebaut und so soll ihre Handlungsfähigkeit angesichts der Herausforderungen der digitalen Transformationen im Gesundheitswesen und in der Pflege gestärkt werden. Sie wird die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Zukunft effektiver steuern.
Bitkom und bvitg befürchten, dass das Gesetz in seiner aktuellen Ausgestaltung „gravierende wirtschaftliche und technische Folgen für diejenigen Akteure des Gesundheitswesens hat … Eine überbordende Regulation schafft keine (dringend notwendigen) Innovationen.“
Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder sagt ganz deutlich: „… Was wir aber nicht brauchen, ist eine gematik, die selbst bestimmte Anwendungen entwickelt oder ausschreibt. Digitale Lösungen müssen im Wettbewerb entstehen und entwickelt werden, der Wettbewerb ist der beste Treiber von Innovationen zum Wohle der Patientinnen und Patienten.“
- Lebendorganspende-Reform
Nierenspenden sollen künftig auch zwischen zwei unterschiedlichen Paaren überkreuz möglich sein. Das ist Ziel des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende. Damit wird ermöglicht, dass die Niere einer Spenderin/eines Spenders nicht nur an den Partner/die Partnerin gehen kann, sondern an eine Empfängerin/einen Empfänger eines zweiten Paares, das seinerseits eine Niere spendet (Überkreuzlebendspende). Gleichzeitig sichert das Gesetz verstärkten Schutz für die Spenderinnen und Spender, die eine bessere Aufklärung sowie medizinische und psychosoziale Unterstützung erhalten sollen.
- Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit
Mit diesem Gesetzentwurf sollen die Rahmenbedingungen für die Errichtung eines Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) geschaffen werden. Das neue Bundesinstitut wird als selbstständige Bundesoberbehörde zum 1. Januar 2025 seine Arbeit aufnehmen und die Aufgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und in Teilen des Robert Koch-Instituts (RKI) übernehmen.
Was ist mit der Apothekenreform?
Die Apothekenreform hat es nicht auf den Plan der Kabinettssitzung geschafft. Denn ein neuer Entwurf ist bekannt geworden und die Reform wird voraussichtlich auf einen späteren Zeitpunkt vertagt.
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