
WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus findet: Die Welt ist heute sicherer – dank der Führung, der Zusammenarbeit und dem Engagement unserer Mitgliedstaaten...“ (Foto von Fateme Alaei auf Unsplash)
Das Abkommen ist das Ergebnis von über drei Jahren intensiver Verhandlungen, die als Reaktion auf die Mängel und Ungleichheiten in der weltweiten Reaktion auf COVID-19 angestoßen wurden. Ziel ist es, die Welt künftig besser und gerechter gegen Pandemien zu wappnen.
„Die Welt ist heute sicherer – dank der Führung, der Zusammenarbeit und dem Engagement unserer Mitgliedstaaten. Das Pandemieabkommen ist ein Sieg für die öffentliche Gesundheit, die Wissenschaft und den multilateralen Dialog“, freut sich WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Gerechtigkeit und Zugang im Mittelpunkt
Das Abkommen legt internationale Prinzipien und Mechanismen für eine koordinierte Vorbereitung und Reaktion auf künftige Pandemien fest. Im Zentrum stehen u.a. der gerechte und zeitnahe Zugang zu Impfstoffen, Therapeutika und Diagnostika sowie eine globale Zusammenarbeit in der Prävention.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Schaffung eines Systems für den Zugang zu Krankheitserregern und die gerechte Aufteilung daraus resultierender Vorteile (Pathogen Access and Benefit Sharing, PABS).
Pharmaunternehmen, die am PABS-System teilnehmen, verpflichten sich dazu, im Pandemiefall 20% ihrer laufenden Produktion von Impfstoffen, Therapeutika und Diagnostika für eine faire Verteilung – insbesondere in Entwicklungsländern – bereitzustellen.
Reaktionen aus der Pharmabranche
Aus der Pharmaindustrie kommen differenzierte Reaktionen auf das Abkommen:
Der europäische Pharmaverband EFPIA begrüßte die Zielsetzung, globale Gerechtigkeit beim Zugang zu Gesundheitsprodukten herzustellen, warnte jedoch vor möglichen Eingriffen in geistige Eigentumsrechte. In einem Statement heißt es: „Die Beteiligung der Industrie an PABS muss praktikabel und innovationsfreundlich gestaltet werden. Nur so kann die Entwicklung neuer Pandemieprodukte gesichert werden.“
Der Verband forschender Arzneimittelhersteller vfa in Deutschland sieht im Abkommen einen wichtigen Schritt zur besseren Koordination, fordert aber klare Rahmenbedingungen: „Die freiwillige Beteiligung an einem globalen Verteilsystem muss mit planbarer Produktion, rechtssicherem Zugang zu Daten und fairer Lastenteilung einhergehen.“
Die Nichtregierungsorganisation Médecins Sans Frontières (MSF) lobte das Abkommen, äußerte sich aber kritisch zur fehlenden Verbindlichkeit mancher Passagen. „Ohne einen klaren Mechanismus zur Durchsetzung bleibt das Ziel der globalen Gerechtigkeit zu vage“, so eine Sprecherin.
Keine Eingriffe in nationale Souveränität
Das Abkommen betont ausdrücklich die nationale Souveränität: Die WHO erhält keine Befugnis, nationale Gesetze zu ändern oder Maßnahmen wie Lockdowns, Impfpflichten oder Reisebeschränkungen anzuordnen.
Ausblick: Ratifizierung und Umsetzung
Mit dem heutigen Beschluss beginnt die Phase der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten. Das Abkommen tritt in Kraft, sobald mindestens 60 Staaten es ratifiziert haben. Parallel dazu werden Verhandlungen zum PABS-System fortgeführt, ebenso wie der Aufbau eines globalen Finanzierungsmechanismus und eines Netzwerks für Lieferketten in Gesundheitskrisen.
Hintergrund:
Das Pandemieabkommen ist erst das zweite internationale Rechtsinstrument, das auf Basis von Artikel 19 der WHO-Verfassung verhandelt wurde – nach dem Tabakkontrollrahmenabkommen (FCTC) von 2003. Es soll sicherstellen, dass künftige Gesundheitskrisen nicht erneut zu ungleichem Zugang und globaler Fragmentierung führen.
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