Joëlle Elvinger, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs, sieht in zu vielen Regelungen Probleme, denn „die EU-Mittel für die Digitalisierung des Gesundheitswesens wurden über mehrere Programme bereitgestellt, die von verschiedenen Dienststellen der Europäischen Kommission verwaltet wurden und für die jeweils eigene Vorschriften und Verwaltungsregelungen galten.“ (Foto von Guillaume Périgois auf Unsplash)
Das Fazit
Der Hof hat geprüft, ob die Maßnahmen der EU-Kommission zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Digitalisierung ihrer Gesundheitssysteme wirksam waren — und dabei festgestellt:
„Die Kommission hat im Rahmen ihres Mandats die Mitgliedstaaten insgesamt wirksam unterstützt. Nach der COVID‑19-Pandemie wurde der politische Rahmen der EU gestärkt. Die Kommission stellte den Mitgliedstaaten Leitlinien zu den EU-Fonds zur Verfügung und überwachte ihre Fortschritte bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Die Mitgliedstaaten sahen sich jedoch mit Hindernissen bei der Nutzung von EU‑Mitteln konfrontiert, und weder die Kommission noch die meisten Mitgliedstaaten haben einen umfassenden Überblick darüber, wie die Mittel verwendet werden. Der Hof empfahl der Kommission, ihre Berichterstattung über die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens und über die Verwendung von EU-Mitteln zu verbessern.“
Zentrale Ergebnisse und Nutzen für das Gesundheitswesen
Finanzierung
Fördermittel in Höhe von mindestens 16 Mrd. Euro sind über 14 Jahre zur Verfügung gestellt worden. Diese Unterstützung wurde u.a. über die Kohäsionspolitik (2,4 Mrd. Euro) und die Corona-Aufbau- und Resilienzfazilität (13,6 Mrd. Euro) bereitgestellt. Doch der genaue Umfang der eingesetzten Mittel bleibt unklar.
Förderung elektronischer Gesundheitsdienste
- Projekte in EU-Ländern wie Spanien, Malta und Polen verbesserten die digitale Gesundheitsversorgung. Beispiele sind die Fernbetreuung chronisch kranker Patienten und die Schaffung nationaler digitaler Plattformen zur Vernetzung von Krankenhäusern.
- Wachsende Bedeutung digitaler Technologien: Die Corona-Pandemie hat den Bedarf an Telemedizin und digitalen Lösungen stark erhöht. Eine Eurobarometer-Umfrage zeigt, dass 76% der Europäer erwarten, dass digitale Technologien bis 2030 maßgeblich den Zugang zu Gesundheitsdiensten verbessern werden.
Herausforderungen bei der Mittelverwendung
Trotz dieser Fortschritte war die Mittelverwendung von komplexen Vorschriften und Verwaltungsanforderungen geprägt:
- Schwierige Antragstellung: Vielfältige Programme mit eigenen Regelungen erschwerten den Zugang zu Geldern.
- Fehlende Übersicht: Weder die EU-Kommission noch die Mitgliedstaaten verfügen über einen umfassenden Überblick über die eingesetzten Mittel.
- Ko-Finanzierungsprobleme: Nationale Kapazitäten und Budgets waren oft unzureichend, um EU-Förderungen zu ergänzen.
Zukunftsperspektiven und Empfehlungen
Um diese Herausforderungen zu adressieren, empfehlen die Prüfer der EU-Kommission:
- Verbesserte Transparenz: Die Genauigkeit und Verfügbarkeit von Informationen zur Mittelverwendung soll bis 2026 erhöht werden.
- Effizientere Indikatoren: Die Bewertung des Fortschritts bei der Digitalisierung, etwa durch den eHealth-Indikator, benötigt präzisere Methoden.
- Grenzüberschreitender Austausch: Initiativen wie der europäische Gesundheitsdatenraum sollen den Datenaustausch zwischen Ländern erleichtern und den Patienten mehr Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten geben.
Einordnung und Ausblick
Seit über 20 Jahren fördert die EU die Digitalisierung des Gesundheitswesens, bislang vor allem durch unverbindliche Empfehlungen. Die Corona-Pandemie hat diesen Ansatz gestärkt und zu verbindlichen Maßnahmen geführt. Angesichts des steigenden Bedarfs an digitalen Lösungen und der gesellschaftlichen Erwartungen bleibt die EU gefordert, die Finanzierung transparenter und den Zugang zu digitalen Gesundheitsdiensten effektiver zu gestalten.
Der vollständige Bericht ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar.
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