GKV: Erhebliches Defizit


Das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen beläuft sich auf 776 Mio. Euro, in den ersten drei Monaten. Für Lauterbach eine ernstzunehmende Entwicklung.

Das Fazit von Lauterbach: „Die Krankenkassen haben im 1. Quartal ein erhebliches Defizit ausgewiesen, weil die Ausgabenentwicklung deutlich an Dynamik gewonnen hat.“ (Foto von StellrWeb auf Unsplash)

 

Auch „wenn die Finanzdaten für das erste Quartal mit Blick auf die Gesamtjahresentwicklung noch mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten sind.“ 

Dennoch findet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, dass „es nun umso wichtiger ist, dass wir die vielen effizienzsteigernden Strukturreformen im Gesundheitswesen, die wir begonnen haben, weiter zügig voranbringen: Erneut steigen die Kosten im Krankenhaussektor sehr stark. Mit Überkapazität und 30 Prozent Bettenleerstand zeigt sich erneut die Notwendigkeit der Krankenhausreform. Auch die Notfallreform sowie das Gesunde-Herz-Gesetz werden Kosten senken. Diese und weitere Reformen sind zentrale Bausteine, um die GKV-Finanzen mittel- bis langfristig zu stabilisieren, indem wir die Versorgung effizienter gestalten, die Versorgungsqualität erhöhen und unnötige Ausgaben vermeiden.“

Die Entwicklung in der Übersicht

  • Allgemein
  1. Anzahl der Kassen: 95
  2. Die Finanzreserven der Krankenkassen betrugen zum Quartalsende rund 7,6 Mrd. Euro.
  3. Dies entspricht 0,3 Monatsausgaben und somit dem Eineinhalbfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve in Höhe von 0,2 Monatsausgaben.
  4. Den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 79,5 Mrd. Euro standen Ausgaben in Höhe von 80,2 Mrd. Euro gegenüber.
  5. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,3% einen Zuwachs von 7,0%.
  6. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz entsprach Ende März mit 1,7% genau dem Wert des Ende Oktober 2023 für das Jahr 2024 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes.

 

  • Arzneimittel
  1. Die Aufwendungen für die Versorgung mit Arzneimitteln stiegen dynamisch um 9,1% bzw. 1,12 Mrd. Euro im 1. Quartal an.
  2. Hierbei ist zu beachten, dass die Entwicklung in besonderem Maße vom Auslaufen des in 2023 einmalig erhöhten gesetzlichen Herstellerabschlags von 7 auf 12 Prozent durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz geprägt ist.
  3. Im 1. Quartal 2024 sanken die zugunsten der GKV gewährten Rabatte um rund 250 Mio. Euro.
  4. Unter Herausrechnung des Rabatteffekts stiegen die Ausgaben für Arzneimittel im 1. Quartal um rund 875 Mio. Euro – das entspricht einem Anstieg von rund 7%.
  5. Dynamisch entwickeln sich auch die Aufwendungen für Arzneimittel im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung, die einen Zuwachs von rund 221 Mio. Euro (entspricht +54 Prozent) gegenüber dem Wert des Vorjahresquartals aufweisen.

 

  • Gesundheitsfonds
  1. Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 15. Januar 2024 über eine Liquiditätsreserve von rund 9,4 Mrd. Euro verfügte, verzeichnete im 1. Quartal 2024 ein Defizit von 4,5 Mrd. Euro.
  2. Der größere Teil dieses Defizits ist saisonüblich: So fließen die Ausgaben des Gesundheitsfonds als monatliche Zuweisungen in konstanter Höhe an die Krankenkassen, während die Einnahmen unterjährig erheblich schwanken und insbesondere im 4. Quartal aufgrund der Verbeitragung von Jahressonderzahlungen wie dem Weihnachtsgeld höher ausfallen.
  3. Ein Teil des Defizits resultiert bereits daraus, dass im Jahr 2024 insgesamt 3,1 Mrd. Euro aus der Liquiditätsreserve an die Krankenkassen ausgeschüttet werden, um die Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen zu stabilisieren.

 

  • Ambulant-ärztliche Leistungen
  1. Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen sind im 1. Quartal um 4,7% bzw. 558 Mio. Euro gestiegen.
  2. Dabei entwickeln sich die Aufwendungen für ambulante Operationen mit einem Wachstum von rund 10% bzw. 61 Millionen Euro dynamischer als der Gesamtbereich.
  3. Auch die Aufwendungen für extrabudgetäre psychotherapeutische Leistungen stiegen überdurchschnittlich (+7,7% bzw. +66 Mio. Euro).

 

  • Krankenhausbehandlungen
  1. Die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen sind im 1. Quartal um 8,5% bzw. 1,94 Mrd. Euro gestiegen und „stellen damit einen maßgeblichen Treiber der hohen Ausgabendynamik dar“, urteilt das BMG.
  2. Neben einer sehr dynamischen Preiskomponente (die sich aus dem Orientierungswert für die Kosten der Krankenhäuser und der Grundlohnrate ergebenden Veränderungswerte für DRG und PEPP betragen für 2024 mehr als 5%) und steigenden Fallzahlen sind insbesondere die Pflegepersonalkosten im 1. Quartal mit rund 10,5% bzw. 510 Mio. Euro erneut äußerst dynamisch gestiegen.
  3. Mit Blick auf die gewünschte Ambulantisierung ist anzumerken, dass die Aufwendungen für ambulante Operationen im Krankenhaus kräftig um rund 50% (+89 Mio. Euro) gegenüber dem Vorjahresquartal gestiegen sind. 

 

Das BMG weist darauf hin, dass „bei der Interpretation der Daten des 1. Quartals grundsätzlich zu berücksichtigen ist, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen, insbesondere bei Ärzten und Zahnärzten, von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten häufig noch nicht oder nur teilweise vorliegen. Daher sind die Rechnungsergebnisse des 1. Quartals noch mit Vorsicht zu interpretieren.“

Die Finanzergebnisse für das 1. Halbjahr 2024 werden Ende August erwartet.

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