EU-Arzneimittelzulassungen: Starker Zuwachs 2024


Bei den Arzneimittelzulassungen blickt die EU auf ein stärkeres Jahr zurück und hat in 2025 einen lebhaften Start hingelegt.

Die Entwicklung zu Jahresbeginn lässt zumindest für das 1. Quartal 2025 eine starke Zulassungsbilanz erwarten: Bis zum 3. Februar 2025 standen bereits 7 Neuzulassungen in den Büchern. (Foto von Shubham Dhage auf Unsplash)

 

Die EMA und Europäische Kommission haben das Jahr 2024 mit einer deutlichen Zunahme an Arzneimittelzulassungen im Vergleich zu 2023 abgeschlossen. Der Start ins neue Jahr lässt schon mal für das 1. Quartal eine ebenfalls erfolgreiche Bilanz erwarten.

Im vergangenen Jahr hat die Europäische Kommission nach dem zentralisierten Verfahren 70 neue Arzneimittel, Diagnostika und Impfstoffe für den EWR (EU plus Norwegen, Island und Liechtenstein) zugelassen, nach nur 54 im Jahr 2023. Das entspricht einer Steigerung von rund 30%.

Wieder an gutes Jahr 2022 angeknüpft

Mit dieser Bilanz können die EMA und EU-Kommission nach einem verhaltenen Verlauf im Jahr 2023 wieder an das gute Jahr 2022 anknüpfen, als auf vergleichbarer Basis 71 Arzneimittel erstmals verkehrsfähig wurden. Auf vergleichbarer Basis bedeutet: Wir hatten 2022 zwar 75 Zulassungen ausgewiesen. Darin sind jedoch auch die ersten 4 Anpassungen (Typ-II-Variations) bereits zugelassener COVID-19-Vakzinen an Omikron-Subvarianten enthalten, die wir in diesem besonderen Jahr wie Neuzulassungen behandelt haben.

Über das Zulassungsgeschehen in den ersten drei Quartalen 2024 hatten wir bereits im Beitrag Bilanz Arzneimittelzulassungen: Erwarteter Spitzenwert für das Gesamtjahr 2024 (PM—Report, Heft 12, Dezember 2024) berichtet. Der vorliegende Artikel ist daher eine Fortschreibung des Beitrags mit Schwerpunkt auf dem 4. Quartal.

Jedes vierte neue Arzneimittel für Krebspatient:innen bestimmt

Wie so oft waren auch 2024 Antineoplastische Substanzen das führende Indikationsgebiet. Auf diese entfielen 17 Zulassungen. Damit ist fast jedes Vierte im vergangenen Jahr neu zugelassene Arzneimittel für Krebspatient:innen bestimmt.

Auf den nächsten Plätzen folgen:

  • Platz 2: Hämatologika (9 Zulassungen) gleichauf mit Immunsuppressiva (9 Zulassungen, darunter 7 Biosimilars)
  • Platz 3: Vakzinen (7 Zulassungen)
  • Platz 4: Ophthalmika (6 Zulassungen).
  • Platz 5: Herz / Kreislauf (5 Zulassungen)

 

Insgesamt fallen drei Viertel der Zulassungen (53 Arzneimittel) in eine der Top 5 Indikationsgruppen.

17 neue Orphan Drugs

Von den neuen Arzneimitteln des Jahres 2024 haben 17 (Vorjahr: 12) den Status eines Humanarzneimittels für seltene Leiden (Orphan Drug); 16 von ihnen wurden bereits in den ersten drei Quartalen zugelassen und eines im 4. Quartal.

Im 4. Quartal (am 14.11.24) erhielt das Orphan Drug Elahere (Mirvetuximab-Soravtansin) von AbbVie das Plazet der EU-Kommission. Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat ist indiziert als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patientinnen mit Folatrezeptor-alpha (FRα)-positivem, platinresistentem, high-grade serösem epithelialem Ovarial-, Tuben- oder primärem Peritonealkarzinom, die zuvor ein bis drei systemische Behandlungslinien erhalten haben.

16 neue Biosimilars

Im Gesamtjahr 2024 wurden 16 Biosimilars zugelassen, 3 davon im 4. Quartal.

