Trends in Pharma: Zukunft der KI und digitalen Gesundheit


Dem „The Medical Futurist“ zufolge gibt es einige Trends, die die Zukunft von Pharma beeinflussen werden. 

In Zukunft könnten virtuelle Patienten das bevorzugte Werkzeug sein, um die Wirksamkeit und möglichen Nebenwirkungen vielversprechender Arzneimittelmoleküle abzuschätzen oder die Verwendung bestehender Moleküle zu optimieren. (Foto von Google DeepMind auf Unsplash)

 

Es gibt einige Entwicklungen, die sich schon jetzt abzeichnen, wie KI in klinischen Studien. Andere Bereiche sind noch nicht so auf dem Schirm, etwa künstliche Patienten.

Die Trends im Überblick

Einsatz von KI in Bereichen mit geringem Risiko und hohem ROI

Eine der vielversprechendsten Anwendungen von KI in der Pharmaindustrie sind Bereiche mit geringem Risiko und hohem ROI wie: Arzneimitteldesign und klinische Studien.

Arzneimitteldesign: KI-Algorithmen können riesige Datensätze analysieren, um potenzielle Arzneimittelkandidaten schneller und genauer zu identifizieren als mit herkömmlichen Methoden.

Beispiele: 

  • Bristol Myers Squibb arbeitet mit Exscientia zusammen, um KI im Bereich der niedermolekularen Arzneimittel einzusetzen, darunter Onkologie und Immunologie. Exscientia kündigte 2023 auch eine Zusammenarbeit mit Sanofi an.
  • Merck hat eine KI-Kooperation zur Arzneimittelentwicklung mit dem amerikanisch-israelischen Biotech-Unternehmen Biolojic Design und mit dem US-Unternehmen Caris Life Sciences vereinbart.

 

Klinische Studien: Sie sind ein weites Feld für KI. Tools wie CRISPR-GPT können helfen, Studiendesigns zu automatisieren. In-silico-Plattformen können reale Ergebnisse mit hoher Genauigkeit vorhersagen.

Beispiel:

  • jinkō (by Nova) ist eine Software für Modellierung und Versuchssimulation. Und diese sagte die Ergebnisse einer AstraZeneca-Studie mit einer Genauigkeit von etwa 97% voraus, bevor das Unternehmen die Ergebnisse überhaupt veröffentlichte. Die Planung dauerte drei Wochen, die Durchführung eine Stunde, Kostenpunkt: „nur“ einige Tausend Dollar.
  • Das Fazit von AstraZeneca: „In Phase I haben wir festgestellt, dass KI-entdeckte Moleküle eine Erfolgsquote von 80–90% haben, die deutlich über dem üblichen Branchendurchschnitt liegt. In Phase II liegt die Erfolgsquote bei etwa 40%, wenn auch bei einer begrenzten Stichprobengröße, vergleichbar mit dem historischen Branchendurchschnitt.“

 

Nutzung generativer KI: Verbesserung von Unternehmensprozessen

Neben neuer Therapien verwenden Pharmaunternehmen auch KI zur Optimierung ihrer internen Abläufe. Roche hat beispielsweise RocheGPT eingeführt, einen internen Chatbot mit generativer KI, der sich wiederholende Aufgaben rationalisiert, den Wissensaustausch innerhalb des Teams und Analysen unterstützt, indem er wissenschaftliche Artikel oder klinische Testergebnisse analysiert und dann strukturierte Daten über Therapien und Patienten extrahiert.

Entwicklung von Patientenzentrierung zum Patientendesign

Bisher hat eher die Einstellung von Pharma gegolten: „Wir treffen Entscheidungen über/für Sie“. Diese Dynamik verschiebt sich jedoch allmählich hin in Richtung eines kooperativeren „Wir treffen Entscheidungen mit Ihnen“. Denn Patient:innen sind immer stärker aktive Mitgestalter ihrer Therapie.

So ist auch das Ziel beim Patientendesign, dass Patienten bei der Gestaltung und Entwicklung von Gesundheitslösungen mitwirken. In den letzten zehn Jahren haben auch politische Entscheidungsträger und Gesundheitsbehörden begonnen, dieses Thema aufzugreifen. So hat die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) 2017 das Patient-Engagement Advisory Committee ins Leben gerufen. Das Komitee berät den FDA-Beauftragten oder einen Beauftragten zu komplexen Fragen im Zusammenhang mit medizinischen Geräten, der Regulierung von Geräten und ihrer Verwendung durch Patienten.  

Automatisierung von Lieferketten

Die pharmazeutische Lieferkette erfährt durch die Integration von Robotik, KI und Blockchain-Technologie einen erheblichen Wandel.  Abläufe werden rationalisiert, die Effizienz gesteigert und für mehr Transparenz und Sicherheit gesorgt.

Roboter können beispielsweise sich wiederholende Aufgaben wie das Sortieren, Verpacken und Etikettieren von Medikamenten automatisieren, wodurch das Risiko menschlicher Fehler minimiert und Personal für komplexere Aufgaben frei wird.

