Die kommenden Monate werden zeigen, wie die Entscheidungen die globale Gesundheitsversorgung und den Technologiebereich beeinflussen und ob es zu neuen internationalen Allianzen oder Konflikten kommen wird. (Foto von GR Stocks auf Unsplash)
Die Vereinigten Staaten haben unter der neuen Regierung ihren Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingeleitet. Neu- und Alt-Präsident Donald Trump unterzeichnete dazu eine entsprechende Durchführungsverordnung an seinem ersten Tag im Amt. Die Entscheidung hat weltweit Besorgnis ausgelöst, da sie potenziell die globale Gesundheitsüberwachung und die Pandemievorsorge beeinträchtigen könnte.
Hintergründe zum WHO-Austritt
Der Schritt wird mit mehreren Kritikpunkten an der WHO begründet. Laut der Verordnung hätten „Fehlentscheidungen während der COVID-19-Pandemie“, ein „Mangel an notwendigen Reformen“ und der „politische Einfluss bestimmter Mitgliedsstaaten“ die Entscheidung beeinflusst. Zudem kritisierte Trump die unverhältnismäßig hohen Zahlungen der USA, die 2023 etwa 1,3 Mrd. US-Dollar und damit rund 16% des WHO-Budgets ausmachten.
Die USA hatten bereits 2020 während Trumps erster Amtszeit versucht, aus der WHO auszutreten. Das wurde jedoch von seinem Nachfolger Joe Biden im Jahr 2021 wieder rückgängig gemacht.
Experten befürchten, dass der erneute Rückzug die globale Krankheitsüberwachung gefährden könnte. Amesh Adalja, leitender Wissenschaftler am Johns Hopkins Center for Health Security, warnt, dass der Austritt die Fähigkeit der USA, auf internationale Gesundheitsnotfälle zu reagieren, erheblich einschränken könnte.
Nächster Streich: Aufhebung von KI-Regulierungen
In einer separaten Anordnung setzte Trump auch zentrale KI-Regulierungen aus der Biden-Ära außer Kraft. Die ursprünglichen Vorschriften zielten darauf ab, Sicherheits- und Transparenzstandards für KI-Entwickler:innen zu fördern, insbesondere im Gesundheitswesen. Unter anderem sollten durch den Einsatz von KI die Entwicklung lebensrettender Medikamente beschleunigt und gleichzeitig Patientensicherheitsprogramme gestärkt werden.
Mit der Aufhebung dieser Regulierungen wird die Richtung der amerikanischen KI-Politik unklar. Während andere Länder wie die EU mit dem AI Act strenge Rahmenbedingungen für KI-Anwendungen, speziell im Gesundheitswesen, schaffen, scheinen die USA nun einen flexibleren, marktorientierten Ansatz zu verfolgen.
Internationale Reaktionen und zukünftige Herausforderungen
Die Entscheidungen der neuen US-Regierung werfen Fragen über die langfristigen Auswirkungen auf globale Kooperationen im Gesundheits- und Technologiebereich auf. Der WHO-Austritt könnte zu einer Finanzierungslücke führen, da die USA bisher zu den größten Geldgebern der Organisation zählten. Befürworter betonten dagegen die Notwendigkeit, nationale Interessen stärker in den Vordergrund zu rücken.
Auch die Lockerung der KI-Regulierungen wird weltweit mit Skepsis betrachtet. Während einige Beobachter darin eine Chance für Innovation und Wettbewerb sehen, äußern andere Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und ethischen Verantwortung beim Einsatz neuer Technologien.
Reaktion der WHO
Die Weltgesundheitsorganisation bedauert die Ankündigung, „dass die Vereinigten Staaten von Amerika beabsichtigen, aus der Organisation auszutreten. Die WHO spielt eine entscheidende Rolle beim Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Menschen auf der Welt, einschließlich der Amerikaner, indem sie die Ursachen von Krankheiten bekämpft, stärkere Gesundheitssysteme aufbaut und gesundheitliche Notfälle, einschließlich Krankheitsausbrüchen, erkennt, verhindert und darauf reagiert, oft an gefährlichen Orten, an die andere nicht gehen können.
Die Vereinigten Staaten waren 1948 Gründungsmitglied der WHO und haben seitdem neben 193 anderen Mitgliedstaaten an der Gestaltung und Steuerung der Arbeit der WHO mitgewirkt, unter anderem durch ihre aktive Teilnahme an der Weltgesundheitsversammlung und dem Exekutivrat. Über sieben Jahrzehnte hinweg haben die WHO und die USA unzählige Leben gerettet und Amerikaner und alle Menschen vor Gesundheitsgefahren geschützt. Gemeinsam haben wir die Pocken besiegt und gemeinsam haben wir Polio an den Rand der Ausrottung gebracht. Amerikanische Institutionen haben zur Mitgliedschaft in der WHO beigetragen und davon profitiert. Unter Beteiligung der Vereinigten Staaten und anderer Mitgliedstaaten hat die WHO in den letzten sieben Jahren die umfangreichsten Reformen ihrer Geschichte umgesetzt, um unsere Rechenschaftspflicht, Kosteneffizienz und Wirkung in den Ländern zu verbessern. Diese Arbeit geht weiter.
