Thema „Arzneimittelengpässe bei Krebspatienten“


Das Thema „Lieferengpässe“ wird quer durch alle Medien diskutiert. Je nach Medium gibt es mal weniger, mal mehr reißerische Headlines - das wird vor allem bei Krebsmedikamenten deutlich.

Lieferenpässe bei wichtigen Medikamenten emotionalisieren die Diskussion. (Photo by Christine Sandu on Unsplash)

DGHO informiert 

Vorausgehend ist die Pressemitteilung der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onko­logie e. V., die am 9. Januar veröffentlicht worden ist. Die DGHO beschreibt die Situation so: „Die Zahl der Arzneimittelengpässe in der Krebstherapie ist im letzten Jahr deutlich gestiegen. Betroffen waren vor allem Medikamente, die schon seit langem erfolg­reich eingesetzt werden. Dazu gehörten Tamoxifen und nab-Paclitaxel, die u. a. bei Brustkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Lungenkrebs und Karzinomen im Magen­darmbereich als Standard eingesetzt werden. Darüber hinaus fehlten auch unter­stützende Arzneimittel wie Calciumfolinat, Harnsäuresenker, Antibiotika und Immun­globuline.“

BfArM meldet Lieferengpässe

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) meldet, dass „im Januar 2022 dem BfArM über das Lieferengpass Online-Portal die eingeschränkten Verfügbarkeiten für tamoxifenhaltige Arzneimittel in einem Umfang mitgeteilt wurden, die zu einer umgehenden Kritikalitätsprüfung führte. Der Wirkstoff Tamoxifen ist Bestandteil der Liste versorgungsrelevanter Wirkstoffe. Arzneimittel mit diesem Wirkstoff, deren Marktanteil 25 Prozent und mehr beträgt, unterliegen der Selbstverpflichtung zur Meldung.“

Gründe dafür

Die Gründe für die Lieferengpässe sind Probleme bei der Herstellung und in den Lieferketten. Neu ist das Phänomen regionaler Engpässe bei Krebsmedikamenten durch sogenannte „Hamsterkäufe“ auch innerhalb von Deutschland. Das hatte der Apothekerverband ABDA im Dezember von sich gewiesen: „Dass Apotheken durch Hamstern zu den Engpässen beigetragen hätten, wie von einzelnen Politikern gemutmaßt wird… Wir helfen, die Engpässe zu lösen, wir produzieren sie nicht…“ Stattdessen sollte die Apotheken „mehr Entscheidungsspielräume etwa bei der eigenen Herstellung von Medikamenten“ erhalten.

Thema Krebsmedikamente in den Medien

Das Thema von knappen Medikamenten, gerade bei Krebs, eignet sich für Headlines. Das wird auch dementsprechend aufgegriffen. Bei BILD heißt es „Dramatische Lieferengpässe bei Krebsmedikamenten +++ Welche Medikamente fehlen +++ Warum es keine guten Alternativen gibt“. Bei Focus online „Mediziner beklagen immer mehr Lieferengpässe“, bei anderen Medien wie dem Handelsblatt und dem Stern gibt es die identische Headline: „Lieferengpässe bei Krebsmedikamenten nimmt zu.“

Der Tagesspiegel verwendet „Krebsmedikamente werden knapp: Onkologen warnen vor gefährlichen Rückschritten in der Therapie“, die Tagesschau nimmt für ihren Online Auftritt und einem Erklärvideo auf YouTube diesen Aufhänger: „Lieferengpässe: Einige Krebsmedikamente werden knapp“ und „Zahl der Lieferengpässe bei Krebsmedikamenten nimmt zu.“  

Dass die Situation nicht so bleiben kann, ist wohl allen klar. Ob ein teilweises Aufbauschen hilfreich und notwendig ist, steht auf einem anderen Blatt. BfArM-Präsident Prof. Dr. med. Karl Broich betont, dass „diese Situation sowohl enge Absprachen innerhalb der Europäischen Union als auch auf globaler Ebene mit allen beteiligten Akteuren erforderlich macht.“ Für Anfang 2023 ist eine weitere Gesetzesinitiative zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung geplant, stellt er in Aussicht.    

Das greift Prof. Dr. med. Andreas Hochhaus, Vorsitzender der DGHO, auf und fordert: „Die hohe Qualität der Versorgung von Krebspatientinnen und -patienten in Deutschland darf nicht durch vermeidbare Arzneimittelengpässe gefährdet werden. Hier sind weitere regula­torische Maßnahmen aber auch eine Solidarität von allen am Prozess Beteiligten erforderlich.“

Forderungen für eine Verbesserung

Die konkreten Forderungen der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften lauten:

  • Frühzeitige Information über drohende Lieferengpässe seitens der pharma­zeutischen Unternehmen, nicht erst bei bereits bestehenden Lieferproblemen,
  • Anpassung der Verträge zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen mit Berücksichtigung von Vorratshaltung und verpflichtenden Liefervereinbarungen,
  • Solidarität der Einkaufsgemeinschaften,
  • Sicherung der Versorgung von Arzneimitteln für seltene Krebserkrankungen, auch unter Berücksichtigung der zunehmend personalisierten, zielgerichteten Therapien,
  • Aufbau von Produktionsstätten und langfristige Sicherung der Lieferketten in Europa.

 

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