KI/ChatGPT im Pharmamarketing


Gefragt haben wir bei Healthcare Agenturen, ob und wie sie schon mit KI gearbeitet haben.

Die KI wird mittlerweile von einigen als kreatives Team-Mitglied gesehen. (Foto von Sascha Bosshard auf Unsplash)

 

„Ich glaube nicht, dass KI eine Bedrohung darstellt. Ich sehe darin einen Nutzen, um bestehende erhebliche Ressourcenlücken zu schließen.“ Das ist die Aussage von Matt D’Auria, CEO der Healthcare Consultancy Group (HCG). 

Der Hype um KI wird immer größer. Deswegen haben wir noch gefragt: Welche Herausforderungen, aber auch Chancen und Potenzial gibt es? Aus welchen Gründen wird KI eingesetzt und wird Pharma verstärkt KI einsetzen?

Sie lesen hier die längeren Statements, die verkürzt in der Februar Ausgabe im Rahmen des Schwerpunkts KI/ChatGPT im Pharmamarketing erschienen sind.

Mit dabei: Dr. Joachim Sauer, DP-Medsystems | Thomas Hagemeijer, Business Unit Lead TLGG | Marco Dröge,  face to face GmbH | Gerrit Grunert, CRISPY CONTENT | Gunther Tutein, Spirit Link | Florian Bernsdorf, Serviceplan Health & Life | Julian Schmittgall, Schmittgall HEALTH | Clemens Grambow, PEIX Health | Niklas Kurz, WEFRA LIFE GROUP | Michael Vorbrink, Christiane Schrix, Burghard Drews, antwerpes ag | Dolf Schäffel, Digitas Pixelpark

KI als virtuelle Tutorin oder Mentorin im Rahmen der Konzeption.

Dr. Joachim Sauer, Medical Director DP-Medsystems AG

Ja, wir haben mit KI gearbeitet. Vor allem unterstützend in der Grafik, im Medical Department und im Marketing. Mitarbeiter:innen setzen KI-Tools zur Bildbearbeitung, zur Generierung und Visualisierung von Ideen, als erweiterte Suchmaschine, bei der Konzeption sowie zur Optimierung und Übersetzung von Texten ein. Die Ergebnisse sind meist hilfreich, teilweise auch beeindruckend und mit Zeitersparnis verbunden. Erste Erfahrungen haben wir zudem mit KI-basierter Werbung im Bereich Media gesammelt.

Gute Dienste kann KI über alle Abteilungen hinweg bei Routineaufgaben leisten. Vor allem unsere Grafikabteilung verfügt damit über ein potentes Tool zur kreativen Unterstützung mit Gamechanger-Potenzial – konsequentes Testen und Anpassen vorausgesetzt. Weniger hilfreich erscheint KI bei textorientierten Aufgaben, die medizinisches Spezialwissen oder Erfahrung erfordern. Wegen der KI-typischen „Halluzinationen“ können wir uns hier nicht zu 100 Prozent auf die Aussagen von ChatGPT & Co. verlassen. Zudem sind KI-Texte formal zwar in der Regel korrekt, aber oft wenig marketinggerecht und langatmig. Eine Herausforderung stellt die zeitaufwändige, aber absolut notwendige Inhaltliche Prüfung, Bearbeitung und ggf. Referenzierung von KI-Texten dar.

Wir planen KI nach entsprechender Schulung, z. B. im Hinblick auf die Prompterstellung und Aspekte der Daten- und Rechtssicherheit, in unserer Agentur stärker in den Fokus zu rücken und systematischer einzusetzen. Uns schwebt vor, KI mehr als bisher als virtuelle Tutorin oder Mentorin im Rahmen der Konzeption zu nutzen. Klar ist aber auch, dass KI die Kompetenz unserer Mitarbeiter:innen keinesfalls ersetzen kann.

KI und Pharma: mit Sicherheit im Bereich Forschung und Entwicklung, außerdem zur Vereinfachung von Routinearbeiten in Verwaltung und Kundenbetreuung sowie zur Unterstützung und als Sparringpartner im Marketing und in der Medizin.

