IQWiG: Methodenpapier mit Entwurf 7.0


Wie auch Betriebssysteme auf den neuesten Stand gebracht werden, vollzieht das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) der Kosten-Nutzen-Bewertung ein Update.

Die Aufgaben und Ziel des IQWiG: Dahinter stehen immer noch Expert:innen, wie das Institut gerne darstellt. (Foto: Screenshot IQWiG-Homepage)

Kapitel 4: Kosten-Nutzen-Bewertung 

Im Entwurf ist vor allem die Kosten-Nutzen-Bewertung (KNB) bearbeitet und um das Konzept der anwendungsbegleitenden Datenerhebung ergänzt worden. Im Kapitel 4 geht es um die KNB. Dieses Instrument kann seit 2011 und dem beschlossenen Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) zur Orientierung bei der Preisfindung neuer Arzneimittel eingesetzt werden, wenn die frühe Nutzenbewertung abgeschlossen und die Preisverhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und pharmazeutischem Unternehmen gescheitert sind.

Bisher wird bei einer erfolglosen Verhandlung eine Höchstpreisfestsetzung gemäß einer früheren gesetzlichen Norm angesetzt. „Angesichts immer höherer Preise für neue patentgeschützte Arzneimittel will das Institut jetzt jedoch auch kurzfristig in der Lage sein, Aufträge für eine Kosten-Nutzen-Bewertung in angemessener Zeit zu bearbeiten. Auch wenn gegenwärtig noch keine Signale für einen solchen Auftrag von den Beteiligten im Gesundheitswesen gesendet wurden, erscheint daher eine Anpassung unserer Methoden angezeigt,“ betont IQWiG-Leiter Jürgen Windeler.

Unter Punkt „4.7.2 Schritte zur Kostenbestimmung“ steht demnach, dass „wie in Abschnitt 4.3.4 beschrieben, auftragsabhängig weitere Perspektiven zur Berücksichtigung abweichender bzw. zusätzlicher Kostenkomponenten führen können.“

Und weiter: „Bei Berücksichtigung weiterer Perspektiven können im Sinne eines pragmatischen Vorgehens z. B. bei der gesellschaftlichen Perspektive die Erstattungsbeträge der GKV als Approximation der tatsächlichen direkten Kosten genutzt und um indirekte Kosten (z. B. Produktivitätsausfälle) oder Zuzahlungen, ergänzt werden.“

Der Abschnitt 4.3.4 besagt folgendes:

„Im Referenzfall wird die KNB aus der Perspektive der GKV-Versichertengemeinschaft durchgeführt (siehe § 35b SGB V) [7]. In Abhängigkeit vom Auftrag können ergänzend auch die (reine) GKV-Perspektive, die Sozialversicherungsperspektive bzw. die Perspektive einzelner Sozialversicherungsträger sowie die gesellschaftliche Perspektive Berücksichtigung finden. Die Ergebnisse der Bewertung aus einer erweiterten Perspektive werden dem Entscheidungsträger gesondert ausgewiesen zur Verfügung gestellt. Die in Abhängigkeit von der Perspektive einzubeziehenden Kostenkomponenten werden in Abschnitt 4.7 konkretisiert.“

Unterpunkt Gesundheitsökonomie

Neben Kapitel 4 ist auch der Abschnitt 1.4 zur Gesundheitsökonomie komplett neu gefasst worden — der heißt „Gesundheitsökonomie“:

„In der KNB geht es darum, mögliche Szenarien im Hinblick auf die Kosten abzubilden. Hierfür bedarf es eines maßvollen Einbezugs von unterschiedlichen Datenquellen. Insgesamt geht es bei der KNB darum, dem Entscheidungsträger über die Nutzenbewertung hinaus ergänzende Informationen in Hinblick auf Preisverhandlungen zu liefern. Sie ist aber nicht nur als simple Ergänzung der Kosten zu verstehen, sondern stellt eine eigenständige Analyse mit separater Zielstellung und Methoden dar. Im Rahmen einer KNB können u. a. auch längerfristige ökonomischen Konsequenzen und weitere über die Arzneimittelkosten hinausgehende Kostenkomponenten betrachtet werden.“

Neue Abschnitte im Methodenpapier

Neu in sein Methodenpapier aufgenommen hat das IQWiG die Abschnitte 2.1.3.2, 2.1.3.3 und 3.3.4. Darin beschreibt das Institut das methodische Vorgehen, wenn es vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit der Erstellung eines AbD-Konzepts (AbD = anwendungsbegleitende Datenerhebung) beauftragt wird.

