Gesetzliche Krankenkassen: Kritische Finanzlage


In den Medien wird auch von einer „finanziellen Zerreißprobe“ gesprochen.

Auf dem Foto ist eine Versichertenkarte einer Krankenkassen zu sehen, die in einem Stethoskop liegt.

Im vergangenen Jahr haben die gesetzlichen Krankenkassen ein Defizit von 6,2 Mrd. Euro verbucht. Der Ruf nach Reformen wird immer lauter. (Foto von Marek Studzinski auf Unsplash)

 

Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) in Deutschland haben das Jahr 2024 mit einem Defizit von rund 6,2 Mrd. Euro abgeschlossen. Den Einnahmen von 320,6 Mrd. Euro standen Ausgaben von 326,9 Mrd. gegenüber. Die Finanzreserven der Kassen sanken zum Jahresende auf 2,1 Mrd. Euro, was 0,08 Monatsausgaben entspricht und damit deutlich unter der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserve von 0,2 Monatsausgaben liegt.

Steigende Ausgaben und Beitragserhöhungen

Die Ausgaben der Krankenkassen stiegen 2024 um 7,7%, insbesondere aufgrund höherer Kosten für Krankenhausbehandlungen (+8,7%), Arzneimittel (+9,9%) und ambulante ärztliche Behandlungen (+6,3%). 

Um die Finanzierungslücke zu schließen, wurde der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz für 2025 auf 2,5% festgesetzt, ein Anstieg um 0,8 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Tatsächlich liegt der von den Krankenkassen erhobene durchschnittliche Zusatzbeitragssatz mit 2,92% bereits über dem offiziellen Durchschnittswert, da viele Kassen ihre abgeschmolzenen Reserven wieder auffüllen müssen.

Frühzeitige Auszahlung von Bundeszuschüssen

Angesichts der kritischen finanziellen Lage hat die Bundesregierung beschlossen, 800 Mio. Euro Bundeszuschuss bereits im Mai 2025 – und damit früher als geplant – bereitzustellen, um die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zu stabilisieren. Dies ist notwendig, da die Mindestreserve dieses zentralen Verteilungsfonds für die Krankenkassen unterschritten wurde.

Die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken sagte dem Handelsblatt, die Lage der Krankenkassen sei noch dramatischer als angenommen. Um weitere Beitragserhöhungen zu verhindern, müsse man schnell handeln.

Forderungen nach strukturellen Reformen

Ins gleiche Horn bläst Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, die vor einer dramatisch schlechten finanziellen Lage der gesetzlichen Krankenversicherung warnte und ein sofortiges Notprogramm zur finanziellen Stabilisierung sowie noch vor der Sommerpause ein Vorschaltgesetz forderte, um die zunehmenden Defizite zu stoppen. Auch DAK-Chef Andreas Storm sprach von einem drohenden „Beitrags-Tsunami“, sollten keine kurzfristigen Gegenmaßnahmen folgen.

Langfristige Perspektiven

Eine Studie des IGES-Instituts prognostiziert, dass der Beitragssatz bis 2035 auf bis zu 51,2% steigen könnte, wenn keine grundlegenden Reformen erfolgen. Die Bundesregierung plant langfristig eine Reform zur Stabilisierung der GKV-Finanzen; entsprechende Vorschläge soll eine Kommission bis Frühjahr 2027 vorlegen.

 

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