Jedes Pharmaunternehmen sollte ein „maßgeschneidertes LLM“ entwickeln

Thomas Hagemeijer, Business Unit Lead TLGG

TLGG hat zusammen mit einem ihrer Partnerunternehmen einen LLM-Avatar (einen LLM-gesteuerten Chatbot) für einen globalen Pharmakonzern getestet. Das Ziel des Avatars ist es, eine webbasierte Lösung anzubieten, mit der das (medizinische und Marketing-)Wissen des Unternehmens über den Chat leicht zugänglich ist. Dieses LLM wird aus den Inhalten gespeist, die bereits auf dem HCP-Portal des Kunden verfügbar sind.  Jedes Pharmaunternehmen sollte ein „maßgeschneidertes LLM“ entwickeln, indem es die auf dem Markt verfügbare Technologie und sein eigenes umfangreiches Wissen nutzt. 

Das ist es, was UpToDate, die meistgenutzte medizinische Fachzeitschrift der Welt, seit Ende letzten Jahres macht: Sie nutzt die Möglichkeiten von OpenAI und Google LLM, um ihre kuratierten medizinischen Inhalte noch einfacher zugänglich zu machen. Die entscheidende Frage ist das Betriebsmodell, denn UpToDate (ein Unternehmen des Medizinverlags Wolters Kluwer) möchte nicht, dass seine kuratierten Inhalte (sein „USP”) von Google und Microsoft „geschluckt“ werden. Wolters Kluwer muss das richtige Betriebsmodell finden, um LLM zu nutzen und gleichzeitig seine Inhalte zu schützen. Das gilt auch für Pharmaunternehmen. 

Die Nutzung von LLM ist eine „einmalige Gelegenheit“ für die Pharmaindustrie, ihren gesamten kommerziellen Ansatz zu verbessern. Es kommen neue Lösungen zur Unterstützung klinischer Entscheidungen auf den Markt. Die führenden Lösungen sind immer noch „wissensbasierte klinische Entscheidungshilfen“ wie UpToDate. Aber KI-basierte klinische Entscheidungshilfen gewinnen von Indikation zu Indikation an Marktanteilen. 

Wenn „wissensbasiert” als „Stufe 1“ und „KI-basiert“ als „Stufe 2“ betrachtet wird, kann das traditionelle Pharmamarketing als Stufe 0 betrachtet werden, da es einseitig, nicht erschöpfend und nicht immer verfügbar ist. Zeit für ein Upgrade. 

 

Nicht nur eine Option, sondern eine strategische Notwendigkeit.

Marco Dröge, Geschäftsführer face to face GmbH

Im Pharmamarketing ist die Integration von Künstlicher Intelligenz und speziell von ChatGPT für unsere Agentur nicht nur eine Option, sondern eine strategische Notwendigkeit. Unsere Erfahrungen zeigen, wer sich gegen diesen Fortschritt sperrt, riskiert nicht nur den Anschluss, sondern wird von der Zukunft überholt.

Unsere Agentur hat erfolgreich KI, insbesondere ChatGPT, in interne Prozesse und Kundeninteraktionen integriert. Dies führt nicht nur zu Effizienzsteigerungen, sondern schafft auch eine frische, unterhaltsame Arbeitsdynamik. ChatGPT wird gezielt in der Texterstellung, Moodboard-Erstellung und Präsentationsunterstützung eingesetzt, wobei das „Prompt Crafting“ entscheidend ist.

In den Bereichen Projektmanagement, Grafikunterstützung und Datenanalyse sehen wir auch erhebliches Potenzial für neue Entwicklungen. Datenschutz und Urheberrecht stellen jedoch weiterhin bedeutende Hürden dar. Die Frage der Authentizität, insbesondere die Unterscheidung zwischen Fakten und Fälschungen, bleibt schwierig. Künstliche Intelligenz kann zwar Daten verarbeiten, aber die Fähigkeit zur Beurteilung bleibt dem menschlichen Urteilsvermögen vorbehalten. Die endgültige Entscheidung, ob eine KI-Lösung akzeptiert und dem Kunden vorgeschlagen wird, liegt immer noch bei uns.