Die neuen Auftragstypen „AbD-Konzept“ und „Recherche nach Indikationsregistern“ sind wie die AMNOG-Dossierbewertungen zum Zwecke der frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel in § 35a des Sozialgesetzbuch V (SGB V) geregelt. Diese erweiterte Produktpalette für Bewertungen gemäß § 35a SGB V stellt das IQWiG nun übersichtlich in Kapitel 2 seiner Allgemeinen Methoden Version 7.0 dar.

Der G-BA kann — seit Inkrafttreten des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) im Jahr 2019 bei Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen (Orphan Drugs) — vom Hersteller eine AbD einschließlich Auswertung einfordern, um zusätzliche Daten für die Quantifizierung des Zusatznutzens zu generieren. Das IQWiG leistet dann die hierfür erforderliche methodische Zuarbeit.

Zur Vorbereitung eines G-BA-Beschlusses über eine durchzuführende AbD erstellt das IQWiG in diesen Fällen ein AbD-Konzept. Darin beschreibt das Institut die methodischen Anforderungen an die AbD-Durchführung einschließlich der Auswertung zum Zwecke der Nutzenbewertung gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie. Mithilfe des AbD-Konzepts soll zudem deutlich werden, ob die geplante anwendungsbegleitende Datenerhebung grundsätzlich realisierbar und angemessen ist. Dafür recherchiert das IQWiG nach Registern im entsprechenden Indikationsgebiet.

Weitere grundlegende Überarbeitungen und methodische Schärfungen

  • Grundlegend überarbeitet und dabei auf das Wesentliche konzentriert hat das IQWiG sein Verständnis von evidenzbasierter Medizin (EbM) in Abschnitt 1.3 des Methodenpapiers.
  • Abschnitt 3.5 zu diagnostischen Verfahren wurde ebenfalls grundlegend überarbeitet und zusätzlich erweitert.
  • Größere Änderungen gibt es auch in Abschnitt 3.2.1.: Hier wurde die methodische Vorgehensweise beim Umgang mit fehlenden Daten bzw. einem möglichen „Reporting Bias“ deutlich gestrafft und der stark formalisierte von einem situationsbezogenen Ansatz abgelöst.
  • Methodisch geschärft und in weniger Worten als zuvor auf den Punkt gebracht hat das IQWiG in Version 7.0 darüber hinaus, wie es statistische Signifikanztests und Konfidenzintervalle zur Entscheidungsunterstützung verwendet (Abschnitt 9.3.2).
  • Umbenannt hat das Institut die im Rahmen des ThemenCheck Medizin erstellten wissenschaftlichen Begutachtungen von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren: Diese immer auf einen Vorschlag einer Bürgerin oder eines Bürgers zurückgehenden Bewertungen heißen künftig nicht mehr HTA-Berichte, sondern ThemenCheck-Berichte.

 

Aufruf zur schriftlichen Stellungnahme

Die oben dargestellten sowie weitere kleinere inhaltliche und strukturelle Änderungen im Entwurf für die Version 7.0 gegenüber der Version 6.1 sind in bewährter Form der Übersicht „Was ist neu?“ am Anfang des Methodenpapiers zu entnehmen.

Zu den neuen Inhalten können bis zum 20.01.2023 schriftliche Stellungnahmen eingereicht werden. Das Institut wird alle Stellungnahmen sichten, bei Bedarf erörtern und entsprechend würdigen. Anschließend werden die betreffenden Abschnitte gegebenenfalls überarbeitet und das Methodenpapier wird auf den Internetseiten des Instituts in der Version 7.0 veröffentlicht.

In seinen auf www.iqwig.de veröffentlichten „Allgemeinen Methoden“ beschreibt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) detailliert und transparent, mit welchen wissenschaftlichen Instrumenten es seine Gutachten erstellt. Um die Erweiterung der gesetzlichen Aufgaben und die Weiterentwicklung der Standards in den wissenschaftlichen Disziplinen abzubilden, wird dieses Handbuch regelmäßig aktualisiert – teils in kleineren Schritten, teils durch grundlegende Überarbeitung ganzer Kapitel, die sich dann in einer neuen Versionsnummer niederschlägt wie im jetzt vorliegenden Entwurf für Version 7.0.

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