Apothekenbranche: Potenzielle Umwälzungen


In der Apothekenbranche werden die Expansionspläne von dm als möglicher „Game Changer“ bei OTC-Medikamenten gesehen; das ist aber nicht die einzige Herausforderung.

Apotheken: Um ihre zentrale Rolle im Gesundheitssystem zu bewahren, sind innovative Konzepte, strategische Anpassungen und eine starke politische Interessenvertretung notwendig. (Foto von Jahanzeb Ahsan auf Unsplash)

Apothekenmarkt: „Endgegner“ dm

Die geplante Expansion von dm in den Markt für nicht verschreibungspflichtige Medikamente könnte eine Zäsur für die Apothekenlandschaft bedeuten. Während dm bereits in Tschechien entsprechende Angebote etabliert hat, wird diskutiert, inwiefern ein vergleichbares Modell in Deutschland möglich wäre. Der Vorsitzende des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels (Phagro), Marcus Freitag, bezeichnete dm in diesem Kontext als potenziellen „Endgegner“ für klassische Apotheken. Diese müssen sich nun strategisch neu aufstellen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

In Tschechien vertreibt dm eine Vielzahl nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel und Gesundheitsprodukte direkt in den Filialen, was das Unternehmen zu einem ernstzunehmenden Wettbewerber für traditionelle Apotheken macht. Diese Strategie könnte auch in Deutschland Anwendung finden und insbesondere den Verkauf von OTC-Produkten erheblich beeinflussen. Da dm über eine starke Marktposition, ein etabliertes Filialnetz und eine hohe Kundenfrequenz verfügt, könnten Apotheken erhebliche Marktanteile verlieren.

Ein weiteres Risiko stellt die Preisgestaltung dar. Während Apotheken auf feste Margen angewiesen sind, hat dm als Großabnehmer und durch seine Handelsstrukturen möglicherweise größere Spielräume, um günstigere Preise anzubieten. Diese potenzielle Wettbewerbsverzerrung könnte dazu führen, dass klassische Apotheken in diesem Segment weiter unter Druck geraten. Zudem stellt sich die Frage, ob und inwieweit dm Beratungsleistungen anbieten könnte, da Apotheken mit ihrer pharmazeutischen Expertise hier einen entscheidenden Vorteil haben.

Für Apotheken stellt sich hier die Fragen, wie sie sich strategisch aufstellen. Sie sollten vermehrt auf Serviceangebote, persönliche Beratung und digitale Lösungen setzen, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Auch Kooperationen mit Großhändlern oder anderen Akteuren im Gesundheitssektor könnten eine Möglichkeit sein, um sich langfristig zu behaupten. Das zumindest betont Freitag auf dem „Mittagstalks des Phagro“.

Reformen in der Standespolitik und im Gesundheitswesen

Auf politischer Ebene kommt es ebenfalls zu bedeutenden Umbrüchen. Mit Thomas Preis als neuen Präsidenten der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) wird eine neue Strategie verfolgt, die eine effizientere Interessenvertretung der Apotheken anstrebt. Gleichzeitig fordert Franz Knieps, Vorsitzender des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen, tiefgreifende Reformen in der gesetzlichen Krankenversicherung, um Prozesse zu optimieren und die Bürokratie zu reduzieren.

Ein weiteres Problem ist der steigende wirtschaftliche Druck auf Apotheken. Der Kassenabschlag liegt inzwischen bei 2 Euro pro abgegebener Packung, was zusätzliche finanzielle Belastungen bedeutet. Apotheken tragen so zwar zur Stabilisierung der gesetzlichen Krankenkassen bei, sehen sich jedoch gleichzeitig mit steigenden Kosten konfrontiert.

Anpassung und Innovation als Zukunftsstrategie

Trotz aller Herausforderungen gibt es auch positive Entwicklungen in der Branche. Ein Beispiel ist die Expansion der Schwanen Apotheke in Offenbach, die mit neuen Kassenplätzen ihre Kapazitäten erweitert und ihren Kundenservice optimiert hat. Mit 235 Mitarbeitern zählt sie zu den größten Apotheken in Deutschland und zeigt, dass Wachstum auch unter schwierigen Rahmenbedingungen möglich ist.

Fazit: Apotheken müssen sich neu positionieren

Die politischen Debatten zur Zukunft der Apotheken nehmen mit Blick auf die Bundestagswahlen weiter an Fahrt auf. Themen wie Apothekenhonorare und Telepharmazie stehen im Fokus der verschiedenen Parteien, die unterschiedliche Konzepte zur Weiterentwicklung der Branche vorlegen.

Apotheken stehen bereits seit dem Onlinehandel immer wieder vor neuen Herausforderungen. Wichtig sind bei den nächsten Schritten innovative Konzepte, strategische Anpassungen und eine starke politische Interessenvertretung.

 

Quelle: Phagro; ApoRisk® GmbH

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