Die Befürchtung, dass KI menschliche Arbeitsplätze ersetzen könnte, ist aus unserer Sicht unbegründet. Unsere Vision sieht vor, KI weiterhin gezielt in kreative Prozesse zu integrieren, um Effizienz zu steigern und die Gesamtqualität unserer Arbeit zu verbessern.

In Bezug auf die Zukunft der Pharmabranche und darüber hinaus ist der verstärkte Einsatz von KI ein unumgänglicher Trend. Unsere Strategie fokussiert sich darauf, KI gezielt einzusetzen, um die Customer Journey zu optimieren und authentische Live-Erlebnisse zu schaffen. KI wird als unterstützendes Element betrachtet, das menschliche Interaktionen bereichern kann, ohne den einzigartigen Wert persönlicher Kontakte zu ersetzen.

 

Man kann die Potenziale nicht hoch genug einschätzen und die Bandbreite ist enorm.

Gerrit Grunert, Managing Director CRISPY CONTENT GMBH

Wir setzen künstliche Intelligenz im Allgemeinen und im Besonderen seit Ende 2022 ein. Die Anwendungsfälle haben sich von Monat zu Monat mit den immer neuen Reifegraden der am Markt erhältlich Lösung ständig erweitert.

Als wir das erste Mal in der Textproduktion mit ChatGPT arbeiteten, stellten wir fest, dass wir unsere Arbeitsprozesse kaum umstellen mussten. Schon seit Beginn unserer Arbeit im Sommer 2010 musste zur Produktion eines Inhalts ein Stratege einen Redakteur briefen, damit er der Strategie entsprechend Texte erstellt. Im Nachgang musste der Stratege den Text gegenlesen, um zu prüfen, ob in den Worten die Strategie reflektiert ist.

Vom Prinzip her ist das mit der Arbeit der KI nicht anders, lediglich der Redakteur wird durch die KI ersetzt. Am Anfang der Produktionskette steht immer noch der Stratege, genauso wie am Ende.

Wir setzen so sehr auf künstliche Intelligenz, weil sie den Herstellungsprozess verschlankt: Wir sparen Zeit, Geld und Aufwände in der Projektsteuerung. Was natürlich nicht entfällt, ist die Sorgfalt im Briefing und in der Qualitätssicherung. Was definitiv nicht funktioniert, ist, irgendetwas in die KI einzubriefen und das dann unbesehen zu veröffentlichen.

Man kann die Potenziale nicht hoch genug einschätzen und die Bandbreite ist enorm:

KI hilft uns besser zu verstehen, besser zu strukturieren und besser zu entscheiden. Was sie aus meiner Sicht nicht kann, ist Neues zu kreieren. Sie kann Bestehendes neu interpretieren, was dann neu erscheint, aber eben nicht irrational sein. Selbst, wenn die KI „fantasiert“, ist sie immer noch rational.

Ich empfinde es als herausfordernd, das Wissen im Umgang mit der künstlichen Intelligenz an andere weiterzugeben. Die schiere Zahl der Anwendungsfälle und die damit einhergehenden Erwartungen sind so vielfältig, dass eine didaktische Planung für Workshops und Trainings nicht trivial ist. Zumindest ist das meine Erfahrung aus den Vorbereitungen meiner Veranstaltungen.

Wir nutzen die künstliche Intelligenz zur Analyse großer Datenmengen, zur Strukturierung großer Datenmengen, zu Recherchezwecken, für die Übersetzung von Content und auch für die Kreation von Content. Wir konzentrieren uns hier hauptsächlich auf Text, denn das ist das, was unsere Kunden am meisten anfragen und wo die künstliche Intelligenz derzeit ihren höchsten Reifegrad hat. Wir würden gern unsere Services im visuellen Bereich mit KI supporten, aber hier ist die Technologie noch nicht soweit.

Und: Auf jeden Fall wird Pharma verstärkt auf KI setzen.

 

KI wie ein Klavier: Es klingt nur dann großartig, wenn man es zu bespielen weiß.

Gunther Tutein, Geschäftsführer Spirit Link

Ob beim Erstellen von Texten, Bildern oder Videos, ob für Coding, Animationen oder auch kreative Prozesse: KI-Anwendungen kommen bei uns jeden Tag zum Einsatz und gehören zum gelebten Agentur-Alltag. Oft mit guten und überraschenden Ergebnissen – manchmal aber auch mit schweren Schnitzern und Fehlern. Ich vergleiche KI gerne mit einem teuren Klavier: Es klingt nur dann großartig, wenn man es zu bespielen weiß. Aber dann kann Grandioses herauskommen.  

