
Neue Konzepte sind nötig, weil „das Altern eine noch viel größere Bedeutung hat als die üblichen Risikofaktoren, die sonst in der öffentlichen Diskussion thematisiert werden, wie z. B. Bluthochdruck oder Tabakkonsum. Dies wird nicht nur einzelne Patientinnen und Patienten betreffen, sondern eine wesentliche Auswirkung auf das Gesundheitssystem insgesamt haben.“ (Foto: Screenshot Cover / PM—Report)
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina spricht sich in einem neuen Diskussionspapier für ein Umdenken in der medizinischen Forschung und Versorgung aus: Statt altersbedingte Krankheiten wie Krebs, Demenz oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen erst zu behandeln, soll das Altern selbst als zentraler Risikofaktor in den Fokus rücken. Für Pharmaunternehmen eröffnen sich damit neue Chancen – etwa durch Drug Repurposing, die Entwicklung von Biomarkern für das biologische Alter oder datengetriebene Studienansätze.
Erste Ansätze zur Geroprotektion
Altern ist der Hauptrisikofaktor für Krebs, Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im Papier mit dem Titel „Konzepte für eine neue Medizin in einer alternden Gesellschaft – Perspektiven für Forschung und medizinische Versorgung“ wird betont, dass neue Erkenntnisse zur Biologie des Alterns erstmals konkrete Ansätze zur sogenannten Geroprotektion ermöglichen. Ziel ist es, die gesunde Lebensspanne zu verlängern und das Risiko für altersbedingte Erkrankungen frühzeitig zu senken.
Die Autor:innen fordern ein interdisziplinäres Forschungskonsortium, das Alterungs- und Systembiologie miteinander verbindet. Die Kombination von Daten aus Modellorganismen und humanen Bioproben soll ein tieferes Verständnis der hochkomplexen Alterungsprozesse ermöglichen. Im Zentrum steht dabei die Auswertung großer Multi-Omics-Daten – etwa aus DNA-, RNA- und Proteinanalysen – zur Entwicklung verlässlicher Biomarker für das biologische Alter.
Langfristig könnten daraus neue therapeutische Ansätze entstehen, darunter auch die Identifikation geroprotektiver Eigenschaften bereits zugelassener Medikamente. Als besonders innovativ gilt zudem der Ansatz der zellulären Reprogrammierung, der eine Wiederherstellung geschädigter Gewebefunktionen ermöglichen soll.
Die Einrichtung einer nationalen Biodatenbank nach Vorbild der britischen Biobank wird als zentraler Baustein empfohlen, um Forschung, klinische Studien und Präventionsstrategien gezielt voranzutreiben. Diese Multi-Omics-Daten sollen dabei helfen, das biologische Altern zu quantifizieren und die Wirkung potenzieller Geroprotektoren evidenzbasiert zu belegen.
Geroprotektion im Fokus: Leopoldina sieht neue Chancen für Pharmaforschung und Prävention
Die Geroprotektion eröffnet dabei neue Perspektiven für die Pharmaindustrie, z. B.:
- Drug Repurposing mit Fokus auf Geroprotektion
- Entwicklung von Biomarkern für das biologische Alter als neue Endpunkte in klinischen Studien
- Zelluläre Reprogrammierung als langfristige Perspektive regenerativer Therapien.
Pharmaunternehmen könnten hier als Partner bei der Translation in die Versorgung und bei der Nutzung großer Gesundheitsdaten eine Schlüsselrolle einnehmen.
Denn, wie es in dem Papier heißt:
„Geroprotektive Wirkungen, d. h. die gleichzeitige Verringerung des Risikos mehrerer chronischer altersbedingter Krankheiten, zeigten sich bei der Verwendung von Medikamenten, die ursprünglich zur Behandlung des Typ-2-Diabetes entwickelt wurden, z. B. Glucagon-like Peptide-1-Rezeptor(GLP-1R) Agonisten (z. B. Semaglutid) und Natrium-Glukose-Transporter-2(SGLT2)-Inhibitoren (z. B. Glifozine).
Es ist daher vielversprechend, zu untersuchen, auf welche Weise sich diese Stoffwechselmedikamente auf die zugrunde liegenden Mechanismen des Alterns geroprotektiv auswirken. Voraussetzung ist allerdings, dass neue Methoden zur Messung der Effekte auf den biologischen Alterungsprozess und die zugrundeliegenden Mechanismen sowohl in der Forschung als auch in klinischen Studien angewendet werden. Solche Untersuchungen könnten aufdecken, wie geroprotektive Interventionen funktionieren und sich weiterentwickeln lassen.“
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