Wir hoffen, dass die Vereinigten Staaten ihre Meinung ändern, und freuen uns auf einen konstruktiven Dialog, um die Partnerschaft zwischen den USA und der WHO zum Wohle der Gesundheit und des Wohlbefindens von Millionen Menschen auf der ganzen Welt aufrechtzuerhalten.“
Keine Leitlinien mehr zu Diversität in klinischen Studien
Nach dem Machtwechsel im Weißen Haus sind die Leitlinien der FDA zur Diversität in klinischen Studien nicht mehr verfügbar. Dabei waren sie gerade erst nach einer sechsmonatigen Verspätung veröffentlicht worden. So sind die detaillierten Aktionspläne für eine bessere Repräsentation unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen in der klinischen Forschung sofort von der Website der Behörde entfernt worden.
Dies betrifft nicht nur die FDA, sondern auch andere Institutionen wie die National Institutes of Health (NIH), das National Cancer Institute und das National Institute of Allergy and Infectious Diseases. Besonders bemerkenswert ist das Verschwinden der Project-Equity-Seite, die die Diversitätsleitlinien der FDA von 2021 erläuterte.
Initiative durch Biden vorangetrieben
Die ursprüngliche Initiative der FDA wurde unter der Regierung von Joe Biden vorangetrieben. Im Juni 2024 veröffentlichte die Behörde einen umfassenden Überblick über neue Anforderungen für klinische Studien, die darauf abzielten, unterrepräsentierte Gruppen gezielt einzubeziehen. Diese Anforderungen hätten langfristig verpflichtend werden sollen, um sicherzustellen, dass klinische Studien ein realistischeres Bild der Patientengruppen abbilden, die letztlich von neuen Arzneimitteln oder medizinischen Geräten profitieren würden.
Sofortige Kehrtwende durch Trump
Nach dem Regierungswechsel im Januar 2025 leitete Präsident Donald Trump jedoch eine Kehrtwende ein. In einer Reihe von Anordnungen wurden Diversity-, Equity- und Inclusion-Programme (DEI) im öffentlichen Dienst zurückgefahren. Dies hat direkte Auswirkungen auf die FDA und andere Gesundheitsbehörden. In der Biopharmaindustrie haben Unternehmen wie Sanofi, Amgen, Merck & Co., Eli Lilly, GSK und Roche in den vergangenen Jahren verstärkt Initiativen ergriffen, um die Diversität in klinischen Studien zu erhöhen. Die Entfernung der behördlichen Leitlinien stellt nun eine Herausforderung für diese Bemühungen dar.
Klare Vorgaben für Diversitätsaktionspläne
Der FDA-Leitlinienentwurf von 2024 enthielt klare Vorgaben für Diversitätsaktionspläne in Phase-3-Studien und anderen entscheidenden klinischen Prüfungen. Unternehmen sollten demnach Rekrutierungsziele für verschiedene ethnische Gruppen festlegen, diese epidemiologisch begründen und Strategien für eine diversere Studienpopulation erarbeiten. Empfohlene Maßnahmen umfassten u.a. die Zusammenarbeit mit Patientenvertretungen, die Auswahl diversifizierter Studienstandorte und die Bereitstellung von Transportmöglichkeiten für Studienteilnehmer.
Konsequenzen für die Forschung und Entwicklung
Die Entfernung dieser Leitlinien könnte erhebliche Konsequenzen für die klinische Forschung haben. Ohne klare regulatorische Vorgaben besteht die Gefahr, dass pharmazeutische Unternehmen weniger Anreize haben, in Diversitätsmaßnahmen zu investieren. Dies könnte die Aussagekraft klinischer Studien einschränken, da Studienpopulationen möglicherweise nicht die Vielfalt der realen Patienten widerspiegeln. Die langfristigen Folgen könnten eine schlechtere Datenlage zu Medikamentenwirkungen und Nebenwirkungen in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen sein.
Für die Pharmaindustrie bedeutet dies eine neue Unsicherheit: Während viele große Unternehmen weiterhin an Diversitätszielen festhalten dürften, fehlt nun eine einheitliche regulatorische Richtschnur. Es bleibt abzuwarten, ob internationale Zulassungsbehörden wie die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) oder andere globale Akteure verstärkt eigene Standards für die Repräsentation in klinischen Studien setzen werden. Die kommenden Jahre könnten somit eine Phase der Neuorientierung für die klinische Forschung darstellen.
Ein Dlf-Gespräch mit dem Medizinhistoriker Christoph Gradmann zu dem Thema (5:58). Er geht davon aus, dass durch diesen Schritt Trumps auch politischer Rückhalt verloren gehen und Kontrollverlust bei Epidemien als Konsequenz drohen könnten.
Quelle: firstwordpharma.com; FIERCE Biotech
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