Die Potenziale sind enorm, da sich mittels KI-Anwendungen die menschliche Leistungsfähigkeit multiplizieren lässt. Perspektivisch werden KI-Lösungen auch komplexere Denkprozesse ersetzen oder die Dimensionen menschlichen Denkens erweitern können.  Vorerst ist mit Anwendungen zu rechnen, die den Arbeitsalltag erleichtern und Ressourcen einsparen:

  • Wir können bald alles visualisieren, was wir uns vorstellen können. Und zwar schnell und ohne Designer:in. Voraussetzung dafür ist, dass man es sich auch vorstellen kann – also dass man weiß, was man überhaupt will.
  • Recherchen und Analysen lassen sich viel schneller und tiefgehender umsetzen. Das bedeutet, dass wir für Entscheidungen, egal ob strategischer oder taktischer Natur, in kurzer Zeit eine differenzierte Entscheidungsgrundlage schaffen können. Auch dafür müssen erst die richtigen Fragen gestellt und dann entsprechende Entscheidungen getroffen werden.
  • Sobald sich Videos, Stimmen, Avatare, Musik und Co. mit AI erstellen lassen, können diese auch für individuelle Varianten der Kommunikation adaptiert werden. Das funktioniert an einigen Stellen schon erstaunlich gut und wird sich auch im Business niederschlagen, etwa mit segmentierter Ansprache oder flexibler Länder-Roll-Outs.

 

Wie gesagt: KI-Anwendungen kommen bei uns bereits in unterschiedlichen Feldern zum Einsatz, und wir ermutigen unsere Mitarbeitenden, sich dafür zu öffnen und zu experimentieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Wir können agiler arbeiten und auch Ergebnisse erzeugen, für die wir bislang auf externe Spezialist:innen zurückgegriffen haben – unsere Aktionsfelder wachsen also deutlich.

Was bei Pharma im Bereich R&D genau passiert, entzieht sich meiner Kenntnis, das ist nicht unser Fokus. Spannend in der Kommunikation wird es, wenn zentrale Anbieter wie Veeva mit KI-Elementen starten, dann wird es Pharma zwangsläufig auch nutzen.

Einige Kunden nutzen bereits Systeme wie Canva oder Frontify, die es mit AI-Support ermöglichen, Kampagnen anzulegen und dann adaptierbar in unterschiedlichen Ländern auszurollen - für globale Kampagnen ist das sehr attraktiv.

CRM-Tools wie Salesforce und Veeva implementieren ebenfalls erste AI-Tools, hier bestehen große Potenziale für Datenanalysen. Laut EPG-Health-Studie liegt die Hoffnung der Pharma-Unternehmen ja darin, dass sie ihre Datenmengen nun auch auswerten und nutzbar machen können.

AI wird auch die Interaktion mit HCPs verbessern. Während viele Fachärzte heute noch YouTube & Co benutzen, werden sie bald schon verstärkt auf KI Expertensysteme gehen – für diese Systeme wird ein spannendes Monopol oder Oligopol entstehen.

 

KI als ein weiterer Kreativpartner im Team

Florian Bernsdorf, Geschäftsführer Serviceplan Health & Life

Ja, wir haben bereits damit gearbeitet, z. B. bei der Entwicklung von Kampagnen und Key-Visuals. Die Ergebnisse waren sehr interessant und vielseitig. Wir konnten in der Tat einige nutzen. Klar ist aber auch, das das Brain für die KI, ist immer noch der Mensch selbst – sowohl für den Input, aber auch für den Output. Es gilt ein bisschen das Prinzip – „Die Qualität, die du reingibst – kommt am Ende auch raus“. Wenn man der KI aber die richtige Info gibt, dann kommen sehr interessante Ergebnisse heraus.

