
Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst und Dr. med. Klaus Reinhardt, Bundesvorsitzender des Hartmannbundes, betonen: „Die Digitalisierung kann und wird unser Gesundheitssystem grundlegend verbessern. Sie ist der Schlüssel zu einer zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung – sie ermöglicht schnellere Diagnosen, individuellere Therapien und kann das medizinische Personal entlasten.“ (Foto von Lenzil Gonsalves auf Unsplash)
Laut einer aktuellen Umfrage zur Digitalisierung der Medizin von Bitkom und Hartmannbund sehen 78% der Ärztinnen und Ärzte in KI eine große Chance für die Medizin, zugleich fordern 76% eine strenge Regulierung. Auch bei der elektronischen Patientenakte (ePA) überwiegt die Offenheit: Zwei Drittel stehen der ePA positiv gegenüber, doch 77% fühlen sich auf den Einsatz schlecht vorbereitet.
Insgesamt bewerten 81% der Befragten die Digitalisierung als Chance, bemängeln aber hohe Komplexität, zu starke Regulierung und unzureichende technische Reife digitaler Anwendungen. 72% sehen im derzeitigen Datenschutz eine Innovationsbremse. Mit Blick auf die neue Bundesregierung fordert eine Mehrheit, die Digitalisierung stärker voranzutreiben – insbesondere bei der ePA und der Nutzung von Gesundheitsdaten.
Die Ergebnisse der Umfrage in der Übersicht
1. Künstliche Intelligenz: Einsatz steigt, Potenzial groß
Verbreitung:
- KI kommt in 15% der niedergelassenen Praxen bereits zum Einsatz (Diagnostik, Praxisverwaltung).
- In 18% der Kliniken wird KI genutzt – doppelt so viel wie 2022.
Akzeptanz:
- 78% der Ärzt:innen sehen KI als große Chance für die Medizin.
- 60% trauen KI in Einzelfällen bessere Diagnosen zu als Menschen.
Forderungen:
- 67% fordern gezielte Förderung von KI.
- 76% bestehen auf klarer Regulierung, z. B. über den EU AI Act.
Relevanz für Pharma:
- KI-basierte Diagnostik eröffnet Chancen für personalisierte Therapien.
- Die Bereitschaft der Ärzteschaft für KI-getriebene Versorgung könnte den Zugang zu Real-World-Daten erleichtern – sofern ethisch und technisch abgesichert.
2. Elektronische Patientenakte (ePA): Offenheit hoch, Umsetzung kritisch
Akzeptanz:
- 68% sind aufgeschlossen gegenüber der ePA, aber nur 23 % fühlen sich gut vorbereitet.
- 41% freuen sich auf die Arbeit damit, mehr als die Hälfte hätte eine frühere Einführung begrüßt.
Sorgen:
- 86% erwarten technische Probleme, 66 % fürchten Datenmissbrauch, 61% befürchten Überforderung.
Relevanz für Pharma:
- Die ePA bietet Potenzial für digitale Versorgungsforschung, Medikamentensicherheit (z. B. Interaktionsprüfung) und Nutzung aggregierter Patientendaten für Forschung – bei entsprechender Governance.
3. Weitere digitale Technologien: Robotik, Telemedizin, VR
Kliniken:
- 26% setzen Robotik ein, 11% nutzen VR, 28% Telekonsile, 10% Remote Monitoring.
Praxen:
- 37% bieten Online-Termine, 25% Videosprechstunden, 21% werten Gesundheits-Apps aus.
Relevanz für Pharma:
- Neue Touchpoints für digitale Therapiebegleitung und Remote-Monitoring.
- Partnerschaften mit Kliniken und Start-ups können datengetriebene Studien und digitale Wirkstoffunterstützung ermöglichen.
4. Hürden der Digitalisierung: Bürokratie, Technik, Datenschutz
Haupthemmnisse laut Ärzt:innen:
- Komplexität des Systems (81%)
- langwierige Zertifizierungen (57%)
- mangelnde Marktreife digitaler Tools (65%)
- Datenschutz als Innovationsbremse (72%)
Relevanz für Pharma:
- Datennutzung und Real-World-Evidence-Projekte stoßen auf regulatorische Engpässe.
- Es besteht wachsende Bereitschaft zu pragmatischen Datenschutzlösungen, um Innovation zu ermöglichen.
5. Haltung zur Digitalisierung: Aufgeschlossen, aber skeptisch beim Tempo
- 81% sehen Digitalisierung als Chance, nur 16% als Risiko.
- 83% sehen Deutschland im Rückstand.
- 62% fordern von neuer Ministerin mehr Tempo, 24% wünschen sich Entschleunigung.
Relevanz für Pharma:
- Gute Ausgangslage für Dialog mit Ärzt:innen über digitale Services, eHealth-Angebote oder Studien.
- Erwartung an Politik und Industrie, lösungsorientierte, interoperable, vertrauenswürdige Tools bereitzustellen.
Fazit für Pharmaunternehmen
- Chance: Ärzt:innen stehen Innovationen wie KI, ePA und digitaler Diagnostik grundsätzlich offen gegenüber.
- Herausforderung: Technik, Datenschutz und praktische Umsetzung werden als Hürde empfunden.
- Handlungsimpuls: Pharma kann durch Kooperationen, Schulungsangebote, praxisnahe Tools und verantwortungsvolle Datenstrategien Vertrauen stärken – und so Teil der digitalen Transformation sein.

Grafik: bitkom
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