Erwartungsmanagement: Klarheit über Ziele und Wünsche


Beim Zusammenkommen in ein neues Arbeitsverhältnis sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer sehr klar über ihre Aussagen sein. Diese gilt es im Laufe der Zeit immer wieder für sich zu überprüfen – und zwar von beiden Seiten. 

Patrick Haberland kennt sich aus in der Life Science-Branche und wie Unternehmen geeignete Mitarbeiter:innen für sich gewinnen können. (Foto von Brendan Church auf Unsplash)

Haberlands Impulse – Karriere, Recruiting und Retention 

Nur wenn ich weiß, wer ich bin, kann ich gewinnen, wen ich brauche

Und keiner weiß das besser als Patrick Haberland, der seit über 20 Jahren im Personal Recruiting in der Life Science-Branche unterwegs ist. Alle paar Wochen wird er seine Expertise mit uns teilen.

Klarheit über Ziele und Wünsche hilft Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Anfang der 2000er Jahre galt im HR-Business die Regel, dass man bei einem Arbeitnehmer darauf achten sollte, wie groß die Unterschiede seiner Aussagen, Versprechungen und Ideen beim Antritt einer Position, im Verhältnis zu den Verhaltensweisen und Handlungen beim Austritt sind. Damals war das Arbeitsmarktumfeld stark arbeitgebergeprägt. Heute, 20 Jahre später, hat sich einiges geändert. Wobei, obwohl diese Regel noch immer gilt – allerdings nicht mehr nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Arbeitgeber.

Erwartungen schriftlich festhalten

Beim Zusammenkommen in ein neues Arbeitsverhältnis sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer sehr klar über ihre Aussagen sein. Diese gilt es im Laufe der Zeit immer wieder für sich zu überprüfen – und zwar von beiden Seiten: Sind die „Versprechen des Anfangs“ noch zu halten? Obwohl dieses Vorgehen ratsam ist, machen sich beide Seiten kaum die Mühe eines sogenannten Erwartungsmanagements, in dem die wechselseitigen Erwartungen schriftlich festgehalten werden.

Im besten Fall, aber auch das häufig ungenügend, bekommt die Arbeitnehmerseite zum Start eines Arbeitsverhältnisses eine klare Aufgabenbeschreibung mit Berichtswegen, Verantwortlichkeiten etc. Eine solche Aufgabenbeschreibung berücksichtigt aber nie die Arbeitnehmerperspektive und auch nicht die weicheren Faktoren wie Arbeitsatmosphäre, Unternehmensphilosophie und Ähnliches, was sich im Laufe der Zeit durchaus für beide Seiten verändern kann. Wie wichtig all dies ist, zeigt sich spätestens, wenn das Arbeitsverhältnis vonseiten der Führungskraft oder des Mitarbeiters beendet wird.

Bei DHR Global werden nahezu genauso viele Kandidaten bei deren Trennung von ihrem aktuellen Arbeitsverhältnis, wie Kandidaten beim Eintritt in ein neues Arbeitsverhältnis betreut. Dies ist nur logisch, da die Personen, die bei Klienten in neue Verantwortungen gebracht werden, zum allergrößten Teil aus einem intakten beziehungsweise bestehenden Arbeitsverhältnis kommen.

Einige Vorgehensweisen bei der Trennung einer Führungskraft vom aktuellen Arbeitgeber haben sich in der Beratungspraxis als die erfolgreichsten erwiesen.

Es gilt zwei Gruppen zu unterscheiden: 

  • Führungskräfte beziehungsweise Arbeitnehmer, die über eine Beratung in die nächstgrößere Verantwortung aktiv akquiriert werden und 
  • Personen, die sich selbst ein neues Arbeitsumfeld aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus suchen.

 

Bei dieser zuletzt genannten Gruppe ist es überaus wichtig, dass sie sich vor der Kündigung noch einmal vergegenwärtigt, was die eigenen Ziele und Vorstellungen beim Antritt der Tätigkeit waren und was nun die Gründe für die Suche nach einer neuen Aufgabe sind. Je präziser diese persönliche Antwort ist und je genauer sie dargelegt werden kann, desto sinnhafter ist es, den aktiven Dialog mit dem derzeitigen Arbeitgeber zu suchen, um gegebenenfalls Veränderungen und damit auch wieder Arbeitszufriedenheit oder Sinnhaftigkeit im aktuellen Job zu etablieren. Immerhin birgt ein Arbeitgeberwechsel immer gewisse Risiken oder Unbekannte, die im schlimmsten Fall zur weiteren Stagnation in der Karriere – dann eben nur bei einem neuen Arbeitgeber – führen.

Wichtig: Konkrete Ziele und Vorstellungen bei Jobwechsel

Je ausführlicher, präziser und klarer man hier für sich selbst ist, desto mehr hilft es einem selbst dann, wenn man das aktuelle Arbeitsverhältnis verlässt. Denn das ermöglicht vor Eintritt in ein neues Arbeitsverhältnis sehr klar die eigenen Erwartungen und Ziele zu formulieren und damit sicherzustellen, dass der Jobwechsel auch wirklich eine Verbesserung darstellt und keine Reise vom Regen in die Traufe.