Ich denke man wird sehen, wie und wo sich KI im Tagesgeschäft bewährt, aber ich sehe schon große Potenziale im Bereich Content, Bild und Video-Produktion, Recherche und Administration

Wir haben ein paar ganz interessante operative KI-Tools identifiziert und werden diese jetzt nach und nach in unsere Arbeit einfließen lassen. Darüber hinaus entstehen im Augenblick auch bei uns in der Serviceplan Gruppe individuellere Tools wie im Bereich Bild und Text, die wir ebenfalls zum Einsatz bringen werden. Ich sehe die große Chance nicht zwingend auf der Effizienz- und Kostenseite. Ich sehe die Möglichkeiten auf der Kreativ- und Qualitätsseite. Wir bekommen mit KI einen weiteren Kreativpartner ins Team, der unseren Horizont an Inspirationsquellen um ein Vielfaches erweitert. Unglaublich was da rauskommt!

Auch bei der kürzlich abgehalten JP Morgen Konferenz in den USA hat das Thema KI die Vorträge und Präsentationen der Pharmaindustrie dominiert. Teilweise besteht die Offenheit bei Unternehmen zu 100% auf KI zu setzen – quasi All IN.  Das sind schon revolutionäre Ansätze, aber spannend.

 

KI ist bereits heute ein mächtiges Werkzeug.

Julian Schmittgall, CTO, Schmittgall HEALTH

Künstliche Intelligenz (KI) nehme ich in unserem Arbeitsalltag wie ein legales Dopingmittel wahr. Wir setzen KI-Tools für unterschiedlichste Aufgaben ein, ob unterstützend bei der Entwicklung kreativer Ideen, zur Effizienzsteigerung administrativer Prozesse, im Projektmanagement …

Neben naheliegenden Funktionen wie der Bildgenerierung und -bearbeitung hat sich KI auch im Zusammenspiel mit traditionellen Kreativitätstechniken bewährt. Vereinzelt haben wir auch schon gute Erfahrungen bei der Generierung von Voiceovers oder der Komposition von Musiktracks gemacht.

Supernützlich ist KI aber auch bei administrativen Aufgaben. Sie unterstützt uns bei Übersetzungen, Gesprächsprotokollen oder der Aggregierung und Analyse großer Informationsmengen. Extrem hilfreich empfinde ich den Dialog mit der KI zur Beurteilung juristischer Fragestellungen oder der Überarbeitung und Optimierung von Vertragsdokumenten.

KI ist bereits heute ein mächtiges Werkzeug, das, wenn es in den richtigen Händen und richtig angewendet wird, wie eine perfekte Assistentin agiert. Mit ihrer wie Allwissenheit anmutenden Allgemeinbildung und unerschöpflichen Emsigkeit steht die KI bei Bedarf Nutzern bedingungslos zur Seite. Um im Sparring mit dieser Superassistentin optimale Ergebnisse zu produzieren, braucht es aber natürlich auch künftig noch den Menschen mit kreativem, kritischem, hellwachem Verstand und sehr viel Fachkompetenz. Nur so kann das Potenzial optimal kanalisiert werden.

Ähnlich, wie schon die E-Mail, der Computer oder das Smartphone wird auch KI schrittweise in jede Kapillare unseres (Geschäfts-)Lebens vordringen – vom assistieren bei kleinteiligen Bürojobs bis hin zur Lösung hochkomplexer Aufgaben wie der Entwicklung neuartiger Proteinstrukturen (Stichwort AlphaFold). Ohne Zweifel wird KI auch die Pharmabranche beeinflussen – weit über das Pharmamarketing hinaus. Angst habe ich deshalb aber nicht, denn jede Veränderung bringt spannende Chancen, macht uns effizienter und hilft, wenn man sich darauf einlässt.

 

KI: Künstliche Freude 4.0

Clemens Grambow, Team Lead Kreation PEIX Health GmbH

KI ist mittlerweile ein fester Bestandteil unseres Lebens. Auch unser Geschäft bildet hier keine Ausnahme. Die rasanten Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit haben dazu beigetragen, dass KI eine reale Ressource mit beeindruckendem Potenzial geworden ist.