Beim Problem von gefälschten Medikamente bietet z. B. die Blockchain-basierte Identifizierung jeder Schachtel eine sichere, unveränderliche Nachverfolgung der Herkunft und Bewegung pharmazeutischer Produkte und gewährleistet die Rückverfolgbarkeit von der Produktion bis zur Lieferung an den Patienten. 

Eine andere Möglichkeit ist das Drucken winziger, essbarer, einzigartiger Wasserzeichen aus reinem Protein auf einzelnen Pillen.

Investition in digitale Therapeutika

Pharmaunternehmen erkennen zunehmend das Potenzial digitaler Therapeutika (DTx) als Ergänzung zu herkömmlichen Medikamenten. DTx sind evidenzbasierte Softwareanwendungen zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung von Krankheiten. Sie bieten einen personalisierten, skalierbaren und zugänglichen Ansatz für die Gesundheitsversorgung, und Pharmaunternehmen investieren massiv in dieses aufstrebende Feld.

„Wer nicht dabei ist, ist draußen“ ist das Credo der meisten Pharmaunternehmen gegenüber der digitalen Gesundheitsrevolution laut des Medical Futurist. Viele Marktteilnehmer haben daher beschlossen, spezielle Abteilungen zu gründen, die sich auf die Entwicklung und Vermarktung digitaler Lösungen konzentrieren. Bayer zum Beispiel hat eine neue Abteilung zur Entwicklung präziser Gesundheitsprodukte für Verbraucher etabliert, während AstraZeneca ein HealthTech-Unternehmen gegründet hat, um KI in sein Pharmaangebot zu integrieren.

Beispiele:

  • Roche erwarb mySugr, eine Diabetes-Management-App, um sein Portfolio an digitalen Lösungen für Diabetespatienten zu erweitern.
  • GSK kooperiert mit Propeller Health, einem auf Atemwegserkrankungen spezialisierten Unternehmen für digitale Therapeutika, um digitale Lösungen für Patienten mit Asthma und COPD zu entwickeln und zu vermarkten.
  • Dagegen hat Biogen seine digitale Gesundheitsabteilung geschlossen und die Zusammenarbeit mit Apple an einer digitalen Gesundheits-App für die Parkinson-Krankheit beendet.

 

In-silico-Studien

Klinische Studien erfordern in diesem Szenario keine Rekrutierung Tausender von Patienten mehr, die Studien dauern nicht Jahre und kosten keine Milliarden von Dollar. Das könnte durch In-silico-Studien realisiert werden, bei denen digitale Darstellungen der menschlichen Biologie verwendet werden, um die Sicherheit und Wirksamkeit neuer Medikamente zu testen. Obwohl sie sich noch in einem frühen Stadium befinden, haben In-silico-Studien auch das Potenzial, potenzielle Sicherheitsbedenken früher im Prozess zu erkennen und Patienten möglicherweise vor unnötigen Risiken zu bewahren.

Künstliche Patienten

Ein weiteres futuristisches Konzept ist die Idee künstlicher Patienten: Ein künstlicher Patient ist ein Datensatz, der die gewünschten menschlichen Eigenschaften bestmöglich darstellt und auf großen Mengen realer Patientendaten basiert, ohne tatsächlich rückverfolgbare Daten realer Patienten einzuschließen.

In Zukunft könnten virtuelle Patienten das bevorzugte Werkzeug sein, um die Wirksamkeit und möglichen Nebenwirkungen vielversprechender Arzneimittelmoleküle abzuschätzen oder die Verwendung bestehender Moleküle zu optimieren, die Erfolgsrate zukünftiger medizinischer Geräte oder Behandlungsmethoden zu modellieren oder, als neuestes Beispiel, die Placebo-Kontrollgruppe bei klinischen Tests zu ersetzen.

Viele hoffen, dass künstliche Patienten eines Tages Menschen und Tiere in klinischen Studien vollständig ersetzen können, wobei Tiere wahrscheinlich die ersten sein werden.

Die postdigitale Transformation

In dieser neuen Ära werden digitale Tools und Technologien nicht mehr als separate Initiativen betrachtet, sondern als grundlegende Bestandteile der Pharmalandschaft.

KI, maschinelles Lernen und Datenanalyse werden nahtlos in die Arzneimittelforschung, klinische Studien, das Marketing und die Patienteneinbindung integriert. Pharmaunternehmen, die in dieser postdigitalen Ära erfolgreich sind, werden diejenigen sein, deren Denkweise Technologie nicht nur ein Werkzeug, sondern ein Katalysator für Innovation und Transformation ist.

Dies erfordert einen grundlegenden Wandel in Kultur, Prozessen und Organisationsstrukturen. Es erfordert auch die Bereitschaft zu experimentieren, Risiken einzugehen und sich kontinuierlich an die sich ständig weiterentwickelnde digitale Landschaft anzupassen. In der Pharma-Zukunft können digitale Technologien nicht nur Zusatzfunktionen sein, sondern müssen die Grundlage für die Wertschöpfung für Patienten bilden. 

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