Dr. Martini-Preis 2023 für medizinische Forschungsleistungen


Der älteste Medizinpreis Deutschlands ist verliehen worden, der erste Preis dabei gleich zweimal.

Ausgezeichnete Forschung durch den Dr. Martini-Preis. (Foto von Louis Reed auf Unsplash)

Erster Preis gleich zweimal

Der erste Preis ging zum einen an Dr. Anne Mühlig und ihre Doktorandin Johanna Steingröver und zum anderen an Dr. Anastasios Giannou sowie Dr. Jan Kempski.

Mühlig und Steingröver sind an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin und sind für ihre Forschungen zu einem neuen Verständnis und Behandlungsoptionen von schweren kindlichen Nierenerkrankungen ausgezeichnet worden. Giannou aus der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik und Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie sowie Kempski, I. Medizinische Klinik und Poliklinik, haben den Preis für ihren Nachweis erhalten, dass das menschliche Immunsystem ein Treiber bei der Metastasierung einer Krebserkrankung ist.

Zweiter Preis

Den zweiten Preis erhielt Dr. Michael Bockmayr, Klinik und Poliklinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, für seine innovativen Untersuchungen zur Risikoeinschätzung von Rückenmarkstumoren durch molekularbiologische und bioinformatische Verfahren.  


Mehr zu den Forschungsarbeiten

  • Neuer Therapieansatz einer schweren kindlichen Nierenstörung
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Dr. Anne Mühlig und ihr Team konnten nachweisen, dass das Hauptsymptom des nephrotischen Syndroms bei Kindern und Jugendlichen, das mit erhöhtem Eiweißverlust über die Niere (Proteinurie) einhergeht, durch die medikamentöse Therapie mit einer bestimmten Medikamentenklasse, den Calcimimetika, deutlich verbessert werden kann. In ihrer Studie beschäftigen sich die Wissenschaftlerinnen mit Podozyten, speziellen Nierenzellen, die für den Aufbau und die Funktion der Blut-Harn-Schranke der Niere verantwortlich sind. Die Wissenschaftlerinnen konnten zeigen, dass der calciumsensitive Rezeptor (CaSR) an der Regulation dieser Nierenzellen (dem podozytären Aktinzytoskeletts) beteiligt und maßgeblich für deren Funktionalität und Struktur verantwortlich ist. Daraus folgend entwickelten sie einen Therapieansatz, der die Standardtherapie der Proteinurie mit hochdosierten Glukokortikoiden künftig grundlegend verändern und so die damit verbundenen Nebenwirkungen erheblich reduzieren könnte.  

  • Zur Rolle des Immunsystems bei Metastasierung von Darmkrebs


Dr. Anastasios Giannou und Dr. Jan Kempski fanden heraus, dass der Botenstoff Interleukin-22 (IL-22) eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Darmkrebs und der Metastasenbildung spielt. Il-22 verursacht den Übergang der Tumorzellen über Gefäßwände in ferne Absiedlungsorte, vor allem in die Leber. Dient die Produktion von IL-22 im Immunsystem ursprünglich der Infektabwehr des Körpers, fördert der Botenstoff bei Krebszellen allerdings auch deren Verbreitung im Körper (Metastasierung). Diese neue Erkenntnis ist insbesondere für die Nachsorge nach Entfernung eines Primärtumors mit einem hohen Risiko für die Bildung von Metastasen wichtig. Für sie könnten künftig Immuntherapien IL-22-blockierende Antikörper von entscheidendem Vorteil sein, was aber noch in klinischen Studien getestet werden muss.  

  • Risikoeinschätzung von Rückenmarkstumoren durch bioinformatische Verfahren


Myxopapilläre Ependymome (MPE) sind seltene Tumoren des Rückenmarks, welche in allen Altersgruppen auftreten. Sie wurden bisher als eher gutartig angesehen, aber insbesondere bei jüngeren Betroffenen treten häufiger auch Rezidive auf. Dr. Michael Bockmayr konnte mithilfe von molekularbiologischen und bioinformatischen Verfahren die Tumoren in zwei wesentliche Subtypen – MPE-A und MPE-B – unterteilen. Dabei stellte er fest, dass bei 85 Prozent der Patient:innen mit MPE-A-Tumoren innerhalb von zehn Jahren ein Rezidiv auftrat, während dies nur bei 33 Prozent der Patient:innen mit MPE-B-Tumoren der Fall war. Dies ermöglicht erstmals eine solide Einstufung, bei wem ein erhöhtes Rezidivrisiko zu befürchten ist und deshalb eine entsprechende Nachsorge erfolgen sollte. Die Ergebnisse legen auch nahe, dass für bestimmte Tumoren eine begleitende Bestrahlung oder Chemotherapie sinnvoll sein könnte.  

 

Seit 140 Jahren fördert die Dr. Martini-Stiftung den medizinischem Nachwuchs: Sie wurde 1880 von Freunden und Kollegen des im gleichen Jahr verstorbenen Chirurgen Dr. Erich Martini ins Leben gerufen. Der Dr. Martini-Preis – Deutschlands ältester Medizinpreis – ist von der Hamburgischen Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur Helmut und Hannelore Greve mit 10.000 Euro dotiert.

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