Und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Zum einen nimmt die Qualität der Ergebnisse stetig zu, zum anderen wächst die Zahl der Einsatzmöglichkeiten rasant. So nutzen wir KI für das Generieren von Texten und Bildern, aber auch von Musik und Sprache. Film und Animation sind schon längst keine Zukunftsmusik mehr, sondern Gebiete, auf denen KI neue Wege eröffnet. Die Healthcare-Kommunikation birgt eine Vielzahl spezifischer Anforderungen, für die KI-gestützte Modelle neue Lösungen bereithalten, sei es für die Darstellung spezifischer Patientenkreise oder für die Visualisierung von Wirkmechanismen. Die Liste ist lang.

So viel aber lässt sich festhalten: Sowohl für unsere tägliche Arbeit als auch für unsere Kunden bietet KI eine ganze Palette an Vorteilen. Arbeitsabläufe lassen sich zum Teil völlig neu gestalten. So kann man beispielsweise kreative Ansätze in kürzester Zeit testen. Ergebnisse sind je nach Bedarf schnell anpassbar. KI ist Inspirationsquelle und manchmal sogar ein „Sparringspartner". Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Rolle zukünftig Agenturen zukommen wird.

Der Mensch bleibt dabei der entscheidende Impulsgeber. Denn KI kann weder menschliche Erfahrungen noch Emotionen ersetzen. In dieser Hinsicht sind KI-gestützte Modelle für uns nicht mehr, aber auch nicht weniger als das, was sie sind – ein wertvolles Tool für gute Kreation. Und das ist doch irgendwie ganz gut so.

 

Ein wichtiges Werkzeug des Healthcare-Marketings, den Menschen ersetzen kann es jedoch nicht.

Niklas Kurz, COO WEFRA LIFE GROUP

Der Einsatz von ChatGPT im Healthcare-Marketing eröffnet grundsätzlich viele Chancen. Die Nutzungsmöglichkeiten sind zahlreich: Die KI kann natürlich zunächst zur oberflächlichen wie auch vertieften Recherche verwendet werden. Großes Potenzial für Pharmafirmen besteht zudem im Bereich des Kundensupports. Als KI-Textgenerator liefert ChatGPT direkte, personalisierte Antworten auf Kundenanfragen. Außerdem interessant, vor allem für Marketingtreibende, ist die Verwendung dialogorientierter KI für die Texterstellung, beispielsweise für Skripts oder Schulungsunterlagen.

Ungeachtet dieser vielversprechenden Einsatzmöglichkeiten gibt es aber auch gewichtige Gründe, weshalb wir als Healthcare-Agentur ChatGPT noch nicht verstärkt in unserem Arbeitsalltag nutzen. Die Arzneimittelkommunikation ist – zurecht – ein stark regulierter Bereich, bei dem die Sicherheit und Richtigkeit bereitgestellter Informationen oberste Priorität hat.

Solange daher Marken nicht gewährleisten, dass ChatGPT nur mit verifizierten Datensätzen trainiert wird, ist seine Verwendung als Standardtool nicht zu verantworten.

Hinzu kommt: Chatbots haben möglicherweise nicht immer Zugang zu aktuellen Informationen und jüngsten Neuerungen lokaler oder regionaler Bestimmungen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Einsatz eines Chatbots Endnutzern immer transparent kommuniziert werden muss. Sie müssen vor Verwendung ihrer Daten ausdrücklich ihre Zustimmung erteilen. Dennoch ist auch dann nicht auszuschließen, dass Kunden vorsichtiger agieren als im direkten Austausch mit einem Spezialisten und die Qualität der Eingaben sinkt. Zudem ist die in der menschlichen Kommunikation zentrale emotionale Intelligenz nicht bzw. nur unzureichend von einem Chatbot imitierbar.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die hohen Standards der Gesundheitskommunikation in puncto Integrität und Transparenz von der KI noch nicht vollständig erfüllt werden. Um diese zu wahren, sind ein umfassender Ethikkodex und konkrete gesetzliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von Chatbots und anderen KI-gesteuerten Lösungen unabdingbar.

Mein Fazit: ChatGPT kann unter den genannten Voraussetzungen durchaus ein wichtiges Werkzeug des Healthcare-Marketings werden, den Menschen ersetzen kann es jedoch nicht.

 

Die KI ist nicht nur unser Verbündeter, sondern unser Mitspieler und Spielfeld für Mut und Innovation.

