
Dr. Carola Reimann vom AOK-Bundesverband findet, „dass die gesetzlichen Regelungen zur Substitution weiterer Biosimilars nun endlich umgesetzt werden, ist angesichts der Entwicklung der Arzneimittelausgaben in der GKV, die sich auf Rekordniveau bewegen, wichtig und richtig. Durch den direkten Wettbewerb infolge der Austauschbarkeit wird die Versorgung der Versicherten künftig günstiger und die Solidargemeinschaft der GKV finanziell weniger belastet. Außerdem wird die Versorgung sicherer, denn Apotheken können dann unbürokratisch und aufwandsarm die entsprechenden wirkstoffanalogen Arzneimittel abgeben und ohne erneuten Arztkontakt flexibel austauschen.“ (Photo by Nastya Dulhiier on Unsplash)
Die Pläne des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die Substitutionsliste für Biosimilars auszuweiten, stoßen auf ein geteiltes Echo: Während die Krankenkassen den Schritt ausdrücklich begrüßen, schlagen Pharma- und Biotechverbände Alarm. Sie warnen vor wachsendem Preisdruck, drohenden Lieferengpässen und einer Schwächung des Produktionsstandorts Deutschland.
Seit dem 15. März 2024 sind Apotheken verpflichtet, bestimmte biotechnologisch hergestellte Arzneimittel gegen günstigere Biosimilars auszutauschen – auf Basis einer bislang sechs Wirkstoffe umfassenden Substitutionsliste des G-BA. Nun plant der Ausschuss eine Erweiterung dieser Liste und hat dafür ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet.
AOK: Substitution ist „wichtig und richtig“
Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Dr. Carola Reimann, begrüßt die Initiative: „Angesichts der Rekordausgaben in der GKV ist es richtig, die Austauschbarkeit weiterer Biosimilars endlich umzusetzen.“ Das spare Kosten, vereinfache die Abgabe in Apotheken und erhöhe die Versorgungssicherheit. „Andere EU-Länder sind Deutschland hier weit voraus – höchste Zeit, dass wir aufholen“, findet Reimann.
Sie verweist auf die langjährige Erfahrung mit Biosimilars in Europa. Der medizinisch sichere Austausch sei längst belegt. Schon die seit einem Jahr geltende Austauschregelung bei parenteralen Zubereitungen habe sich bewährt.
Industrie kritisiert „gesetzlichen Rückschritt“
Die pharmazeutische Industrie hingegen warnt eindringlich vor den Folgen. Durch die automatische Substitution könnten Krankenkassen exklusive Rabattverträge mit einzelnen Herstellern abschließen: ein Modell, das den Preiswettbewerb verschärfe und kleinere Anbieter unter wirtschaftlichen Druck setze. Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa), der BPI, Pharma Deutschland, BIO Deutschland, Pro Generika und die Arbeitsgemeinschaft Pro Biosimilars äußerten sich in einer gemeinsamen Stellungnahme kritisch.
„Ein extremer Preisdruck gefährdet die Versorgung schwerkranker Menschen und begünstigt die Verlagerung der Produktion ins Ausland“, heißt es. Dies führe zu einem Verlust an technologischer Souveränität und erhöhe das Risiko von Lieferengpässen – wie sie im Generikamarkt bereits Realität seien.
Bestehende Einsparinstrumente reichen laut Industrie aus
Die Verbände betonen, dass der Biosimilar-Markt schon heute hoch kompetitiv sei. Hohe Verordnungsquoten sowie bestehende Instrumente wie Festbeträge, Open-House-Verträge und Herstellerzwangsrabatte sorgten bereits für substanzielle Einsparungen bei den Kassen. Weitere Maßnahmen seien unnötig – und potenziell gefährlich.
Kritisiert wird auch, dass der G-BA mit dem aktuellen Verfahren ein Gesetz aus dem Jahr 2019 umsetzt, das nicht mehr den heutigen Gegebenheiten entspreche. Die COVID-19-Pandemie und aktuelle geopolitische Entwicklungen hätten die Bedeutung einer resilienten, europäischen Arzneimittelproduktion deutlich gemacht. Der jetzige Kurs sei daher „kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt“, so der Tenor der Industrie.
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