
TK-Chef Jens Baas betont: „Wir sind jetzt in der Phase, in der die ePA in der breiten Bevölkerung ankommen muss. Dafür ist entscheidend, dass Ärztinnen und Ärzte sie tatsächlich in der Praxis einsetzen.“ (Photo by National Cancer Institute on Unsplash)
Die elektronische Patientenakte (ePA) ist technisch weit verbreitet, wird von den Versicherten aber bislang kaum aktiv genutzt. Das geht aus aktuellen Zahlen großer gesetzlicher Krankenkassen hervor: Obwohl inzwischen über 70 Millionen ePAs automatisch angelegt wurden, loggen sich nur wenige Patient:innen tatsächlich ein. Ein Umstand, der auch Ärztinnen und Ärzte zunehmend beschäftigt.
Nutzung bleibt hinter Erwartungen zurück
Wie eine dpa-Umfrage ergab, verfügen bei der Techniker Krankenkasse (TK) rund elf Millionen Versicherte über eine ePA. Aktiv nutzen sie aber lediglich etwa 750.000. Ähnlich sieht es bei der Barmer aus: Von 7,8 Millionen angelegten Akten greifen nur rund 250.000 Versicherte regelmäßig darauf zu. Die AOK meldet sogar nur 200.000 aktive Nutzer:innen unter 25,8 Millionen ePA-Inhaber:innen.
Ein Grund: Um die Akte aktiv zu nutzen, müssen Versicherte sich zunächst mit einer Gesundheits-ID registrieren und freischalten lassen. Erst danach ist es möglich, etwa den Zugriff einzelner Ärzt:innen auf bestimmte Dokumente zu beschränken oder persönliche Gesundheitsdaten einzusehen.
Ab Oktober wird Nutzung für Praxen Pflicht
Ein Impuls für die breitere Nutzung könnte ab Oktober kommen. Dann nämlich sind Vertragsärztinnen und -ärzte gesetzlich verpflichtet, die ePA aktiv zu befüllen. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, setzt auf diesen Schritt: „Bisher ist die Zahl der Versicherten, die sich in ihre elektronische Patientenakte einloggen, noch überschaubar. Das wird sich hoffentlich ändern, wenn die ePA in der ärztlichen Versorgung ankommt.“
Auch TK-Chef Jens Baas betont die Bedeutung des medizinischen Alltags: „Wir sind jetzt in der Phase, in der die ePA in der breiten Bevölkerung ankommen muss. Dafür ist entscheidend, dass Ärztinnen und Ärzte sie tatsächlich in der Praxis einsetzen.“ Nur wenn die Akte mit relevanten Dokumenten gefüllt sei und sich in der Routine etabliere, könne sie ihren Mehrwert für die Versorgung entfalten.
Opt-out-Prinzip seit Januar, doch Hürden bleiben
Seit Anfang 2025 wird die ePA für gesetzlich Versicherte nach dem sogenannten „Opt-out“-Verfahren automatisch eingerichtet. Wer keine ePA wünscht, muss aktiv widersprechen. Die technische Anbindung der Praxen und Kliniken wird derzeit bundesweit ausgerollt. Ein einfaches Einstecken der Versichertenkarte am Empfang erlaubt Ärzten den Zugriff. Vorausgesetzt, der Patient hat dem nicht widersprochen oder individuelle Einschränkungen eingestellt.
Ärzteverbände mahnen realitätsnahe Umsetzung an
Vertreter:innen medizinischer Berufsverbände betonen, dass der Nutzen der ePA nicht nur von Technik und gesetzlicher Pflicht abhänge, sondern von der Akzeptanz im Praxisalltag. Die Bundesärztekammer hatte zuletzt mehr Schulung, bessere IT-Infrastruktur und einen klaren rechtlichen Rahmen gefordert, um Ärztinnen und Ärzte nicht zu überfordern.
Die ePA gilt als zentrales Element der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Sie soll helfen, Doppeluntersuchungen zu vermeiden, Medikationsfehler zu reduzieren und Behandlungen effizienter zu gestalten. Doch bis sie im Versorgungsalltag flächendeckend ankommt, dürfte es noch Anstrengung auf mehreren Ebenen brauchen – nicht zuletzt bei der Aufklärung der Versicherten. Auch ein großer Kritikpunkt in Richtung der Krankenkassen von Ärzteverbänden.
Hintergrund:
- Über 70 Millionen gesetzlich Versicherte haben seit Januar 2025 automatisch eine ePA erhalten.
- Nutzung ist freiwillig, aktiver Zugriff erfordert Identifikation per Gesundheits-ID.
- Ab Oktober 2025 müssen Vertragsärzte relevante Dokumente in die ePA einstellen.
- Patient:innen können Zugriffsrechte online verwalten – müssen sich dafür aber selbst einloggen.
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