  • Im Schlussquartal gab die Europäische Kommission grünes Licht für zwei Biosimilars des Augenarzneimittels (AMD u. a.) Eylea (Aflibercept): Afqlir von Sandoz sowie Opuviz von Samsung Bioepis und Biogen.
  • Außerdem wurde ein weiteres Biosimilar mit dem Antikörper Ustekinumab (Referenzarzneimittel: Stelara) zugelassen: Absimky / Imuldosa von Accord. 

 

Damit registrierten wir 2024 insgesamt 6 Zulassungen für Stelara-Biosimilars. Es handelt sich um die ersten Zulassungen von Biosimilars dieses Immunsuppressivums, das u. a. bei Psoriasis, Psoriatischer Arthritis und Morbus Chron indiziert ist.  

Gut 16 Monate von der Einreichung bis zur Zulassung

Aus den Angaben der Europäischen Kommission zum Zulassungsdatum und dem in den EPARs genannten Einreichungsdatum konnten wir für 68 der 70 Neuzulassungen in der Berichtszeit jeweils die Verfahrensdauer errechnen (in zwei Fällen lag zum Stichtag 06.02.25 kein EPAR vor). Im Durchschnitt vergingen von der Einreichung bei der EMA und der Zulassung durch die EU-Kommission rund 476 Tage, was knapp 16 Monaten entspricht.

Ein kurzer Blick auf 2025

Die Entwicklung zu Jahresbeginn lässt zumindest für das 1. Quartal 2025 eine starke Zulassungsbilanz erwarten: Bis zum 3. Februar 2025 standen bereits 7 Neuzulassungen in den Büchern, die den Kriterien für unsere Auswertung entsprechen.  Gleichzeitig warteten noch 24 Zulassungsempfehlungen des CHMP aus den Plenarsitzungen von Oktober 2024 bis Januar 2025 auf eine Entscheidung durch die Kommission.

  • Dazu gehört auch Welireg (Belzutifan) von MSD. Der CHMP empfahl bei seiner Sitzung im Dezember 2024 die bedingte Zulassung des HIF-2α-Hemmers zur Behandlung von Erwachsenen mit bestimmten Tumoren, die mit dem seltenen und lebensbedrohlichen Von-Hippel-Lindau-Syndrom (VHL-Syndrom) assoziiert sind. Für diese Indikation gab es laut EMA bisher in der EU keine systemischen Behandlungsoptionen. Der Ausschuss empfahl Welireg außerdem zur Zulassung für die Behandlung von Erwachsenen mit vorbehandeltem fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom (RCC).  
  • Ebenfalls auf der Agenda steht das Alzheimer-Arzneimittel Leqembi (Lecanemab). Im November 2024 empfahl der CHMP die Zulassung des Antikörpers zur Behandlung von Erwachsenen mit klinischer Diagnose einer leichten kognitiven Beeinträchtigung oder leichter Demenz infolge einer frühen Alzheimer-Erkrankung, die keine oder nur eine Kopie des ApoE4-Gens besitzen. Mit der Empfehlung revidierte der CHMP seine Negative Opinion vom Juli 2024. Allerdings wird sich der Ausschuss auf Ersuchen der EU-Kommission erneut mit Leqembi befassen. Dabei geht es um Informationen über die Sicherheit des Arzneimittels, die nach der Verabschiedung der Positive Opinion von November 2024 verfügbar wurden.  Der Ausschuss soll untersuchen, ob diese möglicherweise ein Update der Opinion erfordern. Der CHMP will nach seiner Plenarsitzung im Februar 2025 eine Antwort geben.

 

Unsere Auswertung erfasst neue Therapien, neue Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen sowie Biosimilars. Nicht mitgezählt wurden Generika und Informed-Consent-Zulassungen. Zulassungen identischer Arzneimittel unter mehreren Handelsnamen wurden nur einmal gezählt.

Ausgewertete Quellen: Union Register of Medicinal Products (Europäische Kommission), EPARs (EMA-Website, Rubrik Medicine), CHMP Meeting Highlights (EMA-Website, Rubrik Committees).   

Zusammengestellt für Sie von Bertold Schmitt-Feuerbach.

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