
Welcome to #ASCO25 — Stay connected. (Foto: Screenshot Website / PM—Report)
Eindrücke von Dr. Harald Müller-Huesmann
ASCO 2025 – das war wie jedes Jahr ein großes Klassentreffen der Krebsmedizin, diesmal bei strahlendem Sonnenschein am Lake Michigan. Glücklich darüber, dass die Immigration mich mit meinem Harvard T-Shirt reingelassen hat, ging's los. Ich nehme euch mit auf einen kleinen Streifzug durch meine persönlichen Highlights.
Blut statt Biopsie: ctDNA auf dem Vormarsch
Es ist ein echter Trend zu spüren: Die klassische Gewebe-Biopsie bekommt Konkurrenz – nämlich aus dem Blut. Die zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) ist inzwischen mehr als nur ein Forschungs-Hype. In der SERENA-6-Studie etwa wurde bei Patientinnen mit Brustkrebs regelmäßig nach ESR1-Mutationen gefahndet. Und wenn da was aufleuchtete? Dann wurde blitzschnell auf eine gezielte Therapie mit Camizestrant umgeschaltet – noch bevor sich der Tumor überhaupt regte. Klingt clever? Ist es auch. Leider hapert's bei uns noch mit der Erstattung solcher Tests – wer zahlt, bestimmt bekanntlich auch das Tempo der Innovation.
Bauchgefühle: jetzt auch immunologisch
Im Darm ging’s ebenfalls ordentlich zur Sache. In der ATOMIC-Studie wurde Immuntherapie in der adjuvanten Situation getestet – also: nach OP, aber bevor sich der Krebs zurückmeldet. Ergebnis? Besonders bei Tumoren mit Mikrosatelliteninstabilität scheint der Zusatz von Atezolizumab zur Chemotherapie eine richtig gute Idee zu sein. Und beim Magen? Da wird FLOT, unser deutscher Export-Schlager, jetzt mit Durvalumab veredelt – das Ganze nennt sich dann MATTERHORN oder besser D-FLOT und hat in puncto Tumorabbau nochmal eine Schippe draufgelegt. Bravo!
HER2+ Brustkrebs: T-DXd mischt die Karten neu
Dann kam ein echter Star auf die Bühne: DESTINY-Breast09 – klingt wie ein Sci-Fi-Film, ist aber eine Studie. Darin wurde geschaut, was passiert, wenn man Trastuzumab Deruxtecan (T-DXd) mit Pertuzumab schon in der ersten Therapielinie kombiniert. Und siehe da: Der Tumor macht schlapp, lange bevor man „progressionsfreies Überleben“ aussprechen kann. Das Beste: Die Wirkung war in allen Patientinnengruppen ähnlich stark. Nebenwirkungen? Ja, gab's auch – aber nichts, was uns in der Praxis völlig aus der Kurve werfen würde. Insgesamt: ein echter Kandidat für den neuen Standard.
Kleine Zellen, große Wirkung
Und dann war da noch der kleine Bruder unter den Lungenkarzinomen – das kleinzellige Bronchialkarzinom. Jahrelang belächelt, kaum therapierbar, wenig Fortschritt. Doch nun: IMforte! Hier wurde nach erfolgreicher Erstlinientherapie einfach mal weiterbehandelt – mit Atezolizumab plus Lurbinectedin. Klingt erstmal unspektakulär, war aber ziemlich wirksam. Weniger Rückfälle, längeres Überleben – und erstmals das Gefühl, diesem aggressiven Tumor wirklich Paroli bieten zu können. Vielleicht nicht die Revolution, aber eine sehr erfreuliche Evolution.
Und sonst so?
Natürlich gab es auch wieder viele spannende Diskussionen, neue Kombinationen bei triple-negativem Brustkrebs, ADCs hier, Checkpoint-Inhibitoren da – aber vor allem: Es war ein Kongress der Ideen. Und auch ein bisschen ein Kongress der Sorgen. Einige amerikanische Kolleg:innen blickten mit gemischten Gefühlen auf das, was die Politik im Gesundheitswesen noch mit sich bringen mag. Aber wir Onkolog:innen sind ja Optimisten. Sonst hätten wir den falschen Job.
Fazit?
Ich reise zurück mit Jetlag, aber auch mit einem Herzen voller Neugier. Die Daten waren stark, die Gespräche inspirierend, die Stadt sowieso ein Erlebnis. Jetzt gilt es nur noch, das alles in den deutschen Klinikalltag zu übertragen – inklusive der Erkenntnis, dass Wissenschaft nicht nur nüchtern, sondern auch lebendig sein darf.

Harald Müller-Huesmann
Ärztlicher Leiter des Medizinischen Versorgungszentrums im MediCo Paderborn gGmbH, Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie, Palliativmedizin.
Erhalten Sie jetzt uneingeschränkten Zugriff auf alle interessanten Artikel.
- Online-Zugriff auf das PM-Report Heftarchiv
- Aktuelle News zu Gesundheitspolitik, Pharmamarketing und alle relevanten Themen
- 11 Ausgaben des PM-Report pro Jahr inkl. Specials