Mario Michael Schmidt, CEO SLYHEALTH

ChatGPT und Elicit.org sind unsere digitalen Sherpas für Literaturrecherche, Zielgruppenanalyse und Wettbewerbsbeobachtung. Midjourney, Adobe Firefly, Miro AI, Neuroflash, Deepl Write und Copy.ai unterstützen kreativ. Synthesia.io, Rephrase.ai, Runway und PlayHT verwandeln Texte in visuelle und akustische Kunstwerke. Diese KI-Armada begleitet uns, und wir lernen ständig dazu.

KI unterstützt Konzeptentwicklung, Design, Content-Erstellung, Videos, Präsentationen und Dokumentationen. ChatGPT, Midjourney, Deepl Write und weitere sind unsere kreativen Partner. Die Grenzen zwischen Mensch und Maschine verschwimmen, und wir nehmen die KI-Welle mit.

Die KI bietet effiziente Recherche, schnelle Konzeptentwicklung, ansprechendes Design, kreative Texte, emotionale Videos, überzeugende Präsentationen und automatisiertes Marketing. Die KI ist nicht nur unser Verbündeter, sondern unser Mitspieler und Spielfeld für Mut und Innovation.

Rechtliche Rahmenbedingungen: Der Drahtseilakt mit der KI

Vor dem Eintauchen in die Möglichkeiten werfen wir einen Blick auf rechtliche Rahmenbedingungen. Die Europäische Kommission arbeitet am AI-Act, aber Vorsicht ist geboten. Datenschutz, Copyright und Nutzungsrechte sind große Herausforderungen. Die rechtliche Grauzone ist groß.

Für den Extra-Kick: Dokumentierte Use Cases und Prozesse

Für fortgeschrittene KI-Anwendungen sind dokumentierte Use Cases und Prozesse entscheidend. Die KI-Fahrt erfordert klare Linien, auch in der Dokumentation. In einer Welt voller Möglichkeiten setzen wir auf KI als kreativen Co-Piloten.

 

Bei medizinischen Inhalten: Weiterhin menschliches Know-how gefragt

Michael Vorbrink, Chief Branding Officer, Christiane Schrix, Chief Digital Officer, und Burghard Drews, Executive Creative Director, alle antwerpes ag.

Vorbrink: Seit mehr als einem Jahr integrieren wir ChatGPT in verschiedenste Agenturbereiche, von Strategie und Kreation bis hin zu Digital und Media. Wir erkennen enormes Potential in der KI-Technologie, das sich durch neue Tools und Möglichkeiten fast wöchentlich erweitert. Seit Januar experimentieren wir etwa mit den Customize-Möglichkeiten von ChatGPT und der Erstellung eigener GPTs.

Schrix: Künstliche Intelligenz setzen wir auch im Contentbereich ein: So haben wir den Inhalt einer bestehenden Website zum Thema Wechseljahre mithilfe von ChatGPT überarbeitet. Der Grund war recht simpel: Mit Unterstützung der KI lassen sich bestimmte Aufgaben schneller und effizienter umsetzen als rein durch händische Arbeit.

Drews: Diese Erfahrung konnten wir auch im KI-Design machen: Bildgebende Tools wie Midjourney helfen uns, schneller eine Auswahl verschiedener Motivideen zu generieren und die Kampagnengestaltung zu optimieren. Zuletzt haben wir eine Out-of-Home- & Social-Media-Kampagne umgesetzt, bei der das Motiv zu 70 Prozent in Midjourney generiert wurde – nur Postproduktion und Text bedurften danach noch menschlicher Unterstützung.

Vorbrink: KI-Kompetenz ist ein laufender Prozess: Was gestern unmöglich schien, kann heute innovativ aber morgen bereits veraltet sein.

Schrix: In der Texterstellung ist ChatGPT super bei trivialeren Inhalten, wie Tipps & Tricks, FAQs oder Kurzbeschreibungen – genauso bei SEO-relevanten Textbausteinen und Meta-Descriptions. Das klappt wunderbar. Diese Beispiele zeigen allerdings auch, dass ChatGPT in erster Linie nicht als Ersatz, sondern Assistenz zu verstehen ist.

