Menopause-Strategie nach Vorbild Englands


Es fehlt an verständlichen Informationen, medizinischer Versorgung und Unterstützung durch Arbeitgeber:innen bei der Menopause. England denkt da schon anders.

In Großbritannien sind schon zentrale Felder der Frauengesundheitspolitik definiert, darunter auch die Wechseljahre. (Foto von Denys Nevozhai auf Unsplash) 

 

So stellte im Rahmen eines parlamentarischen Abends zum Thema Carolyn Harris in ihrer Videobotschaft dar, dass es keine ausreichende Unterstützung für Frauen in den Wechseljahren gibt. Die Folge: Viele Frauen geben ihren Job auf, viele lassen sich scheiden. Harris ist Mitglied einer parteiübergreifenden parlamentarischen Gruppe, die sich für eine bessere Unterstützung von Frauen in den Wechseljahren einsetzt.

Die britische Politik hat auf den gesellschaftlichen und parlamentarischen Druck bereits reagiert, u.a. mit der Women’s Health Strategy, die seit 2022 in Kraft ist. Dieser Plan definiert zentrale Felder der Frauengesundheitspolitik, darunter auch die Wechseljahre. Innerhalb von zehn Jahren sollen weitreichende Ziele erreicht werden, erste Maßnahmen wurden bereits umgesetzt.

Dr. med. Katrin Schaudig, Gynäkologin, Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft, betonte in ihrem Impulsvortrag, wie dringend der Handlungsbedarf ist und was Unternehmen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun können. 

Sie schlägt beispielsweise vor, dass Frauen im Alter von 35 oder 40 Jahren einen Informationsbrief erhalten sollten, in dem sie anhand einer Checkliste feststellen können, ob sie bereits erste Anzeichen der Wechseljahre wahrnehmen. 

Sie wies auch auf die bedrohlichen Folgen der aktuellen Situation hin: Laut einer aktuellen Studie denkt jede zehnte Frau aufgrund von Wechseljahresbeschwerden über eine Frühpensionierung nach, jede vierte Befragte hat ihre Arbeitszeit bereits reduziert. Viele Frauen, so Schaudig, könnten die Symptome der Wechseljahre zunächst nicht einordnen. Und am Arbeitsplatz seien die Wechseljahre nach wie vor ein Tabu.

Menopause-Strategie fehlt in Deutschland

Eine Menopause-Strategie fehlt in Deutschland allerdings noch. Eine erste Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion an die Bundesregierung zu diesem Thema liegt vor.

Bislang können Frauenärztinnen und -ärzte für die Beratung von Patientinnen mit Wechseljahresbeschwerden weniger als 20 Euro pro Quartal abrechnen. Das sei viel zu wenig, um gut zu informieren. Aber: Eine Änderung der entsprechenden Abrechnungsziffern könnte etwa zehn Jahre dauern.

Fünf Forderungen

Aus der Sicht von Besins Healthcare Germany gibt es fünf wichtige Punkte, die geeignet sind, um die Situation der betroffenen Frauen zu verbessern und die negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen zu verringern:

  1. Aufklärung und Sensibilisierung: Es ist unerlässlich, dass die Gesundheitspolitik Maßnahmen ergreift, um die Bevölkerung über die Wechseljahre aufzuklären und zu sensibilisieren. Dies sollte nicht nur auf medizinischer Ebene geschehen, sondern auch soziale, psychologische und berufliche Aspekte berücksichtigen. Informationskampagnen können dazu beitragen, das Verständnis zu fördern und Vorurteile abzubauen. Bildungseinrichtungen, Gesundheitsdienstleister und Medien sollten zusammenarbeiten, um Aufklärungskampagnen zu initiieren, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
  2. Zugang zur Gesundheitsversorgung: Frauen in den Wechseljahren brauchen Zugang zu einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung, die ihre individuellen Bedürfnisse berücksichtigt. Dazu gehören regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen, der Zugang zu Fachärztinnen und -ärzten sowie eine umfassende Beratung über Therapiemöglichkeiten. Die Gesundheitspolitik sollte sicherstellen, dass diese Leistungen leicht zugänglich und für die Patientinnen kostengünstig sind.
  3. Unterstützung am Arbeitsplatz: Arbeitgeber sollten sensibilisiert werden, um Frauen in den Wechseljahren die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeitsbedingungen anzupassen. Dies könnte flexible Arbeitszeiten, den Zugang zu Ruheräumen oder andere unterstützende Maßnahmen umfassen, um den Arbeitnehmerinnen den Arbeitsalltag erträglicher zu gestalten und es ihnen zu ermöglichen, ihrer Arbeit ohne größere Beeinträchtigungen nachzugehen.
  4. Psychosoziale Unterstützung: Die Wechseljahre können Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben, da hormonelle Schwankungen mit Depressionen und Angststörungen in Verbindung gebracht werden. Hier ist es wichtig, dass die betroffenen Frauen nicht nur medizinisch, sondern auch psychosozial unterstützt werden.
  5. Ärztliche Qualifikation und Vergütung: Die Lehrinhalte an den Universitäten sollten um einen endokrinologischen Schwerpunkt erweitert werden, insbesondere sollte die Facharztausbildung in Gynäkologie endokrinologische Inhalte vertiefen. Gleichzeitig müssen Gynäkologinnen und Gynäkologen für eine umfassende Beratung zu Wechseljahresbeschwerden und -therapien ausreichend honoriert werden. Insgesamt ist ein umfassender und multidisziplinärer Ansatz erforderlich, um den Herausforderungen der Wechseljahre zu begegnen. Durch gemeinsame Anstrengungen von Regierung, Gesundheitsdienstleistern, Arbeitgebern und Gesellschaft können wir sicherstellen, dass Frauen diese Lebensphase mit Selbstvertrauen und Würde erleben, gesund altern und ein produktives Mitglied der Gesellschaft bleiben können.

 

Um Frauen in den Wechseljahren die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen, halten wir ein umfassendes, von der Bundesregierung gefördertes Programm zur Unterstützung von Frauen in den Wechseljahren für notwendig, vergleichbar mit den auf Wechseljahre bezogenen Aspekten der Women’s Health Strategy in Großbritannien.

 

Ein Parlamentarischer Abend zum Thema „Deutschland braucht eine Menopause-Strategie – England macht es vor!“ am 19.03.2024 in Berlin machte deutlich, dass es in Deutschland – im Gegensatz zu England – bisher keine Ansätze für eine Menopause-Strategie gibt, um diese Defizite anzugehen. Unter der Moderation von Susann Atwell (Fernsehjournalistin, u. a. Hessischer Rundfunk) diskutierten Dr. med. Katrin Schaudig (Gynäkologin, Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft), Heike Engelhardt (MdB), André Kindling (Geschäftsführer Besins Healthcare Germany), Georg Kippels (MdB), Ildikó von Kürthy (Autorin, Journalistin), Diana Stöcker (MdB). Aus England gab es eine Videobotschaft von Carolyn Harris (Mitglied des Britischen Unterhauses). Die Veranstaltung wurde von Besins Healthcare Germany unterstützt. 

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