KI in der personalisierten Krebsmedizin


Durch KI-Anwendungen lassen sich maßgeschneiderte Therapien noch zielgerichteter anpassen. Es braucht dafür aber agilere Zulassungsprozesse.

KI ermöglicht eine Verbesserung bei personalisierten Krebstherapien, aber die Zulassungsprozesse müssen dafür agiler und angepasst werden. (Foto von Chase Kinney auf Unsplash)

Neue mögliche Anwendungen

Die Anwendung von KI in der Präzisionsonkologie beschränkte sich bisher vor allem auf die Entwicklung von neuen Arzneimitteln und hatte nur geringen Einfluss auf die Personalisierung von Therapien. 

Neue KI-Ansätze kommen jetzt verstärkt bei der Planung und Durchführung von personalisierten Arzneimittel- und Zelltherapien zum Einsatz. So können Therapien auf die individuellen Bedürfnisse von Erkrankten angepasst werden – etwa um Wirksamkeit und Dosierung zu verbessern, Toxizität zu verringern, Kombinationstherapien zu entwickeln und präklinische Zelltherapien sogar hinsichtlich ihrer molekularen Eigenschaften zu personalisieren.

Die KI-gestützte Gesundheitsversorgung kann Ärztinnen und Ärzte z. B. bei der Entscheidungsfindung und der Therapieplanung sowie in der frühzeitigen Präzisionsdiagnostik verschiedener Tumorerkrankungen unterstützen. 

Weitere Einsatzmöglichkeiten betreffen das Design neuartiger, personalisierter Medizinprodukte, therapiebegleitende Apps für Erkrankte und die Verwendung sogenannter „Digitaler Zwillinge“. Letztere nutzen Patientendaten nahezu in Echtzeit, um mittels Simulation und Modellierung genauere Diagnosen zu ermöglichen und die Behandlung an die individuellen Gegebenheiten anzupassen. 

Die Zulassung solcher Produkte ist komplex, da sie Technologien kombinieren, die unterschiedlichen Rechtsrahmen und Aufsichtsbehörden unterliegen und so neuartig sind, dass sie in der aktuellen Gesetzgebung noch nicht ausreichend behandelt werden. Die gegenwärtigen Zulassungsbedingungen werden deswegen eine rasche klinische Anwendung erst einmal erschweren.


Agilere Zulassungsprozesse 


„Die derzeitigen Vorgaben sind de facto ein Hindernis für KI-basierte personalisierte Medizin. Um dieses Problem zu lösen, ist ein grundlegender Wandel erforderlich“, betont Stephen Gilbert, Professor für Medical Device Regulatory Science am Else Kröner Fresenius Zentrum für Digitale Gesundheit an der TU Dresden und dem Dresdner Universitätsklinikum Carl Gustav Carus. 

Er und andere Forscher:innen schlagen deswegen u.a. vor, die Nutzen-Risiko-Abwägung bei hochgradig personalisierten Behandlungsansätzen zu überdenken. Für bestimmte Entscheidungshilfen für Ärztinnen und Ärzten mit geringem Risiko könnten bereits in den USA etablierte Lösungen auch in der EU Anwendung finden. 

Zudem können bereits auf dem Markt befindliche digitale Anwendungen im Hinblick auf ihre Sicherheit flexibler angepasst und hierfür geeignete Testplattformen für die Kontrolle etabliert werden. Durch mehrschichtige Ansätze ließe sich der Aufwand für die Aufsicht besser verteilen und die Bewertung für die Patientensicherheit relevanter machen.

 

In der veröffentlichten Publikation im Nature Portfolio Journal „npj Precision Oncology“ geben Forschende aus Dresden, Leipzig, Marburg und Paris einen Überblick über mögliche Anwendungen von Künstlicher Intelligenz in der personalisierten Krebsmedizin und die damit verbundenen regulatorischen Herausforderungen. 

An der Veröffentlichung waren Mitarbeitende der folgenden Institutionen beteiligt: EKFZ für Digitale Gesundheit an der TU Dresden, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Center for Scalable Data Analytics and Artificial Intelligence Dresden/Leipzig, Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI (Leipzig), Institut für Klinische Immunologie am Universitätsklinikum Leipzig, Universitätsklinikum Marburg sowie die Universität Paris-Saclay (Paris/Frankreich) und das Life Science Beratungsunternehmen ProductLifeGroup.

Originalpublikation:

Bouchra Derraz, Gabriele Breda, Christoph Kaempf, Franziska Baenke, Fabienne Cotte, Kristin Reiche, Ulrike Köhl, Jakob Nikolas Kather, Deborah Eskenazy, Stephen Gilbert: New regulatory thinking is needed for AI-based personalised drug and cell therapies in precision oncology, npj Precision Oncology, 2024.

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