Drews: Wir sehen die KI im Design als effizienten Sparringspartner, den wir in unsere tägliche Arbeit einbinden. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass KI für uns eine sinnvolle Ergänzung in unserem Kreativprozess und in der Kampagnengestaltung darstellt.

Schrix: Für die Healthcare-Branche kann man zusammenfassen, dass stark fachgetriebener Inhalt – noch und weiterhin – viel menschlichen Input benötigt. Fachkreisinhalte würden wir aktuell von einem unserer Medicals erstellen lassen. Geht es aber um patientenorientierte, laienverständliche oder technische Inhalte ist eine KI-Unterstützung absolut sinnvoll. Die Betonung liegt hier auf Unterstützung und Ergänzung – denn ohne den Mensch geht´s (zum Glück) nicht.

Vorbrink: Wir glauben, dass auch Pharma verstärkt auf KI setzen wird, da sie auf großen Datenmengen sitzt und viele Daten verarbeiten muss – der Bereich des Wissenscrawlings und der Wissensaggregation scheint hier besonders vielversprechend. Im Pharmamarketing sehen wir bisher einen zurückhaltenden Einsatz von KI – da wir aber zunehmend auf informierte Kunden treffen, werden wir auch hier alle sinnvollen Möglichkeiten der KI-Nutzung testen und erweitern.

 

Die KI-Revolution in der Healthcare-Kommunikation  


Dolf Schäffel, Managing Director Digitas Pixelpark


Unsere Reise in die Welt der Künstlichen Intelligenz begann vor sechs Jahren mit der Einführung von Marcel, benannt nach Marcel Bleustein-Blanchet, dem Gründer von Publicis. Die Initiative startete mit dem Ziel, 80.000 Mitarbeitende weltweit intelligent zu vernetzen und hat den Zugriff auf Informationen und Kompetenzen erheblich vereinfacht. Ein zentrales Element ist unsere gekapselte Sandbox, die die Vertraulichkeit geteilter Informationen gewährleistet. KI wird so zum Sparringspartner: Das Einarbeiten in neue Themen transformiert sich in ein dynamisches Eindiskutieren. Inhalte erlangen rascher ein qualitativ hohes Niveau und Moodboards, angereichert mit KI-generierten Bildern, reflektieren präziser die ursprüngliche kreative Vision. Insbesondere bei der Ausspielung von Inhalten und der Lokalisierung von Kampagnen zeigen sich Effizienzsteigerungen. Gute Ergebnisse brauchen dennoch Twist- und Tweak-Prozesse – und unerlässlich bleibt eine akribische Qualitätskontrolle.  

Die Integration von KI in der Healthcare-Kommunikation eröffnet enorme Möglichkeiten, sieht sich aber auch mit Herausforderungen konfrontiert. Dabei stehen Datenschutz und die Bekämpfung von Voreingenommenheit in KI-Algorithmen im Vordergrund. Schulungen und ethische Richtlinien sind dabei essenziell. Die wahre Revolution liegt nicht allein in der Technologie, sondern in der Art und Weise, wie sie es uns ermöglicht, die Wirksamkeit und Effizienz unserer Arbeit zu steigern. 

Darin steckt die Chance, Customer Experiences kontinuierlich zu verbessern und letztendlich bessere Antworten zu geben, die Menschen – sowohl HCPs als auch Patientinnen und Patienten – weiterbringen. Auch aus der internen Agenturperspektive stehen spannende Zeiten an: es entstehen neue Berufsfelder wie das Prompt Engineering, wir alle werden Routineaufgaben automatisieren und uns auf komplexere und kreativere Aufgaben konzentrieren.  


Pharma wird absolut auf KI setzen. Die digitale Transformation im Gesundheitswesen ist noch lange nicht abgeschlossen. Die Synergie zwischen menschlicher Kreativität und maschineller Effizienz wird zu neuen Lösungen und Produkten führen. Doch diese Entwicklung verlangt von uns allen eine offene Haltung gegenüber Neuem und die Bereitschaft, kontinuierlich zu lernen und uns anzupassen. Sie eröffnet uns aber auch die Chance, eine aktive Rolle einzunehmen und den Gesundheitssektor empathischer, effizienter und inklusiver zu gestalten.  


 

 

 

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