Zi-Studie: Es wird eng bei den Hausärzt:innen


Dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zufolge fehlen in Deutschland jährlich durchschnittlich fast 2.500 ärztliche Nachbesetzungen. Von 2022 bis 2040 sind das rund 50.000 Ärzt:innen.

Bis 2040 wird es knapp bei der hausärztlichen Versorgung, befürchtet das Zi. (Foto von Markus Frieauff auf Unsplash)

 

Nach aktuellen Berechnungen des Zi droht bis 2040 ein allmähliches Absinken des vertragsärztlichen Versorgungsgrads auf dann nur noch 74% des heutigen Niveaus – ohne Berücksichtigung der Zuwanderung von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland.

Mehr Studienplätze helfen auch nicht mehr

Und dazu warnt das Institut noch: Die abzusehenden Engpässe in der medizinischen Versorgung sind durch ein erhöhtes Studienangebot nicht mehr aufzuhalten. Selbst wenn die Studienplatzkapazitäten im Fach Humanmedizin kurzfristig signifikant erhöht würden, kämen die Auswirkungen aufgrund der Ausbildungslänge erst nach etwa 15 Jahren in der ambulanten haus- und fachärztlichen Versorgung an.

Diese Engpässe können „nur durch flankierende Maßnahmen teilweise kompensiert werden.“ Beispielsweise Anreize für berufstätige Ärztinnen und Ärzte, sich möglichst lange und in Vollzeit zu arbeiten, die Entlastung von arztfremden Verwaltungsarbeiten sowie die Erweiterung ärztlicher Delegationsmöglichkeiten.

„War for talents“

Zi-Vorstandsvorsitzender Dr. Dominik von Stillfried ist pessimistisch gestimmt, denn „in ganz Europa zeichnet sich ein zunehmender Fachkräftemangel in der medizinischen Versorgung ab. Wir befinden uns mitten in einem ‚war for talents‘ um ausgebildete Medizinerinnen und Mediziner. Es dürfte daher künftig noch herausfordernder werden, das heutige medizinische Leistungsangebot in Zukunft flächendeckend zu stabilisieren und eine Benachteiligung strukturschwächerer Regionen zu verhindern.

Unsere Analyse zeigt, dass frühere Versäumnisse in der Ausbildung in den kommenden zehn Jahren nicht mehr aufzuholen sind. Der Mangelumfang wird aber auch stark davon abhängen, wie gut es gelingt, international attraktive Rahmenbedingungen für die ärztliche Tätigkeit zu schaffen und Ärztinnen und Ärzte dazu zu motivieren, möglichst lange und engagiert in der medizinischen Versorgung zu bleiben.“

Anreize schaffen

Immer mehr niedergelassene Ärztinnen und Ärzte fühlen sich belastet und wünschen sich eine bessere Work-Life-Balance. Die Konsequenz ist, dass sie der ambulanten Versorgung immer häufiger den Rücken kehren oder ihren Tätigkeitsumfang reduzieren.

Stillfried macht klar:

„Hier gilt es, Anreize zu setzen, damit sich ein überdurchschnittliches zeitliches Engagement auch überdurchschnittlich lohnt. Das wird aber durch die bestehenden Budgetrestriktionen in der vertragsärztlichen Versorgung aufs Gröbste konterkariert. Die Botschaft lautet hier: Leistung lohnt sich nicht! Fleißige Praxen werden vielmehr bestraft, indem ihnen rechnerisch sechs Wochen im Jahr nichts für die Behandlung gesetzlich Versicherter bezahlt wird. Im Klartext: Wenn die Praxen das täten, was die Politik ihnen per Gesetz vorgibt, dann müssten zehn Prozent aller Untersuchungen und Behandlungen entfallen. Diese Leistungsbegrenzungen stammen aus einer Zeit, als man meinte, zu viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zu haben. Heute sind diese Vorgaben einfach aus der Zeit gefallen. Wir müssen es unterstützen, wenn junge Ärztinnen und Ärzte sich niederlassen und ältere ihre Praxen länger betreiben wollen.“

 

2019 hat das Zi erstmals eine Projektion zur Einschätzung des Bedarfs an Studienplätzen im Fach Humanmedizin veröffentlicht. Zentrales Ergebnis dieser Berechnungen war, dass in Deutschland zwischen 3.000 und 6.000 Studienplätze im Fach Humanmedizin fehlen – vorausgesetzt, die Versorgungsleistung des Jahres 2018 soll bis 2035 aufrechterhalten werden. Die bereits vor fünf Jahren drängenden Herausforderungen wie der demografische Wandel und die Altersstruktur der Ärzteschaft bestehen unvermindert fort. 

Ziel der aktualisierten Projektion ist es, das Nachbesetzungspotenzial unter Nutzung jüngster Daten zur Bevölkerungsprognose, zur ärztlichen Versorgung und Inanspruchnahme sowie zur Anzahl derzeit und zukünftig potenziell verfügbarer Medizinstudienplätze einzuschätzen. Dabei dient das Jahr 2021 als Aufsatzjahr, der Projektionshorizont erstreckt sich bis zum Jahr 2040.

Die Studie können Sie hier einsehen (pdf, 37 Seiten).

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