KI-Technologien für effizientere Abläufe und eine bessere Versorgung


Künstliche Intelligenz (KI) kann die organisatorischen Arbeitsabläufe in Krankenhäusern und Arztpraxen verbessern und so Gesundheitsfachkräfte entlasten. In welchen Bereichen liegt Potenzial?

Durch den Einsatz von KI-Technologien soll Zeit geschaffen werden: Damit mehr Zeit für die persönliche Versorgung von Patient:innen da ist. (Foto von JESHOOTS.COM auf Unsplash)

 

Die Autorinnen und Autoren der Arbeitsgruppe Gesundheit, Medizintechnik, Pflege der Plattform Lernende Systeme gehen in einem Whitepaper gezielt der Frage nach, welchen Beitrag KI-Technologien zur Verbesserung von organisatorischen Prozessen und Abläufen in der Gesundheitsversorgung leisten können, um die Bedingungen für Fachkräfte gleichwohl wie für Patientinnen und Patienten zu verbessern.

Bisher: Fokus von KI in der klinischen Versorgung

Bisher beschränkt sich die Nutzung von KI aktuell vor allem auf die klinische Versorgung in Forschungseinrichtungen. Doch auch für den organisatorischen Bereich der Gesundheitsversorgung gibt es diverse Anwendungsmöglichkeiten für KI-Lösungen.

Beispiele sind die Automatisierung und Assistenzsysteme in der Personalplanung, das Terminmanagement oder die Abrechnung. Dadurch lassen sich Arbeitsabläufe optimieren, Ressourcen besser nutzen und Engpässe vermeiden, was wiederum zur Entlastung von Gesundheitsfachkräften und einer Verbesserung der Versorgungsqualität führt.

Das Potenzial ist hier besonders groß, denn Gesundheitsfachkräfte verbringen bis zu 25% ihrer täglichen Arbeitszeit mit rein organisatorischen Tätigkeiten. Zudem ist der Einsatz von KI-Anwendungen in organisatorischen Prozessen auch wirtschaftlich tragfähig, da sie nicht von der Finanzierung über Erstattungsbeträge abhängen, sondern unmittelbar in Zeit- und Kosteneinsparungen münden.

KI-Einsatz: Denkbar in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung

Ansatzpunkte für einen sinnvollen KI-Einsatz finden sich in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung:

  • bei Management-(Personalplanung, Terminmanagement)
  • und Unterstützungsprozessen (Automatisierung von Abrechnungen und Dokumentationen)
  • wie auch bei Kernprozessen der Versorgung der Patientinnen und Patienten – (virtuelle Pflegeassistenten, Telemedizin).

 

Praxisbeispiele aus dem Versorgungsalltag zeigen bereits erfolgreiche Integrationen von KI-Anwendungen in diese Prozesse auf sowie die damit verbundenen Potenziale für zeitliche und finanzielle Einsparungen. Damit wird deutlich, dass KI-Anwendungen vor allem in organisatorischen Prozessen im Versorgungsalltag kurz- und mittelfristig wirtschaftlich umsetzbar sind: Die Implementierung von KI-unterstützten Technologien in diese Prozesse führt langfristig zu mehr Effizienz und bildet damit auch die Basis für den Einsatz von KI-Lösungen in klinischen Prozessen, heißt es in dem Whitepaper.

Stetig steigende KI-Gesundheitsentwicklungen

Die Anzahl von KI-Entwicklungen für das Gesundheitswesen steigt dementsprechend stetig an. Die KI-Landkarte der Plattform Lernende Systeme listet aktuell insgesamt 225 KI-Beispiele im Bereich Gesundheit, Medizintechnik, Pflege und pharmazeutischer Industrie.

Der Großteil der Projekte (etwa 73%) sind allerdings Entwicklungsprojekte mit Fokus auf den klinischen Bereich, deren Nutzung innerhalb von Forschungseinrichtungen stattfindet. In der alltäglichen Gesundheitsversorgung werden bisher nur wenige Anwendungen genutzt, wie beispielsweise Assistenzsysteme zur Bildauswertung in der Radiologie.

Dabei „ermöglichen organisatorische KI-Anwendungen Gesundheitseinrichtungen einen niederschwelligen Einstieg in Künstliche Intelligenz. Die KI-Systeme orientieren sich an bestehenden Abläufen im Alltag der Fachkräfte. So können sich die Mitarbeitenden an den Umgang mit KI-Anwendungen gewöhnen. Die Einrichtungen werden von einem schnellen Mehrwert profitieren. Deshalb ist zu erwarten, dass sich viele der KI-Lösungen für administrative Prozesse in der Praxis durchsetzen werden“, prognostiziert Karsten Hiltawsky, Leiter des Bereichs Corporate Technology und Innovation bei Dräger und Co-Leiter der Arbeitsgruppe Gesundheit, Medizintechnik, Pflege der Plattform Lernende Systeme.

