Nicht einfach nur mehr Fachkräfte gewinnen, sondern das Gesundheitswesen so umstrukturieren , dass medizinisches Personal nachhaltiger eingesetzt wird - diese Empfehlung gibt der Sachverständigenrat Gesundheit & Pflege im neuen Gutachten „Fachkräfte im Gesundheitswesen. Nachhaltiger Einsatz einer knappen Ressource“. (Foto von National Cancer Institute auf Unsplash)
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach sieht das Allheilmittel in der Digitalisierung: „Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte sollten nicht unnötig Zeit durch Dokumentation verlieren. Der Ausbau der Digitalisierung wird mehr Zeit für Behandlung und Pflege schaffen.“
Der SVR-Vorsitzende Prof. Michael Hallek, Onkologe an der Universität zu Köln, betont: „Im internationalen Vergleich stehen, bezogen auf die Einwohnerzahl, im deutschen Gesundheitswesen relativ viele Beschäftigte zur Verfügung. Dennoch sind eindeutig Versorgungsengpässe festzustellen. Dies weist auf strukturelle Defizite im deutschen Gesundheitssystem hin. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir ein Maßnahmenbündel, damit künftig die wertvolle Ressource der Fachkräfte gezielter im Sinne des Patientenwohls eingesetzt werden kann. Es wird nicht ausreichen, die Anzahl der Beschäftigten weiter zu erhöhen …“
Vorgeschlagene Maßnahmen
Um den zukünftigen Bedarf an Fachpersonal besser abschätzbar zu machen und Maßnahmen zur Verbesserung der Fachkräftesituation auf ihre Plausibilität und Wirksamkeit hin evaluieren zu können, empfiehlt der Rat eine strategische „Gesundheitspersonalplanung“. Also einen Aufbau eines nationalen Monitorings der Personalressourcen und darauf basierender regelmäßiger Prognosen des zukünftigen Angebots an und der Nachfrage nach Fachkräften. Vor dem Hintergrund sich verändernder Versorgungsstrukturen und Handlungskompetenzen der Berufsgruppen sollte diese Modellierung zwingend berufsgruppenübergreifend erfolgen, damit Substitutionspotenziale identifiziert und genutzt werden können.
Um die flexiblere Einsatzfähigkeit und Produktivität der Fachkräfte zu erhöhen und zugleich Arbeitsbedingungen und die Attraktivität insbesondere der Pflegeberufe zu verbessern, sollte das geschehen:
- die Weiterentwicklung von Personalplanungs- und -einsatzmodellen, welche sowohl den Beschäftigten als auch den Arbeitgebern mehr Flexibilität ermöglichen;
- die Stärkung professioneller Autonomie und Selbstorganisation in der Pflege durch die Etablierung von Pflegekammern und die Einführung einer beruflichen Registrierungspflicht;
- die Modernisierung von pflegerischen Aufgaben- und Verantwortungsprofilen und die Ermöglichung lebenslanger Karrierewege. Insbesondere sollten Befugnisse zur eigenverantwortlichen und selbständigen Ausübung von Heilkunde für entsprechend qualifizierte Pflegefachpersonen auf der Grundlage eines allgemeinen Heilberufegesetzes geschaffen werden;
- gezielte Maßnahmen zur Professionalisierung und Akademisierung der Pflege. Dazu zählen u. a. die Einführung eines durchlässigen Qualifikationsstufenmodells sowie die Einführung einer Fortbildungspflicht für Pflegeberufe.
Eine andere Maßnahme: die fachärztliche Weiterbildung stärker steuern, um so Fehlverteilungen innerhalb der Berufsgruppe der Ärzt:innen entgegenzuwirken. Diese Steuerung sollte über eine Quotierung der Weiterbildungsplätze erfolgen. Um die Ambulantisierung der medizinischen Versorgung erfolgreich voranzutreiben, empfiehlt der Rat, Weiterbildungsabschnitte für bestimmte Arztgruppen verpflichtend im ambulanten Sektor durchzuführen.
Die ambulante medizinische und pflegerische Versorgung wird oftmals durch Kleinbetriebe (z. B. Einzelpraxen) mit einer sehr geringen Mitarbeiterzahl erbracht. Der Rat empfiehlt, die Etablierung größerer organisatorischer Einheiten zu fördern, um Skaleneffekte zu realisieren und vorhandene Personalressourcen effizienter zu nutzen. Sinnvoll konzipierte größere Einheiten können attraktive Anstellungsformen bieten, indem sie u.a. eine bessere Aufgabenteilung zwischen den Berufsgruppen mit Spezialisierung der Beschäftigten einschließlich der medizinischen Fachangestellten ermöglichen.
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