Gerade die jüngere Generation und die stark gesuchten Talente können sich im aktuellen Arbeitnehmermarkt von Arbeitgeber zu Arbeitgeber "hangeln", einfach weil es der Arbeitsmarkt hergibt. Ob dadurch aber auch eine größere Arbeitszufriedenheit eintritt, ist sehr fraglich.

Aber auch die Gruppe der Personen, die aktiv von außen in einen neuen Job akquiriert wird, sollte sich darüber im Klaren sein, welche konkreten Ziele sie selbst mit einem Jobwechsel verbindet beziehungsweise, wo sie eine Verbesserung oder eine Weiterentwicklung für sich bei einem solchen Wechsel erkennt.

Der wichtige Punkt der richtigen Kündigung

Steht dann der Entschluss zum Wechsel fest – und dies gilt für beide Gruppen – ist es wichtig, zwei Dinge klar voneinander zu trennen: Zum einen die rein formaljuristischen Aspekte in Bezug auf Wettbewerbsverbote, festgelegte Zeiträume für Boni-Ausschüttungen und die rein formale Kündigungsfrist. Zum anderen die Art und Weise, wie man dann tatsächlich kündigt.

Den ersten Bereich kann jeder leicht für sich selbst durch einen Blick in den Arbeitsvertrag und gegebenenfalls die Nebenabreden klären. Zudem sollte der neue Arbeitsvertrag vollständig ausgehandelt und unterschriftsreif vorliegen. Bevor man nun sein aktuelles Arbeitsverhältnis kündigt, empfiehlt es sich den neuen Arbeitsvertrag unterschrieben beim neuen Arbeitgeber abgegeben zu haben. Die Kündigung im aktuellen Arbeitsverhältnis muss schriftlich erfolgen. Dabei ist anzuraten, erst die schriftliche Kündigung einzureichen und dann erst um ein Gespräch zu bitten.

Das klärende Gespräch

In dem Gespräch ist es wiederum wichtig, dass man darlegen kann, warum das neue Arbeitsverhältnis für einen persönlich das bessere ist und, warum es die Chance zur persönlichen Weiterentwicklung ist, bereithält. Es bringt nichts darüber zu sprechen, was in der Vergangenheit alles schieflief oder warum der Arbeitgeber ein "schlechter" war.

Führt man diesen Dialog mit sich selbst schon einmal vorab, kann man auch klar für sich erkennen, ob der neue Job, die neue Führungsaufgabe wirklich das ist, wovon man sich eine persönliche Weiterentwicklung verspricht. Und im besten Fall handelt es sich hier auch um Tatsachen oder Dinge, die der alte Arbeitgeber schlicht nicht erfüllen kann. 

Dies beginnt bei einer deutlichen Gehaltssteigerung, setzt sich über größere Verantwortung, mehr Internationalität, mehr Führungsverantwortung für ein größeres Team, die Verantwortung für ein neues Produkt oder neue Märkte fort, bis zum Aufstieg in der Hierarchie. Wenn vieles davon gegeben ist, wird es dem Arbeitgeber auch nicht möglich sein, die Führungskraft oder den Mitarbeiter zurückzugewinnen.

Gutes Zuhören von Arbeitgeberseite

Diese Gespräche sind auch für Arbeitgeber nützlich. Deshalb sollten sie gut zuhören, um Wechselmotivationen über die Gesamtheit der Austritte zu verstehen. Denn damit lässt sich reflektieren, ob das Unternehmen zukünftig etwas ändern kann, um solche zu ungewollten Abgänge zu verhindern oder sie wenigstens frühzeitig zu erkennen. Dies ermöglicht dem Unternehmen, sich auf einen Wechsel vorzubereiten und eine zweite und dritte Linie unterhalb des Stelleninhabers aufzubauen.

Ist das Unternehmen vorbereitet, fällt es leichter, die ausscheidende Führungskraft oder den Mitarbeiter nicht unbedingt an die vertragliche Kündigungsfrist zu binden. Und falls diese Person aufgrund von sensiblen Geschäftsinformationen ohnehin freigestellt würde, lassen sich dann größere Verzögerungen bei der Nachbesetzung der Position und Aufgabe vermeiden.

Auch die Arbeitgeberseite sollte sich darüber im Klaren sein, dass Führungskräfte oder Arbeitnehmer wahrnehmen, wie mit der Trennung umgegangen wurde. Denn schließlich gilt für beide Seiten die Binsenweisheit: Man trifft sich immer mindestens zweimal im Leben! Und da sich Menschen und Unternehmen weiterentwickeln, muss dies ja nicht wie eine Drohung klingen, sondern kann durchaus eine gute Chance für die Zukunft sein.

 

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Patrick Haberland

Managing Partner, European Life Sciences Practice DHR Global

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