Beispiel: Personalisierte Medikation

Genetika+ aus den USA ermöglicht personalisierte Medikationspläne zum Beispiel für Antidepressiva. Dafür werden aus Blutproben der Betroffenen Gehirnzellen erzeugt. Deren Reaktion auf unterschiedliche Antidepressiva wird analysiert und mit Daten aus der Krankengeschichte und den genetischen Daten kombiniert. Basierend darauf erstellt eine KI automatisiert Vorschläge für die optimierte Medikation hinsichtlich Menge und Art.

Fazit

Ausgehend von den aktuellen Rahmenbedingungen sowie den Erkenntnissen aus dem PLS-Whitepaper zu Geschäftsmodellen kann eine Einschätzung zum Entwicklungsstand von KI in organisatorischen und klinischen Prozessen sowie zum zeitlichen Horizont der Umsetzbarkeit von diesen KI-basierten Verfahren in der Versorgung getroffen werden:

  • „Kurz- und mittelfristig sind vor allem Verbesserungen bei organisatorischen Prozessen im Versorgungsalltag wirtschaftlich umsetzbar.
  • Die Implementierung von KI-unterstützten Technologien in organisatorischen Prozessen führt langfristig zu mehr Effizienz und bildet die Basis für die Implementierung von KI-Lösungen in klinischen Prozessen.
  • KI-Lösungen für organisatorische Prozesse bieten hohe zeitliche und finanzielle Einsparpotenziale.
  • Deutschland hängt im internationalen Vergleich bei der Entwicklung von KI-Anwendungen für den organisatorischen Bereich hinterher.

 

Künstliche Intelligenz bietet hier große Potenziale, das Gesundheitssystem auf mehreren Ebenen zu entlasten. Zum einen können Gesundheitskosten durch personalisierte Behandlung und Prävention auf Basis von datengetriebenen Ansätzen reduziert werden. Zum anderen können Fachkräfte in ihren Tätigkeiten durch Lernende Systeme unterstützt und entlastet werden. 

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) fördert im Zeitraum 2020 bis 2025 daher 38 Projekte mit insgesamt 180 Millionen Euro, welche die gezielte praktische Anwendung von KI im Versorgungsalltag adressieren. Im Rahmen des KI-Aktionsplans fördert darüber hinaus das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) diverse Initiativen im Kontext von KI und Gesundheit oder plant diese zum Beispiel im Hinblick auf Förderrichtlinien zu KI-basierten Assistenzsystemen für prozessbegleitende Gesundheitsanwendungen oder zur Datenanalyse und zum Datenteilen in der Krebsforschung.

 

Grafik: Plattform Lernende Systeme


Das Whitepaper „KI für bessere Abläufe in Medizin und Pflege. Anwendungen und Potenziale in organisatorischen Prozessen“ wurde von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Gesundheit, Medizintechnik, Pflege der Plattform Lernende Systeme verfasst. Es steht zum kostenfreien Download zur Verfügung (38 Seiten).

Betont werden in dem Whitepaper die ethischen Aspekte von KI in organisatorischen Prozessen:

Die hier vorgestellten Anwendungen von KI zur Verbesserung von Abläufen in der Gesundheitsversorgung sollen vor allem dazu dienen, Gesundheitsfachkräfte zu entlasten und ihnen mehr Zeit für die Interaktion mit Patientinnen und Patienten zu ermöglichen. KI soll nicht dazu führen, dass Arbeitsplätze durch Assistenzsysteme abgebaut werden oder dass Gesundheitsbetrieben maschinell gesteuerte und optimierte Prozesse aufgezwungen werden. Dieser Aspekt ist daher bei der Entwicklung und Anwendung solcher Systeme immer mitzuberücksichtigen, auch um die Akzeptanz auf Seiten der Anwendenden und Patientinnen wie Patienten sicherzustellen.

Diese Überlegungen werden auch in der KI-Verordnung der Europäischen Kommission berücksichtigt („Der AI Act der EU“ – Themenseite zur Regulierung der Plattform Lernede Systeme). Laut Anhang III gelten KI-Systeme als hochriskant, wenn KI genutzt wird, um Aufgaben auf der Grundlage von individuellem Verhalten oder persönlichen Eigenschaften oder Merkmalen zuzuweisen und die Leistung und das Verhalten von Personen in solchen Verhältnissen zu überwachen und zu bewerten. Beim Einsatz dieser Systeme muss gewährleistet sein, dass die ausgewählten Trainingsdaten eine Diskriminierung ausschließen. Dazu ist eine Risikoanalyse für die KI-Anwendung durchzuführen. Zusätzlich muss die Systemsicherheit gewährleistet sein und ein Mensch muss die Anwendung überwachen.

Diese Anforderungen sind entsprechend auch für KI-Anwendungen in organisatorischen Prozessen relevant, da beispielsweise Daten der Mitarbeitenden zur Arbeitszeit oder den durchgeführten Leistungen erfasst werden. Viele der genannten Anwendungen im organisatorischen Bereich, wie Chatbots, werden aber auch als weniger riskant eingestuft und sind entsprechend mit geringeren Hürden umsetzbar. Hier muss vor allem sichergestellt sein, dass für die Nutzenden klar ist, ob sie mit einer KI interagieren beziehungsweise, ob eine KI verwendet wird.

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