Finanzierung des Gesundheitssystems: Und ewig grüßt das Murmeltier


Die Diskussionen über neue Möglichkeiten, das Gesundheitssystem besser oder klüger finanzieren zu können, gibt es schon sehr lange. Nun fängt es wieder an. 

Es ist eine ewige Diskussionsspirale, wenn es um die Finanzierung des Gesundheitssystems geht. (Foto von Reid Zura auf Unsplash) 

Entzündet durch einen Vorstoß von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck

So ist es für Habeck unlogisch, dass die Arbeit höher belastet werde als Einkommen aus Kapitalanlagen. Also Kapitalerträge sind bislang von Sozialversicherungsbeiträgen freigestellt. Arbeitslöhne würden dadurch stärker belastet als Kapitalerträge. „Und deswegen schlagen wir vor, dass wir auch diese Einkommensquellen (...) sozialversicherungspflichtig machen.“ Wenn auf diese Weise die Beitragsgrundlage der gesetzlichen Krankenversicherung verbreitert werde, sei dies „ein Schritt zu mehr Solidarität innerhalb des Systems“, findet Habeck.

Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK), schreibt daraufhin auf LinkedIn:

„Lieber Robert Habeck, wir haben in Deutschland innerhalb Europas bereits mit das teuerste Gesundheitssystem - ohne dafür die besten Ergebnisse zu bekommen.

Wir sollten also weniger darüber nachdenken, wie wir den Versicherten noch mehr Geld abnehmen, sondern viel mehr darüber, wie wir diese Mittel klüger einsetzen können.

Kurz: wie wir eine bessere Versorgung für weniger Geld organisieren können.

Dafür reichen einfache Lösungen nicht mehr aus, wir brauchen grundlegende Reformen. Und ja, diese durchzusetzen ist politisch schwierig, dafür haben alle Politiker mein volles Verständnis.

Stattdessen aber schlicht den Versicherten immer noch mehr Geld abzunehmen, auf welchem Weg auch immer, ist zwar einfach, aber definitiv nicht die Lösung!“

Zeit für Entscheidungen

Baas macht das nicht ganz uneigennützig, das Statement in Richtung Habeck nutzt er nämlich auch dazu, um auf die Forderungen seiner Kasse gegenüber der neuen Bundesregierung aufzunehmen. Die lauten „Zeit für Entscheidungen“.

Darin betont er wiederum, dass „… die vielen drängenden Probleme im Gesundheitswesen unmissverständlich zeigen, dass es ohne grundlegende Veränderungen im System nicht weitergehen kann. Zu oft bestimmen Zufälle und historische Strukturen die medizinische Versorgung. Unser Gesundheitswesen muss effizienter werden, damit wir es dauerhaft bezahlen können. Es ist Zeit, klare Entscheidungen zu treffen und nachhaltige Reformen anzustoßen, um die dringend notwendigen Verbesserungen für die Patientinnen und Patienten zu erzielen.“

Seltsam in diesem Zusammenhang, dass ein Gesundheitsökonom im Amt als Bundesgesundheitsminister sehr wohl einiges angestoßen hat, um das Gesundheitswesen umzukrempeln. Dabei ist ihm aber nicht selten sehr harter Wind entgegengeblasen worden, weil seine Reformvorhaben ja alle nicht so gehen.

Höhere Preise auf Arzneimittel

Unter dem Punkt „Finanzierung“ fordert die TK folgendes:

„Ein Ende der Ausgabensteigerungen ist ohne politisches Handeln nicht in Sicht. Die GKV braucht deshalb ein Sofortprogramm, das schnell für finanzielle Entlastung sorgt. Das geht auch ohne Leistungskürzungen, zum Beispiel durch eine Erhöhung des Herstellerabschlags bei Arzneimitteln, die Möglichkeit von Ausschreibungen in der Hilfsmittelversorgung und die Rückkehr zur Grundlohnsummenbindung bei Heilmitteln. Darüber hinaus braucht es aber auch langfristig wirksame, echte strukturelle Veränderungen, die die Versorgung effizienter machen. Kaum ein Land gibt so viel Geld für die Gesundheitsversorgung aus wie Deutschland. Dieses Geld muss effizient eingesetzt werden, um die Spirale der Beitragserhöhungen zu durchbrechen.“

Und weiter heißt es: „Die nächste Regierung muss außerdem dafür sorgen, dass Staatsaufgaben, die die GKV übernimmt, aus Steuergeldern finanziert werden - und nicht weiterhin von den Beitragszahlenden. Dazu gehören kostendeckende Beiträge für Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger, da die GKV derzeit vom Staat nur etwa ein Drittel der Kosten für diese Gruppe erstattet bekommt. Außerdem sollte der Steuerzuschuss, den die GKV für sogenannte versicherungsfremde Leistungen erhält, an die gestiegenen Ausgaben angepasst und dynamisiert werden.“

Zugang zu Innovationen und faire Arzneimittelpreise

Das ist ein Vorschlag unter dem Aspekt „Versorgung“. 

So will die Kasse „einen schnellen Zugang zu Innovationen. Der Schlüssel dazu sind faire und transparente Arzneimittelpreise. Denn die Ausgaben für Arzneimittel steigen deutlich. Die TK schlägt ein Preismodell für patentgeschützte Arzneimittel vor, das auf nachvollziehbaren Kriterien basiert. Auch eine Fokussierung auf den Nutzen für die Versicherten ist notwendig, insbesondere durch die Einführung von Fokuslisten für neue Arzneimittel. Zudem sollten die bestehenden Rabattverträge für Generika weiterentwickelt werden, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen und Engpässe zu vermeiden.“

 

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